Eigenheim bleibt für viele unbezahlbarer Traum

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Schaffe, schaffe, Häusle baue – ganz so einfach ist es im Jahr 2022 leider nicht mehr, in Deutschland ein Eigenheim zu erwerben. Gleich mehrere, für Kaufinteressenten ungünstige Faktoren kommen derzeit zusammen.

Immobilienpreise steigen 2021 zweistellig

Da sind zum einen die Immobilienpreise an sich. Diese kennen schon seit Jahren nur noch eine Richtung: steil aufwärts. Von Jahr zu Jahr müssen Käufer tiefer in die Tasche greifen, um sich den Traum von den eigenen vier Wänden zu finanzieren. Die Entwicklung, die früher vor allem Metropolregionen betraf, greift längst auch in den Vororten und selbst im ländlichen Raum zunehmend um sich.

Im Schlussquartal 2021 verzeichnete das Statistische Bundesamt die höchste Preissteigerung für Wohnimmobilien seit Beginn der Statistik im Jahr 2000. Um durchschnittlich 12,2 Prozent legten die Kaufpreise im Zeitraum von Oktober bis Ende Dezember zu, verglichen mit dem Vorjahresquartal. Im Gesamtjahr sah es kaum besser aus: Hatten sich die Kaufpreise für Wohnhäuser und Eigentumswohnungen im Jahr 2020 noch um 7,8 Prozent erhöht, fiel die Preissteigerung im vergangenen Jahr mit 11,0 Prozent deutlich höher aus.

Ländlicher Raum ähnlich begehrt wie Metropolregionen

Ein- und Zweifamilienhäuser im gering besiedelten ländlichen Raum stiegen im vierten Quartal 2021 im Schnitt um 15,9 Prozent im Preis, Eigentumswohnungen wurden 13,2 Prozent teurer als im Vorjahreszeitraum. Nur geringfügig dahinter landeten die Preissteigerungen in dichter besiedelten ländlichen Gebieten: Hier verteuerten sich Ein- und Zweifamilienhäuser im Schnitt um 14,5 Prozent, für Eigentumswohnungen wurden 11,2 Prozent mehr fällig als im Schlussquartal 2020. Doch auch in die Metropolen zieht es die Menschen weiterhin: In den größten deutschen Städten zogen die Preise im Schnitt um fast 13 Prozent an.

Die Kaufpreisexplosion geht auf verschiedene Faktoren zurück. Der Boom am Immobilienmarkt lässt die Preise schon seit Jahren kräftig ansteigen, hohe Nachfrage bei zu geringem Angebot ist dabei ein großes Problem. Staat und Kommunen sind im Bereich sozialer Wohnungsbau dem Bedarf nicht hinterhergekommen, privatisierte Wohnungen werden von den institutionellen Eigentümern oftmals kostspielig saniert, wodurch ihr Wert steigt und auch Mieter stärker zur Kasse gebeten werden.

Inflation trifft Baubranche – Kreditzinsen übersteigen 2-Prozent-Marke

Hinzu kommt die Inflationsdynamik: Seit Monaten liegt die Teuerungsrate in Deutschland bei rund 5 Prozent und damit deutlich höher als gewollt. Die Preissteigerungen wirken sich auch auf die Baubranche aus: Handwerker und Dienstleistungen werden teurer, Rohstoffe sowieso. Unterbrochene Lieferketten – etwa durch die Pandemie oder den Krieg in der Ukraine – sorgen zusätzlich für Engpässe und weitere Preisanstiege.

Für potenzielle Häuslebauer kommt nun aber noch ein weiteres Finanzierungsproblem hinzu: steigende Zinsen. Baufinanzierungen mit zehnjähriger Laufzeit übersteigen seit Anfang April erstmals seit Jahren wieder die Marke von 2 Prozent. Mit einem Anstieg hatte die Branche gerechnet, er kam nun aber weitaus schneller als gedacht. Seit Jahresbeginn hat sich der Zins für Kredite zur Eigenheimfinanzierung damit verdoppelt – Tendenz: weiter steigend. Im weiteren Jahresverlauf rechnen Experten mit einem weiteren Anstieg auf 2,5 bis 3,0 Prozent für Darlehen mit zehnjähriger Laufzeit.

Zinssteigerungen auch für Anschlussfinanzierungen relevant

Das ist wiederum auch relevant für alle, die bereits eine Immobilie besitzen, aber noch abbezahlen: Wer eine Anschlussfinanzierung benötigt, sollte genau nachrechnen, ob sich eine Umschuldung oder ein sogenanntes Forward-Darlehen, das im Anschluss an den bisherigen Kredit finanziert wird, möglicherweise jetzt schon lohnt, ehe die Zinsen noch weiter steigen. Zwar verlangen Kreditinstitute hierfür in der Regel Aufschlagszahlungen, je nach Höhe der verbleibenden Kreditsumme kann es sich dennoch lohnen, hier aktiv zu werden, bevor noch höhere Zinsen fällig werden.

Denn dazu wird es absehbar kommen – allein schon, weil längst auch die Europäische Zentralbank in Richtung Zinswende umschwenkt. Der Leitzins in der Währungsunion könnte bereits im laufenden Jahr einmal, möglicherweise sogar zweimal, angehoben werden – und spätestens dann werden auch die Kreditinstitute nachziehen.

Einer aktuellen Umfrage zufolge hält rund die Hälfte aller Kaufinteressenten den Erwerb einer eigenen Immobilie derzeit für unerschwinglich. Dieser Befund verwundert kaum, angesichts der Preisentwicklung bei Immobilien, Rohstoffen, Dienstleistungen und Kreditzinsen.