Zwischen Euphorie und Ernüchterung
Zum Ende einer insgesamt starken Woche zeigt sich der Dax heute Morgen zunächst erstaunlich unaufgeregt. Ein ruhiger Start bahnt sich an – fast so, als würde der Markt erst mal den Kaffee austrinken, bevor er entscheidet, ob er gut oder schlecht gelaunt sein will.
Dabei hatte der Dax zuletzt ordentlich Fahrt aufgenommen: Bis zu 3,7 % ging es in der Spitze nach oben, angefeuert durch die Hoffnung auf das nun besiegelte Ende des längsten US-Teilshutdowns der Geschichte. Die kurze Euphorie wurde allerdings durch eine schärfere Korrektur am Donnerstag wieder eingebremst – und ausgerechnet die Wall Street war der Spielverderber.
Dort rutschten die großen US-Indizes teils kräftig ab:
- Dow Jones: –1,65 %
- S&P 500: –1,66 %
- Nasdaq 100: –2,05 %
Der Technologie-Sektor blieb damit der Stimmungsbremsklotz Nummer eins. Und die Asien-Börsen gossen heute Morgen noch einmal zusätzlich Wasser in den Wein: KOSPI –2,5 %, Nikkei –1,6 %, Hang Seng –0,7 %. Besonders KI-nahe Titel standen deutlich unter Druck – einmal mehr ein Zeichen dafür, dass die Sorge vor einer überhitzten KI-Blase hartnäckig bleibt.
Hinzu kommt: Der Markt beginnt zunehmend daran zu zweifeln, dass die Fed im Dezember wirklich die Zinsen senken könnte. Die Wahrscheinlichkeit liegt laut CME FedWatch inzwischen nur noch bei rund 46 %. Das sorgt global für Nervosität – und dämpft den Schwung zum Wochenausklang.
Unternehmensnachrichten & Einzelaktien – Siemens Energy strahlt, Disney taumelt
Während die Berichtssaison allmählich Richtung Ziellinie trabt, sorgt Siemens Energy heute für die dickste Schlagzeile:
Der Konzern hob seine mittelfristigen Ziele für 2027/28 deutlich an – ein Schritt, der Analysten prompt zu Superlativen verleitete. Nachbörslich schoss die Aktie fast 8 % nach oben und näherte sich der Marke von 109 Euro. Die Erwartungshaltung für den Handelstag? Entsprechend hoch.
In den USA sah das Bild weniger rosig aus:
- Tesla –6,6 %, belastet von Zweifeln an der KI-Fantasie.
- Nvidia –3,6 % und Alphabet –fast 3 % im Sog der Tech-Schwäche – bei Google zusätzlich befeuert durch ein neues EU-Verfahren.
- Apple leicht im Minus, Meta rettet sich knapp ins Plus.
Dafür zeigte Cisco im Dow eine starke Vorstellung: +4,6 %, gestützt durch überzeugende Quartalszahlen und einen optimistischen Ausblick.
Die rote Laterne im Leitindex hielt dagegen Disney: –8 %. Schwache Umsätze und teure Filmproduktionen belasten die Stimmung – und offenbar auch die Magie des Mickey-Mouse-Imperiums.
Ebenfalls im Fokus:
- Nike (+2,9 %) nach Hochstufung auf „Overweight“.
- Biontech (–7 %) aufgrund von Berichten, wonach Pfizer seine verbliebenen Anteile verkaufen will.
- Ardent Health: Ein regelrechter Absturz – die Aktie brach nach einer Gewinnwarnung um ein Drittel ein.
Politischer Einfluss – Shutdown vorbei, Unsicherheit bleibt
Das US-Staatsbudget ist vorerst gesichert: Präsident Trump hat den Übergangshaushalt unterschrieben, der den längsten Regierungsstillstand der Geschichte beendet. Die gute Nachricht: Die Behörden arbeiten wieder. Die schlechte: Jetzt kommen wieder echte Konjunkturdaten – und die könnten, so fürchten viele Anleger, eher unangenehm ausfallen.
Da während des Shutdowns zahlreiche Berichte ausgefallen sind – darunter die besonders relevanten Jobdaten – steht die Fed nun unter erschwerten Bedingungen. Es könnte also eine spannende (und möglicherweise unbequeme) Datenflut werden, die die Dezember-Sitzung beeinflusst.
Auch in Asien mischt Politik kräftig mit: Drohen bald weitere US-Handelszollausschlüsse? Erste Berichte darüber sorgten immerhin für etwas Unterstützung bei den Futures. Gleichzeitig belasten die schwachen chinesischen Wirtschaftsdaten erneut das Vertrauen in die Region.
Fazit für den heutigen Handelstag
Der Freitag startet mit einer Mischung aus verhaltener Zuversicht, technologischer Schwäche, politischer Unsicherheit und einigen spannenden Unternehmensstories.
Der Dax beginnt entspannt, aber die globalen Vorgaben sind eindeutig negativ. Siemens Energy könnte heute zum Lichtblick werden – während die internationalen Märkte weiter darum ringen, ob KI nun die Zukunft oder eine Blase ist.