Facebooks Wandlung – Flucht nach vorn

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Kommt das Metaversum? Zumindest, wenn es nach Facebook-Chef Mark Zuckerberg geht, steht die Welt ganz kurz vor der nächsten Tech-Revolution. Whitleblowerin Frances Haugen ist sich auf dem Web Summit in Lissabon hingegen sicher: Mit Zuckerberg an der Spitze werde sich das Unternehmen nie ändern.

Haugen: Facebook mit falscher Ausrichtung

Haugen skizzierte bei der Eröffnungsnacht Europas größter Tech-Konferenz weiterhin ein düsteres Bild des Social-Media-Giganten. Statt in die Sicherheit der Nutzer stecke das Unternehmen sein Geld weiter in Nebenschauplätze wie die Spieleentwicklung. So sei ein echter Wandel hin zu einem besseren Netzwerk unmöglich.

Und auch die Algorhitmen Facebooks würden den Hass im Netz weiter antreiben. Durch die Priorisierung vielkommentierter und -geteilter Beiträge in den Timelines der User würden Hassnachrichten gezielt bevorzugt. So würden sich diese Nachrichten immer weiter verbreiten.

Zukunftstechnologie mit Massentauglichkeit?

Mark Zuckerberg hat indes andere Visionen für sein Unternehmen.

Augmented Reality und Virtual Reality sind die Stichworte, unter denen sich bisher die meisten Durchschnittsnutzer nur wenig vorstellen können. VR-Brillen werden zwar schon seit einigen Jahren vertrieben, ihre Technologie stetig verbessert – doch zum Einsatz kommen sie im privaten Bereich bislang vor allem bei gutbetuchten Videospielern, denn eine ordentliche VR-Brille nebst notwendiger Raumausstattung geht in den Anschaffungskosten gerne in den vierstelligen Bereich.

Dennoch sieht Zuckerberg in der Technologie die Zukunft des Internets. Egal, ob es um virtuelle Spiele geht oder um geschäftliche Konferenztermine: Im „Metaverse“, das er skizziert, sollen alle Teilnehmer den Eindruck haben, sich im gleichen Raum aufzuhalten.

Facebook erhält neuen Namen und neue Struktur

Das klingt für viele nach ferner Zukunftsmusik, doch Zuckerberg meint es ernst – so ernst, dass er nun sogar seinem Unternehmen eine neue Struktur und gleich auch einen neuen Namen verpasst. Facebook wird umbenannt zu Meta und umgewandelt in eine Holdingstruktur. Unter diesem Dach werden dann Facebook, WhatsApp, Instagram und die weiteren Dienste des Unternehmens als ebenbürtige Schwestergesellschaften versammelt.

Die Transformation des Unternehmens erweckt den Anschein eines Marketing-Coups. Immer wieder sieht sich Facebook mit Vorwürfen konfrontiert, nicht nur durch die Whistleblowerin Frances Haugen. US-Wettbewerbshüter fordern eine Aufspaltung des Konzerns, Vertreter der Europäischen Union fordern angemessene Steuerzahlungen, und immer wieder wird dem Unternehmen Überwachung und Datensammelwut vorgeworfen.

Zukunft von Geschäftsreisen: Metaversum statt Zoom-Konferenz?

Den Namen loszuwerden und den Blick auf etwas Neues, etwas Großes zu lenken, ist daher aus PR-Sicht keine schlechte Idee. Doch sollte es Zuckerberg und seinen Tech-Experten tatsächlich gelingen, zu schaffen, was ihnen vorschwebt, reden wir wohl schon in wenigen Jahren von ganz anderen Dimensionen der Datenmonopole.

Nach einem Pandemiejahr voller Zoom-Meetings erscheint die Aussicht auf virtuell-reale Konferenzräume durchaus attraktiv – zumal sich in etlichen Geschäftsführungsetagen die Erkenntnis durchgesetzt haben dürfte, dass nicht jede Geschäftsreise wirklich notwendig ist und sich durch ihre Reduktion massig Geld einsparen lässt. Gerade in einem Jahrzehnt, in dem die Politik an Klimaschutz und Verkehrswende arbeitet, dürfte alles, was zu einem geringeren Flugaufkommen führt, erst einmal auf Interesse stoßen.

Facebook punktet mit starker Q3-Bilanz

Die finanziellen Mittel hat Facebook zweifelsohne: Für das zurückliegende dritte Quartal weist das Unternehmen einen Gewinn von 9,2 Milliarden US-Dollar aus bei einem Umsatz von 29 Milliarden US-Dollar. Dabei ist allerdings zu beachten, dass mehr als 28 dieser 29 Milliarden Dollar Umsatz durch Werbeeinnahmen erzielt wurden – und Werbepartner oftmals kritisch reagieren, wenn sich die negative Berichterstattung allzu sehr häuft.

Allerdings gibt es nur wenige Medien, die eine so breite und zugleich zielgruppenspezifische Reichweite erzielen wie Facebook: Gerade weil das Netzwerk so viele Daten und Informationen über seine Nutzer sammelt und fast 3 Milliarden Menschen weltweit die Dienste des Unternehmens regelmäßig nutzen, gibt es für Werbetreibende kaum einen besseren Weg, ihre Botschaften zu verbreiten.