Zwischen Kursrally und Zollroulette
Nach dem jüngsten Dämpfer scheint der DAX am Freitag erstmal eine Verschnaufpause einzulegen. Und das aus gutem Grund: Er liegt im bisherigen Jahr schon satte 20 % im Plus, da darf es nach so einem Lauf auch mal ein Durchatmen geben.
Am Donnerstag fehlte trotz Nvidia-Euphorie und einem juristischen Dämpfer für Trumps Zölle die Kraft, das Rekordhoch von Mittwoch bei fast 24.326 Punkten zu knacken. Nach freundlichem Start setzten Gewinnmitnahmen ein – verständlich nach der Rally der letzten Wochen.
Der MDAX konnte im Wochenverlauf aufholen und liegt mit einem Plus von 2,7 % nun auf dem höchsten Stand seit drei Jahren. Er schließt damit auf Jahressicht zum DAX auf – ein kleines Comeback der Midcaps.
Unternehmensnachrichten & Einzelaktien
Nvidia bleibt der Star der Stunde. Der Chipgigant lieferte erneut starke Quartalszahlen und überzeugte mit seinem Ausblick. Zwar warf das Unternehmen Schatten in Form möglicher Folgen neuer US-Exporthürden auf – doch unterm Strich überwiegt die Zuversicht: +3 % für die Aktie.
Boeing hebt ab – und zwar nicht nur mit Flugzeugen: Die Aktie sprang nach Ankündigung einer Produktionssteigerung der 737 Max zeitweise um über 5 % in die Höhe. Analysten und Investoren hatten nicht mit diesem Tempo gerechnet. Der Kurs landete letztlich mit einem Plus von 2,3 % in der Spitzengruppe des Dow.
Salesforce dagegen landete im Keller: Trotz eines freundlichen Ausblicks verlor die Aktie 3,3 %. Analysten störten sich am fehlenden Schwung im Cloudgeschäft – und dass das Umsatzplus vor allem dem Währungskurs zu verdanken ist.
Best Buy enttäuschte mit einem schwachen Margenausblick – das brachte der Aktie ein Minus von über 7 % ein. Noch düsterer lief es für HP Inc., die nach einer Gewinnwarnung und Zollsorgen gleich 8,3 % einbüßten.
Aus dem deutschen Markt gibt es auch Neuigkeiten zur Indexfamilie: Laut JPMorgan dürfte Ionos in den MDAX aufsteigen und dafür Jenoptik verdrängen. Im DAX und TecDAX bleibt voraussichtlich alles beim Alten – offiziell wird das am 4. Juni nach US-Börsenschluss verkündet.
Politischer Einfluss: Trump-Zölle Reloaded
Der Handelskrieg ist zurück – oder zumindest seine juristische Neuauflage. Ein Berufungsgericht hat die Blockade von Trumps Zöllen vorerst wieder aufgehoben. Das juristische Tauziehen zwischen Trump, US-Gerichten und dem Handelsministerium sorgt für Unsicherheit – auch wenn der Markt bisher gelassen reagiert.
Für Asiens Börsen war das allerdings ein Stimmungskiller: In China fielen die Indizes um bis zu 1,5 %. Besonders belastend: Die Aussage von US-Finanzminister Scott Bessent, die Handelsgespräche mit Peking seien ins Stocken geraten. Die Hoffnung auf eine dauerhafte Deeskalation schwindet – neue Exportkontrollen und scharfe Töne aus Washington tun ihr Übriges.
Auch Japan bekam sein Fett weg – allerdings eher hausgemacht: Die Inflation in Tokio fiel höher aus als erwartet, was Spekulationen über eine baldige Zinserhöhung der Notenbank nährt. Nikkei und TOPIX verloren spürbar, auch wegen des erstarkten Yen.
Der Blick der Wall Street richtet sich heute auf den PCE-Preisindex – das Lieblingsinflationsbarometer der Fed. Sollte der Wert heißer ausfallen als gedacht, könnte das die Zinsfantasie neu entfachen – und damit die Börsen bremsen.
Fazit:
Zwischen Inflationsdaten, Zolldebatte und Tech-Fantasien bleibt es an den Märkten spannend. Der DAX konsolidiert auf hohem Niveau, Nvidia liefert ab, und Trump sorgt einmal mehr für geopolitisches Bauchgrummeln. Anleger brauchen derzeit starke Nerven – oder einfach ein langes Wochenende.