Twitter-Gezänk geht in die nächste Runde

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Was will Elon Musk mit Twitter?

So ganz genau scheint der reichste Mensch der Welt das selbst nicht zu wissen. Zumindest lässt das Hickhack um die Übernahme des Kurznachrichtendienstes nicht gerade eine fundierte Geschäftsstrategie erahnen.

Bekommt der reichste Mann der Welt keinen Kredit?

Im Frühjahr hatte Musk überraschend angekündigt, Twitter übernehmen zu wollen – als Privatmann. Wenige Monate später folgte eine 180-Grad-Wende, der Multimilliardär wollte den Deal platzen lassen und begründete dies mit angeblichen Fehlinformationen von Twitter hinsichtlich seiner Nutzerzahlen. Konkret sei die Zahl der tatsächlichen Nutzerkonten zu hoch, die der Spam-Accounts dagegen zu niedrig angegeben worden, so der Vorwurf.

Beobachter vermuteten bereits damals, dass es dem Tesla-Chef vielmehr darum gehen könnte, den Übernahmepreis zu drücken, der auf rund 44 Milliarden Dollar festgelegt worden war. Musks Vermögen basiert zu weiten Teilen auf seinen Tesla Aktien, die jedoch zuletzt herbe Kursverluste hinnehmen mussten. Die reichste Einzelperson des Planeten hatte offenbar Schwierigkeiten mit der Finanzierung – auch das ist ein Umstand, den man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen muss.

Juristisches Tauziehen um Übernahme hat begonnen

Inzwischen hat Twitter Musk verklagt und versucht mit juristischen Mitteln, den umtriebigen Unternehmer zur Erfüllung des Übernahme-Deals zu zwingen. Tatsächlich lenkte Musk auch kurz vor dem geplanten Prozessauftakt ein und zeigte sich unter bestimmten Voraussetzungen bereit, den Vertrag zu erfüllen – erbat aber Aufschub, um die Finanzierung sicherzustellen.

Das zuständige Gericht gewährte einen zeitlichen Aufschub von wenigen Wochen. In Kürze wird sich zeigen, ob das Verfahren eröffnet wird: In wenigen Tagen läuft die entsprechende Frist ab. Sollte der Deal zustande kommen – und danach sieht es bislang aus – müssen sich die Beschäftigten von Twitter auf radikale Änderungen einstellen.

Job-Kahlschlag befürchtet

Laut einem Bericht der Washington Post soll Musk unter anderem einen umfassenden Stellenabbau planen. Rund 75 Prozent der bislang 7.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssten demnach um ihren Job fürchten. Zwar plant auch das bisherige Management massive Einsparungen, auch durch Personalkürzungen, allerdings ist hier die Rede von „nur“ 25 Prozent der Belegschaft.

Für Aktionäre von Twitter wäre der Kauf durch Musk ein lohnendes Geschäft. Der Milliardär bot seinerzeit 54,20 Dollar je Aktie – und damit deutlich mehr als den Kurs, zu dem das Papier im bisherigen Jahresverlauf die meiste Zeit gehandelt wurde. Nur vereinzelt gelang seit Beginn des Jahres der Sprung über die Marke von 50 Dollar.

Für Anleger würde es sich lohnen

Doch auch für die Anleger hätte die Übernahme direkte Auswirkungen: Musk hatte bereits im Frühjahr angekündigt, in diesem Fall Twitter gänzlich von der Börse zu nehmen. Dann könnte er nach eigenem Gutdünken schalten und walten. Ursprünglich ging es ihm immerhin mal um eine radikale Form von Meinungsfreiheit, so zumindest seine Außendarstellung im Frühjahr.

Die Börsenaufsicht SEC ist indes nicht gut auf den Tesla-Chef und möglicherweise künftigen Twitter-Chef zu sprechen. Bereits mehrfach stand Musk im Verdacht, durch – womöglich unbedachte, vielleicht aber auch gezielt platzierte – Tweets die Kurse der Kryptowährung Bitcoin, der Tesla Aktie oder eben auch der Twitter Aktie in unzulässiger Weise beeinflusst zu haben.

Mit Blick auf einen möglichen Gerichtsprozess sind sich die Beobachter weitgehend einig: Hier hätte Elon Musk wohl eher schlechte Karten. Was die Übernahme von Twitter am Ende für die Millionen von Nutzern bedeuten wird, steht auf einem anderen Blatt. Eine wirkliche Alternative zu dem Kurznachrichtendienst gibt es (bisher) nicht.