Vertex: Erste Genschere vor Zulassung

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Biotech-Unternehmen sind aktuell eher wenig im Fokus der Anleger. Zu Unrecht: Denn die Branche hat einige revolutionäre Medikamente in der Pipeline. Zum Beispiel Vertex Pharmaceuticals.

Kurzportrait

Der US-Biotechkonzern Vertex Pharmaceuticals hat sich auf die Behandlung von Mukoviszidose spezialisiert, auch bekannt als zystische Fibrose. Dabei handelt es sich um eine im Kindesalter auftretende, lebensverkürzende Stoffwechselerkrankung. Alle zugelassenen Medikamente stammen von Vertex. Von 2012 bis 2019 hat Vertex gleich fünf Medikamente gegen unterschiedliche Mutationen von Mukoviszidose zur Marktreife gebracht und ist in diesem Bereich ohne Konkurrenz.

Zudem hat das Unternehmen eine neuartige Gentherapie in der Forschungspipeline, die weitere Milliarden in die Kasse spülen könnte.

Erster Zulassungsantrag für eine Genschere eingereicht

Vertex ruht sich nicht auf seinen Erfolgen aus, sondern hat mehrere vielversprechende Wirkstoffe aus verschiedenen Bereichen in seiner Forschungspipeline. Der größte Hoffnungsträger ist die Genschere exa-cel. Im April hat Vertex den allerersten Zulassungsantrag für eine Genschere in den USA eingereicht und damit den Startschuss für eine ganz neue Klasse von zielgerichteten Medikamenten gegeben.

Bei einer Genschere (auch als „Genome Editing“ bekannt) handelt es sich um eine molekularbiologische Methode, um DNA gezielt zu schneiden und anschließend zu verändern. Genscheren schneiden das Erbgut an einer exakt definierten Stelle. Damit werden körpereigene Reparaturmechanismen in Gang gesetzt, die unverzüglich versuchen, den Schnitt wieder zu schließen. Diese Reparatur lässt sich theoretisch in jede gewünschte Richtung lenken: Einzelne DNA-Bausteine können ausgetauscht, Teile des Gens entfernt oder neue Sequenzen eingefügt werden. Das Erbgut lässt sich auf diese Weise fast nach Belieben verändern. Daher bietet die Genscheren-Technologie ein gigantisches Potenzial für die Medizin.

Äußerst beeindruckende Studienergebnisse

Vertex hat die Genschere exa-cel zusammen mit seinem Kooperationspartner CRISPR Therapeutics für die Behandlung bzw. Heilung von Patienten mit Sichelzellanämie und Beta-Thalassämie entwickelt. Bei diesen Erbkrankheiten werden zu kleine oder nicht ausreichend viele rote Blutkörperchen gebildet. Zur Behandlung werden die Genscheren in die blutbildenden Zellen der Patienten geschleust. Sie gelangen in den Zellkern zum Erbgut und zerschneiden die DNA gemäß ihrer Programmierung an einer bestimmten Stelle. Anschließend werden die Zellen dem Körper des Patienten wieder zugeführt.

Die klinischen Daten zu exa-cel sind äußerst vielversprechend: Von den 44 Patienten mit Beta-Thalassämie benötigten 42 seit der Behandlung keine Transfusion mehr und bei den übrigen beiden konnte das Transfusionsvolumen seither erheblich reduziert werden. Alle 31 Probanden mit Sichelzellenanämie sind seit der Behandlung frei von Sichelzellen. Experten zeigten sich über die Ergebnisse begeistert: Erstmals gibt es eine realistische Chance auf eine Heilung, während bislang nur die Symptome bekämpft wurden.

Wachstum geht weiter

Auch die jüngsten Zahlen zum zweiten Quartal konnten die Analystenprognosen einmal mehr übertreffen. Der Quartalsumsatz mit den Mukoviszidose-Medikamenten legte um +14% auf 2,49 Mrd. US-Dollar zu (Prognose: 2,41 Mrd.). Der Gewinn je Aktie kletterte um +8% auf 3,89 US-Dollar. Aufgrund höherer Ausgaben für Forschung und Entwicklung fiel das Gewinnwachstum geringer aus als üblich, trotzdem konnte Vertex auch beim Gewinn die Analystenprognose um 4 Cent leicht übertreffen.

In Anbetracht der ausgezeichneten Wachstumsperspektiven bietet auch die Bewertung noch einige Luft nach oben. Aktuell liegt der Börsenwert von Vertex beim 9-Fachen des für das laufende Jahr erwarteten Umsatzes und beim 26-Fachen des prognostizierten Gewinns.