IBM hofft auf den Quanten-Durchbruch
IBM rückt wieder ins Rampenlicht – diesmal dank großer Hoffnungen im Bereich Quantencomputing. Der Tech-Riese konnte zuletzt Schlagzeilen machen, als die Bank HSBC mithilfe von IBM-Technologie Anleihegeschäfte testete. Die Ergebnisse klangen beeindruckend: Eine Verbesserung um rund ein Drittel bei der Prognose von Handelsanfragen wurde erzielt. Ein genauerer Blick zeigt jedoch, dass auch klassische Rechenleistung beteiligt war. Somit bleibt unklar, wie groß der tatsächliche Beitrag des Quantencomputings war.
Zwischen Vision und Realität
IBM selbst hat eine ehrgeizige Roadmap entworfen. Bis Ende 2026 soll der sogenannte „Quantum Advantage“ erreicht sein, d. h. Quantencomputer sollen zu diesem Zeitpunkt Aufgaben schneller, günstiger und präziser lösen als klassische Rechner. Mit dem für 2029 geplanten Modell „Quantum Starling“ will IBM sogar 20.000-mal so viele Operationen ermöglichen wie heutige Systeme. Analysten schätzen den Gesamtmarkt für Quantencomputing bis 2030 allerdings lediglich auf rund 4 Milliarden Dollar, was den jüngsten Kursanstieg kaum rechtfertigt.
Altbekanntes Muster
Das Problem: IBM hat in den vergangenen Jahrzehnten zwar mehrfach Technologien entwickelt, daraus jedoch keine führenden Geschäftsmodelle gemacht. Beispiele hierfür sind Watson im Bereich der künstlichen Intelligenz oder die eigene Cloud-Plattform. Hinzu kommt, dass das Unternehmen vergleichsweise wenig Kapital für Wachstum investiert. Trotz eines freien Cashflows in Milliardenhöhe hält sich IBM mit aggressiven Investitionen zurück. Genau dieses Muster weckt Zweifel, ob sich aus dem vermeintlichen Vorsprung im Quantencomputing auch ein echter Marktanteil entwickeln wird.
Bewertung auf Hoffnung gebaut
Die Aktie wird inzwischen mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von rund 26 gehandelt – ein Wert, der weniger durch Gewinnsteigerungen als vielmehr durch eine teurere Bewertung zustande kam. Angesichts eines Gesamtmarkts, der selbst in fünf Jahren noch überschaubar bleiben wird, wirkt die Euphorie überzogen. Investoren müssen sich daher die Frage stellen, ob IBM diesmal tatsächlich liefern kann – oder ob die Geschichte der verpassten Chancen um ein weiteres Kapitel ergänzt wird.
Fazit: IBM lebt derzeit von der Hoffnung auf die Quantenrevolution. Solange jedoch klare Investitionen und Umsätze fehlen, bleibt das Risiko hoch, dass die aktuelle Kursrally mehr Schein als Sein ist.