Vorsicht ist die neue Mutwährung
Es könnte ein ungemütlicher Dienstag werden: Bereits vor Handelsstart deuten die frühen Indikationen darauf hin, dass der DAX unter Druck gerät. Rund 1,4 % tiefer bei 23.255 Punkten wird er erwartet – und damit droht im Chartbild etwas „Porzellanbruch“.
Denn unter die 200-Tage-Linie zu rutschen, passiert dem Leitindex nicht alle Tage. Zuletzt geschah das in der hektischen Korrektur im April. Dazu kommt: Selbst das September-Tief könnte unterboten werden.
Dabei sah es letzte Woche noch so aus, als ob der DAX munter Richtung Oktober-Rekord (24.771 Punkte) läuft. Aber die Anleger werden vorsichtig – kein Wunder, denn trotz möglicher heutiger Verluste liegt der DAX im Jahr 2025 noch immer satte 18 % im Plus. Gewinne sichern ist also verlockend.
Auslöser der neuen Nervosität:
- Die Fed könnte im Dezember keine weitere Zinssenkung bringen.
- Zinssensitive Wachstumswerte fühlen sich entsprechend unwohl.
- Und dann ist da noch die große Frage: Was liefert Nvidia morgen Abend ab?
Auch in den USA war die Stimmung zum Wochenbeginn eher muffig.
- Der Dow Jones verlor 1,18 %.
- S&P 500: –0,92 %
- Nasdaq 100: –0,83 %
Die Anleger wollen vor Nvidia-Zahlen, US-Arbeitsmarktdaten (Donnerstag) und zahlreichen Reden aus der Fed lieber kein unnötiges Risiko eingehen.
Die asiatischen Märkte schlossen sich dem Trend an – und legten sogar noch eine Schippe drauf. Die Tech-Börsen rutschten kräftig ins Minus, allen voran der südkoreanische KOSPI (–3,3 %), der Hang Seng (–1,9 %) und der Nikkei 225 (–2 %).
Japan kämpft zudem mit steigenden Staatsanleiherenditen, politischer Unsicherheit und diplomatischen Spannungen mit China. Und als wäre das nicht genug, wurden in China gleich mehrere japanische Filme kurzfristig blockiert – was Filmkonzerne wie Toei und Toho schmerzlich zu spüren bekamen.
Unterm Strich: Heute dürfte der Markt eher von Vorsicht als von Euphorie beflügelt werden.
Unternehmensnachrichten & Einzelaktien – Zwischen Adrenalin und Applaus
Alphabet: Von Buffett geküsst
Alphabet erreichte am Montag ein Rekordhoch, zwischenzeitlich +6 %, am Ende immer noch +3 %. Grund: Warren Buffetts Berkshire Hathaway kaufte im dritten Quartal Aktien im Wert von knapp 5 Milliarden US-Dollar.
Bei Apple hingegen wurde der Rotstift angesetzt: Buffett hat seine Position um 15 % reduziert – was die Aktie rund 2 % ins Minus drückte.
Nvidia: Die Luft wird dünn
Die Aktie fiel bereits am Montag knapp 2 %, denn der Markt wird vorsichtig. Die zu veröffentlcihten Zahlen des KI-Champions sind der entscheidende Stimmungstest für das gesamte Tech-Segment. Hedgefonds hatten in den vergangenen Wochen bereits begonnen, Positionen abzubauen.
Sprich: Sollte Nvidia enttäuschen, könnte es ordentlich rappeln – nicht nur bei AI-Aktien.
Pharma im Fokus
- Eli Lilly erholte sich nach anfänglichen Verlusten fast vollständig. Zuvor drückte die Meldung, dass Novo Nordisk die Selbstzahlerpreise für Abnehmpräparate unterbieten will.
- Johnson & Johnson wird für die Übernahme von Halda Therapeutics (3 Mrd. USD) gefeiert: Aktie +2 %.
Tech & Plattformen – Google macht Druck
Google kündigte eine neue KI-App zur Flug- und Hotelbuchung an – und die Reiseplattformen reagierten panisch:
- Expedia, Booking, Tripadvisor, Airbnb verloren bis zu 8 %.
HP Inc
- Morgan Stanley setzt die Aktie auf Underweight. Der Markt straft das ab: –7 %.
Asien: Tech unter Druck
- SoftBank: –6 %
- Samsung: –1,5 %
- SK Hynix: –4 %
- Xiaomi: –3 % vor Zahlen
Nvidia wirkt wie ein großer Magnet – oder ein großer Staubsauger. Alle warten ab und werden sicherlich mitgezogen.
Politischer Einfluss – Zinsangst, Fiskalpoker und diplomatische Verstimmungen
USA: Fed sendet kalte Signale
Einige Fed-Mitglieder haben klar gemacht, dass man keine voreiligen Zinssenkungsfantasien unterstützen möchte. Der Markt hat das verstanden – und geht in Deckung.
Zudem stehen diese Woche mehrere potenzielle Stimmungskiller an:
- Arbeitsmarktdaten
- Einkaufsmanagerindizes
- Redebeiträge diverser Notenbankvertreter
Japan: Teure Ambitionen
Japans Regierung plant ein großes Konjunkturpaket – vermutlich finanziert mit noch mehr Schulden. Die Staatsanleiherenditen schießen bereits hoch, was Anleger beunruhigt.
Zusätzlich kochen die diplomatischen Spannungen mit China hoch – unter anderem wegen sicherheitspolitischer Äußerungen Tokios zu Taiwan.
China: Zurückhaltung an allen Fronten
Zwar liegen dort nicht die größten Tech-Gewichte, aber selbst der ansonsten robuste CSI 300 rutschte.
Dazu: Wachstumsängste, geopolitische Spannungen, schwächere Nachfrage – und jetzt auch Kulturpolitik, die japanische Filme stoppt.
Europa:
Der DAX kämpft mit technischen Marken – und die EZB hält sich bedeckt, aber: Wenn die Fed nicht senkt, wird es auch für Europa schwer, locker zu bleiben.
Fazit für den heutigen Handelstag
Der Dienstag wird ein von Vorsicht geprägter Tag:
- Der DAX steht technisch an einer heiklen Schwelle
- Nvidia wird zur Schlüsselfigur
- Die Fed bremst die Fantasie
- In Asien brodelt es politisch und wirtschaftlich
- Anleger sichern Gewinne und warten auf Klarheit
Die Devise: Gurt anlegen – der Tag könnte holprig werden. Ich wünsche Ihnen in dieser Zeit eine ruhige Hand und viel Erfolg!