Immobilienmarkt spürt Pandemieeffekte

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Der Immobilienboom ist ungebrochen: Schon vor der Pandemie waren die Immobilienpreise rasch und stark angestiegen, insbesondere in den Großstädten und Metropolregionen übersteigt seit langem die Nachfrage das Angebot.

An dieser Gemengelage hat sich auch durch die Pandemie nichts geändert. Nach einer Auswertung des Online-Immobilienportals ImmoScout24 ist die Nachfrage nach Eigentumswohnungen und Einfamilienhäusern seit Februar 2020 sogar noch um rund ein Drittel gestiegen.

Run auf Metropolregionen ungebrochen

Besonders beliebt sind weiterhin die Metropolen, einen noch stärkeren Zuwachs verzeichnet allerdings das Umland. Im sogenannten „Speckgürtel“ rund um Städte wie Hamburg, Berlin, München oder Frankfurt wird das Eigenheim immer beliebter – und immer knapper. Denn während die Nachfrage stetig steigt, bleibt die Angebotsseite relativ stabil.

Der Sog der Großstädte ist nicht zuletzt durch deren Wirtschaftskraft ungebrochen: Wo viele Unternehmen ansässig sind, gibt es auch genug Arbeitsplätze. Dass sich die umliegenden Regionen wachsender Beliebtheit erfreuen, wurde vor Ausbruch der Pandemie vor allem mit den immensen Preisen in den Innenstädten begründet. Doch mit zunehmenden Möglichkeiten des Home Office kommt der entfallende Arbeitsweg als weiteres Argument hinzu.

Home Office verändert Wohnbedürfnisse

Viele Arbeitnehmer planen Umfragen zufolge, auch über die pandemiebedingten Beschränkungen hinaus häufiger von zuhause aus zu arbeiten als zuvor. Auch zahlreiche Arbeitgeber können sich dank der nun etablierten Strukturen der Fernarbeit damit offenbar anfreunden. Schließlich können sie bares Geld sparen, wenn sie ihre Beschäftigten zwar mit Laptop und Headset ausstatten, aber nicht mehr für jeden einen ganzwöchigen eigenen Büroplatz bereitstellen müssen.

Diesen Platz muss man nun stattdessen zuhause schaffen: Wo Eltern der Telearbeit nachgehen und Kinder im Homeschooling unterrichtet werden, brauchen alle Beteiligten hinreichend viel Platz. Dementsprechend stark gefragt waren zuletzt vor allem große Wohnungen mit 150 Quadratmetern Wohnfläche.

Balkonien gewinnt an Bedeutung

Größeren Wert legen die Eigenheiminteressenten seit der Pandemie auch auf einen eigenen Balkon oder Garten, den sie zur individuellen Wohlfühloase gestalten können, in der es sich gut aushalten lässt, wenn wegen Reisewarnungen der Sommerurlaub ausfällt. Hier lag der Anstieg der Nachfrage bei mehr als 30 Prozent. Gerade Häuser mit Garten sind zudem eher am Stadtrand oder im Umland als zentral innerhalb von Großstädten zu finden, was den räumlichen Trend noch einmal verstärkt haben dürfte.

Dass die Nachfrage nach dem Eigenheim trotz – oder gerade wegen – der Pandemie ungebrochen ist, begründen Experten nicht zuletzt mit der angenommenen Wertstabilität einer solchen Kapitalanlage, dem Wunsch nach einem gemütlichen Zuhause und den anhaltend niedrigen Zinsen. Diese könnten zwar perspektivisch wieder steigen, dies würde aber wohl in behutsamen Schritten geschehen und ist bislang nicht absehbar. Ganz im Gegenteil, aktuell besteht das Interesse der Regierungen und Zentralbanken darin, das Zinsniveau auch weiterhin niedrig zu halten, um die Wirtschaft zu stützen und den privaten Konsum anzukurbeln.

Pandemiespuren am Immobilienmarkt: Mieter und Gewerbetreibende zurückhaltend

Allerdings hinterlässt die Pandemie durchaus auch am Immobilienmarkt ihre Spuren: Zwar sind Eigenheime beliebt wie eh und je – die Preissteigerung lag allein im vergangenen Jahr bei rund 10 Prozent –, doch der Bedarf nach Laden- und Gewerbeflächen ist deutlich zurückgegangen. Diese Tendenz könnte sich noch verschärfen, wenn in diesem und möglicherweise auch noch im folgenden Jahr immer mehr kleinere Betriebe Insolvenz anmelden müssen – eine Entwicklung, vor der Branchenverbände seit Monaten warnen. Es droht gerade bei den Ladenlokalen ein Leerstand ungeahnten Ausmaßes.

Auch am Mietmarkt herrscht seit Pandemiebeginn eher Zurückhaltung. Viele scheuen einen Umzug, der oftmals mit hohen Einmalkosten sowie auch tendenziell steigenden Mietkosten einhergehen würde. Die Diskussion um sozialen Wohnungsbau, Mietendeckel und Mietpreisbremse ist nicht umsonst 2020 neu aufgeflammt und dürfte auch im Bundestagswahlkampf wieder stärker auf die Agenda rücken.