Zoom knackt erstmals Milliardenumsatz – Aktie tiefrot

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Der Videokonferenzanbieter Zoom hat in diesem Jahr gleich doppelt Grund zum Feiern: Auf der einen Seite das zehnjährige Bestehen – und auf der anderen Seite den Umsatz, der im abgelaufenen zweiten Quartal dieses Jubiläumsjahres erstmals in der Firmengeschichte die Marke von 1 Milliarde US-Dollar geknackt hat.

Hat Zoom seinen Zenit schon überschritten?

Zum Feiern allerdings war Anlegern nach der Vorstellung der jüngsten Bilanz so gar nicht zumute. Denn am Parkett wird bekanntlich nicht über das verhandelt, was in der Vergangenheit war, sondern über das, was für die Zukunft zu erwarten ist.

Mit Blick auf die Prognosen lässt sich festhalten: Es könnte besser laufen. Möglicherweise hat Zoom seinen Zenit fürs erste bereits überschritten.

Zoom ist eindeutiger Pandemie-Profiteur

Mit der Corona-Pandemie, die seit Anfang des Jahres 2020 die Wirtschaft weltweit in die Knie zwang, begann für Zoom ein beispielloser Siegeszug. Plötzlich sahen sich selbst Unternehmen, die vorher großen Wert auf die persönliche Präsenz ihrer Beschäftigten gelegt hatten, dazu gezwungen, weite Teile der Belegschaft ins Homeoffice zu schicken. Das erforderte den Aufbau neuer digitaler Infrastruktur, was selbstverständlich auch die Möglichkeit zur Videokonferenz umfassen sollte – und hier kam anfangs häufig Zoom zum Zuge.

Auch Geschäftsreisen wurden vielfach gestrichen, sodass nicht nur die interne, sondern auch die externe und internationale geschäftliche Kommunikation in den virtuellen Raum verlagert werden musste. Auch hier zählte Zoom zu den größten Profiteuren der ersten Stunde.

Videodienst auch bei Privatnutzern zunehmend beliebt

Schließlich betrafen Lockdown-Maßnahmen und Kontaktbeschränkungen auch Privatpersonen. Treffen mit Freunden oder Familienangehörigen wurden stark eingeschränkt oder zeitweise komplett unmöglich. Nicht wenige griffen auch hier auf Zoom zurück und veranstalteten virtuelle Kaffeekränzchen im Freundeskreis oder schalteten sich mit der weitläufigeren Familie zu den Feiertagen zusammen.

Kurzum: In Zeiten der Pandemie kam kaum jemand an Zoom vorbei. Dementsprechend wuchsen die Nutzerzahlen wie auch Umsatz und Gewinn anfangs dreistellig. Inzwischen aber hat sich das Wachstumstempo deutlich abgeflacht. Zwar legte der Umsatz im zweiten Quartal im Vergleich zum Vorjahreszeitraum immer noch um satte 54 Prozent zu und überschritt knapp die Milliardenmarke. Doch eine erneute Verdoppelung oder mehr, wie in 2020, sind bis auf Weiteres wohl nicht mehr zu erwarten.

Steigende Impfquote: Schlecht fürs Zoom-Geschäft

Das hat gleich mehrere Gründe. Zum einen hat ein gewisser Sättigungseffekt eingesetzt: Wer einen Zoom-Account haben wollte, hat ihn mittlerweile wohl angelegt. Zum anderen ist die Konkurrenz inzwischen auf den Zug aufgesprungen und hat die einstige Marktnische ihrerseits mit Alternativangeboten aufgefüllt. Unter anderem Anbieter wie Microsoft oder Cisco haben eigene Plattformen ausgebaut und werben nun ihrerseits vor allem um die lukrativen Geschäftskunden. Gerade von dieser Seite verzeichnete Zoom zuletzt einen spürbaren Rückgang der Nachfrage.

Zu guter Letzt sorgt die steigende Impfquote im globalen Norden für zunehmende Lockerungen der Kontaktbeschränkungen: Beschäftigte kehren in die Büros zurück, Geschäftsreisen werden wieder öfter persönlich durchgeführt und Freunde und Familien treffen sich wieder im realen Leben. Angesichts steigender Inzidenzwerte könnte sich dieser Trend in den Wintermonaten zwar noch einmal umkehren, doch die Zeiten dreistelliger Zuwachsraten sind für Zoom wohl erst einmal vorbei.

Unternehmensführung rechnet mit langsamerem Wachstum

Davon geht man auch in der Geschäftsführung aus, wo man für das laufende dritte Quartal einen Anstieg der Erlöse um rund 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum in Aussicht stellt. Um auch über die Pandemie hinaus für Geschäftskunden attraktiv zu bleiben, stellt sich der Videodienst derzeit breiter auf und erweitert das eigene Angebot, indem die hohen Erlöse für strategische Zukäufe genutzt werden.

Vor wenigen Wochen etwa sorgte die Übernahme des Karlsruher Unternehmens Kites für Schlagzeilen. Die junge Firma aus dem Umfeld des KIT hat sich auf Echtzeitübersetzungen spezialisiert. Vorträge oder Gespräche könnten mit Hilfe der Software und gezielt angewandter Künstlicher Intelligenz nicht nur in Echtzeit untertitelt, sondern auch simultan in verschiedene Sprachen übersetzt werden. Das wäre insbesondere für internationale Schaltkonferenzen auch in Zukunft ein interessantes Tool und könnte bei entsprechendem Erfolg Zoom ein Stück weit von der Konkurrenz abheben, wobei diese natürlich längst auch selbst an vergleichbaren Features tüftelt.

Zoom Aktie tiefrot – Analysten sehen langfristig Potenzial

Für den Moment zeigten sich Anleger unzufrieden. Trotz des Milliardenumsatzes und eines Gewinnanstiegs von rund 186 Millionen Dollar im Vorjahresquartal auf nun knapp 317 Millionen Dollar schickten sie den Aktienkurs nach Vorlage des Zahlenwerks zum zweiten Quartal auf Talfahrt. Zeitweise rauschte die Zoom Aktie zweistellig in den Keller.

Auf Monatssicht hat das Papier damit rund 20 Prozent an Wert verloren und befand sich zuletzt deutlich näher am 52-Wochen-Tief von 273 US-Dollar im Mai 2021 als am Jahreshoch, das im Oktober vergangenen Jahres bei 588 Dollar erreicht wurde. Zum Wochenauftakt war die Zoom Aktie für knapp 300 Dollar oder 250 Euro zu haben.

Unterstützung gab es indes von Analystenseite: Experten der kanadischen Bank RBC bestätigten nach Vorlage der Quartalsbilanz die Einstufung bei „outperform“ und beließen auch das Kursziel bei 450 Dollar. Damit setzt die Studie ausdrücklich auf das langfristige Erfolgspotenzial des Unternehmens und seiner Aktie.