Mega-Fusion: Kommt die europäische Super-Börse?
Was ist nur los auf dem Börsenparkett? So gut gelaunt haben wir Dow, DAX und Co. schon lang nicht mehr erlebt.
Der DAX sprang heute bis Mittag fast schon übermütig auf den Stand von 9.563 Zählern.
Die Gründe: Zum einen sorgten steigende Ölpreise an der Wall Street am Vortag für eine spürbare Erholung. Der Dow Jones schloss bei knapp unter 16.700 Punkten auf dem höchsten Schlussstand seit Anfang Januar.
Zum anderen liefen am Morgen diesseits des Atlantiks weitere Details zum geplanten Milliarden-Deal in der europäischen Finanzbranche über die News-Ticker.
Am Dienstag hatten die Deutsche Börse und die London Stock Exchange (LSE) ihre Fusionsabsicht bekannt gegeben. Als mit Abstand größter Börsenbetreiber Europas könnten sie nach der „Eheschließung“ den Wettbewerbern aus den USA und Asien deutlich besser Paroli bieten.
Mega-Fusion von Deutsche Börse und LSE
Die geplante europäische Super-Börse von Frankfurt und London soll ihren rechtlichen Sitz in der britischen Hauptstadt haben. Nach einer Fusion solle die aus der Deutschen Börse und der LSE gebildete Gruppe als Gesellschaft nach britischem Recht geführt werden, teilte die Deutsche Börse am Morgen mit.
Allerdings werde der gemeinsame Konzern zwei Hauptsitze in London und Frankfurt haben und auch in beiden Städten gelistet sein. Zudem einigten sich beide Seiten bereits auf wichtige Personalien. So soll Deutsche Börse-Chef Carsten Kengeter den gemeinsamen Konzern führen.
Chairman soll Donald Brydon werden, der diese Funktion aktuell schon bei der LSE ausübt. LSE-Chef Xavier Rolet will zurücktreten, sobald der Zusammenschluss über die Bühne gegangen ist. Nach der Mega-Fusion wären beide Unternehmen rund 25 Mrd. Euro wert.
Schon einmal versuchte man, Frankfurt und London zu verschmelzen. Der Versuch scheiterte 2005 jedoch am Widerstand des Hedgefonds TCI, der zum damaligen Zeitpunkt maßgeblich an der Deutschen Börse beteiligt war.
Auch für den nun geplanten Zusammenschluss müssen die Kartellbehörden noch ihr Okay geben. Bis spätestens 22. März muss entweder ein bindendes Angebot gemacht oder der Deal vorerst abgeblasen werden.
Neben Kostensynergien für den Konzern durch etwa den Wegfall von Dopplungen im Bereich von Technologien und Betriebsabläufen sollen auch die Kunden profitieren:
„Die Verbindung der Londoner und Frankfurter Börsen würde eine Liquiditätsbrücke schaffen, die das Angebot an Wertpapieren verbreitern und somit in dem sich abzeichnenden regulatorischen Umfeld Nutzen für alle Marktteilnehmer schaffen würde“, sagte Donald Brydon.
Nach bisherigem Erkenntnisstand sollen die Aktionäre der Deutschen Börse an dem Gemeinschaftsunternehmen mit 54,4% eine knappe Mehrheit halten.
Es bleibt ein Ritt auf der Rasierklinge
Die seit Mitte Februar laufende Erholung an den internationalen Aktienmärkten hat viele Analysten wieder etwas optimistischer werden lassen.
Urplötzlich sind Aktien auch in Aussagen von Kritikern wieder „alternativlos“ – was allerdings weniger mit besseren Konjunkturaussichten zu tun haben dürfte als mit fehlenden Ausweichmöglichkeiten.
Denn die Haupttriebfeder für perspektivisch steigende Aktienmärkte bleibt die immense Liquidität, die nach Anlagen sucht und immer weniger Alternativen vorfindet. Und man darf davon ausgehen, dass die wichtigsten Notenbanken die Geldschleusen auch weiterhin nach Bedarf weit öffnen, um Schlimmeres zu verhindern.
Es ist und bleibt ein Ritt auf der Rasierklinge, der aber noch nicht ausgereizt ist. Die Notenbanken könnten durchaus noch weitere „Schippen“ draufpacken, ob das nun gesund ist oder nicht.