Netflix-Aktie: Abo-Desaster mit Ansage – das sind die Gründe!

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Kaum ein anderes US-Unternehmen profitierte so stark von der Corona-Pandemie wie Netflix. In Zeiten von Lockdowns und Ausgangsbeschränkungen war der Streamingdienst für viele Menschen eine willkommene Ablenkung. Vor allem zu Beginn der Krise rannten die Kunden Netflix förmlich die Türen ein.

Schauen Sie: Allein im ersten Quartal 2020 verzeichnete der Streamingdienst 15,8 Millionen Neukunden – ein Rekord. Ende 2020 knackte Netflix dann die 200-Millionen-Abonnenten-Marke.

Doch der Boom fand ein rasches Ende. Im gesamten letzten Jahr konnte die US-Firma ihre Nutzerzahlen gerade einmal noch um rund 14 Millionen steigern. Für ein erfolgsverwöhntes Unternehmen wie Netflix war das ein Tiefschlag.

Netflix: Kundenschwund in Q1 2022

Doch was sich nun am Dienstabend abspielte, hatten selbst viele Analysten nicht auf dem Schirm. Vielleicht haben Sie es auch schon in den Medien gelesen: Netflix gab am Dienstag nach US-Börsenschluss bekannt, dass man im ersten Quartal 2022 einen Kundenschwund verzeichnet habe – zum ersten Mal seit mehr als zehn Jahren.

Demnach gingen dem Unternehmen in den drei Monaten bis Ende März unterm Strich 200.000 Bezahl-Abos flöten. Damit sank die weltweite Nutzerzahl zum Quartalsende auf 221,6 Millionen. Dabei hatte Netflix seinen Aktionären eigentlich ein Nutzerwachstum von 2,5 Millionen in Aussicht gestellt.

Aktie kracht in sich zusammen

Die Reaktion der Börse war entsprechend desaströs. Die Netflix-Aktie krachte am Mittwochvormittag im deutschen Tradegate-Handel um 25 Prozent ein. Der Einbruch war nur das neuste Kapital einer übergeordneten Abwärtsbewegung, die seit Herbst 2021 das Papier prägt. Seit Mitte November hat die Netflix-Aktie rund 60 Prozent ihres Wertes verloren (Stand: 20.04.2022, 10:30 Uhr).

Besonders bitter: Netflix musste am Dienstag einräumen, dass auch das laufende zweite Quartal wohl deutlich unter den Erwartungen bleiben werde. Demnach könnten in Q2 weitere rund zwei Millionen Kundenkonten wegbrechen.

Netflix ist also auf dem Boden der Tatsachen angekommen. Die einst so gefeierte Aktie ist nur noch ein Schatten ihrer selbst. Ob sich daran alsbald etwas ändern wird, ist äußerst fraglich. Denn die Gründe, die Netflix für den Nutzerschwund angibt, sind von dauerhafter Natur.

Konkurrenzdruck und Sättigungseffekt

Wie auch in den vorherigen Bilanzpräsentationen gab der Konzern die stärker werdende Konkurrenz als Belastungsfaktor an. In den letzten Jahren sind eine ganze Reihe neuer Dienste wie Disney+, HBO Max oder Paramount+ auf den Markt geprescht, die allesamt mit exklusiven Inhalten aufwarten. Die Zeiten, in denen der Streamingmarkt im Prinzip von Netflix und Amazon dominiert wurde, sind also längst vorüber.

Hinzu kommt ein gewisser Sättigungseffekt. Man sei heute schon in vielen Haushalten vertreten, weshalb das Wachstum schwieriger werde, so der Konzern. Das heißt: So ziemlich alle Menschen, die Netflix nutzen wollen, sind bereits Kunden.

Ein weiteres Problem: das Account-Sharing

Viele Nutzer geben ihre Netflix-Passwörter an Bekannte außerhalb ihres eigenen Haushaltes weiter. Dadurch können jene „Zweitnutzer“ das Angebot in Anspruch nehmen, ohne dafür zu bezahlen. Netflix schätzt, dass etwa 100 Millionen zusätzliche Haushalte so kostenlosen Zugriff auf die Plattform erhalten.

Dem Unternehmen gehen dadurch Milliardenumsätze flöten. Netflix will daher in spätestens einem Jahr das Account-Sharing über Haushaltgrenzen offiziell erlauben und dafür zusätzliche Gebühren verlangen. Wie genau das Ganze funktionieren wird, blieb indes unklar. Derzeit lässt der Konzern zum Beispiel in Costa Rica und Chile entsprechende Tests laufen.

Russland-Geschäft weg

Natürlich ist der Ukraine-Krieg auch für Netflix eine bittere Pille. Der Konzern hatte wegen Putins Invasion sämtliche Kundenkonten in Russland deaktiviert. Allein dadurch fielen der Streamingplattform nach eigenen Angaben im ersten Quartal 700.000 Abos weg. Immerhin: Ohne jenen Sondereffekt hätte man in Q1 einen konzernweiten Anstieg um eine halbe Million Nutzer erreicht. Doch selbst damit wäre man unter den eigenen Erwartungen geblieben.

Es bleibt nun abzuwarten, wie Netflix auf den Kundenschwund reagieren wird. Klar: Das Unternehmen wird auch künftig viel Geld in eigene Filme und Serien stecken, um die Nutzer bei der Stange zu halten. Doch das allein dürfte nicht ausreichen. Netflix-Chef Reed Hastings hat deshalb am Dienstag eine neue Monetarisierungsmethode ins Gespräch gebracht.

Werbefinanziertes Abo-Modell soll Nutzer zurückbringen

Demnach wäre eine werbefinanzierte Variante von Netflix denkbar. Das heißt: Nutzer müssen weniger Geld für das monatliche Abo bezahlen, bekommen aber während der Filme und Serien Werbung eingeblendet, wie man es aus dem klassischen Fernsehen kennt. Zumindest in den USA ist ein werbefinanziertes Streaming-Abo längst kein Novum mehr. So können Nutzer beispielsweise von HBO Max, Paramount+ oder Hulu günstigere Abo-Varianten mit Werbeschaltungen buchen. Und auch Disney+ will noch im laufenden Jahr nachziehen.

Netflix-Chef Hastings sagte zwar, dass ein solches Abo-Modell noch in der Planungsphase sei. Der Konzernchef aber hat nach eigenen Angaben keine Zweifel daran, dass es funktionieren werde. In den nächsten ein bis zwei Jahren könne Netflix in einer werbefinanzierten Version verfügbar sein, betonte der Firmengründer.

Tatsächlich hatte das Unternehmen zuletzt seine Abo-Preise erhöht und damit offenbar viele Nutzer abgeschreckt – vor allem in den USA. Durch die günstigere Werbevariante will man diese wieder zurückholen.

Mein Fazit für Sie

Der Wachstumsboom von Netflix ist zu Ende. Der Konzern ist mit einer ganzen Palette an Problemen konfrontiert. Dennoch ist Netflix nach wie vor der Streaminganbieter mit den meisten zahlenden Kunden – einem Jahresumsatz von knapp 30 Milliarden Dollar und einem jährlichen Nettogewinn von 5,12 Milliarden Dollar (2021).

Im Prinzip fällt der Netflix-Aktie das eigene Wachstum jetzt auf die Füße. Die Erwartungen an den Konzern waren in den letzten Jahren so hoch, dass die Aktie in schier unfassbare Höhen schnellte. Nun hat sich das Papier der Realität angepasst – ebenso die Prognosen des Unternehmens.

Dass man nun kleinere Brötchen backt, könnte auch von Vorteil sein. Schauen Sie: Sollte Netflix im laufenden zweiten Quartal 2022 weniger Nutzer verlieren als prognostiziert oder unterm Strich gar doch wieder schmale Zuwächse verzeichnen, könnte es für die Aktie durchaus Impulse geben. Zu einstiger Stärke dürfte das Papier aber auf absehbare Zeit nicht mehr zurückkehren.