Amazon zwischen Cloud-Sorgen und Weihnachtshoffnung

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Saisonale Stärke trifft auf technologische Herausforderungen. Amazon steht vor einer spannenden Phase, in der sich saisonale Kursstärke mit Unsicherheiten im Cloud-Geschäft überschneidet. Historisch gesehen zählt der Zeitraum zwischen dem 30. Oktober und dem 30. November zu den profitabelsten Wochen des Jahres für die Aktie. In den letzten fünfzehn Jahren verzeichnete Amazon in 12 Fällen deutliche Kursgewinne und erreichte im Durchschnitt ein Plus von über 4 Prozent.

Diese Entwicklung wird häufig durch den Optimismus im Vorfeld des Weihnachtsgeschäfts, die positive Stimmung nach den Quartalszahlen und die Umschichtungen institutioneller Anleger begünstigt. Dennoch ist das aktuelle Umfeld von besonderen Risiken geprägt, die vor allem mit Amazons Cloud-Sparte AWS zusammenhängen.

Die Cloud als Erfolgsfaktor und Risikoquelle

Amazon Web Services war lange das Rückgrat des Unternehmensgewinns. Doch der Wettbewerb im Cloud-Markt hat sich massiv verschärft. Microsoft und Google drängen mit aggressiven Investitionen in künstliche Intelligenz in Bereiche, die einst fest in Amazons Hand waren. Selbst Oracle, früher ein Nischenanbieter, hat sich durch große Verträge und hohe Wachstumsraten im Cloud-Segment zurückgemeldet. Der Marktanteil von AWS, der 2022 noch bei rund 35 Prozent lag, könnte laut Analysen bis 2030 auf unter 20 Prozent sinken.

Gleichzeitig wächst jedoch der gesamte Cloud-Markt stark und dürfte bis zum Ende des Jahrzehnts ein Volumen von über zwei Billionen US-Dollar erreichen. Das bedeutet, dass Amazon zwar Marktanteile verliert, in absoluten Zahlen aber weiterhin mit steigenden Umsätzen rechnen kann.

Ein weiterer Unsicherheitsfaktor betrifft die Zuverlässigkeit der AWS-Infrastruktur. Anfang Oktober kam es zu einem der schwersten Ausfälle seit Bestehen des Dienstes. Zahlreiche große Kunden, darunter Apple, Zoom und McDonald’s, waren betroffen. Der Vorfall dauerte rund fünfzehn Stunden und zeigte, wie abhängig die digitale Welt von einer stabilen Cloud-Struktur ist. Für Investoren verdeutlichte dies, dass die Konzentration auf wenige große Anbieter auch Risiken birgt. Selbst wenn AWS die Ursache schnell behoben hat, bleibt die Frage, ob Kunden künftig eine stärkere Diversifizierung ihrer Cloud-Anbieter anstreben werden.

Amazon im Tageschart

(Quelle: Aktienscreener.com)

Technische Ausgangslage und mögliche Strategien

Charttechnisch befindet sich Amazon in einem Seitwärtstrend. Eine wichtige Unterstützung lässt sich bei etwa 200 US-Dollar erkennen. In der Vergangenheit kam es während des saisonalen Zeitraums zwar auch zu Rücksetzern, doch selbst die stärksten Einbrüche blieben meist im Rahmen von 10-15 Prozent. Ein solcher Rückgang könnte in diesem Jahr erneut eine attraktive Einstiegsgelegenheit bieten, falls die Quartalszahlen enttäuschen sollten.

Die technische Stärke allein reicht jedoch nicht aus. Sie sollten das makroökonomische Umfeld im Blick behalten, insbesondere die Entwicklung der Konsumausgaben in der bevorstehenden Weihnachtssaison. Ein solides Umsatzwachstum im Einzelhandel, gepaart mit stabilen Ergebnissen bei AWS, könnte die Aktie zusätzlich stützen. Umgekehrt könnten negative Überraschungen im Cloud-Geschäft oder ein schwächeres Kaufverhalten der Konsumenten kurzfristig Druck auf den Kurs ausüben.

Fazit

Amazon steht vor einer typischen Konstellation aus Chancen und Risiken. Historisch gesehen spricht vieles für eine positive Kursentwicklung im Spätherbst, doch die zunehmende Konkurrenz im Cloud-Bereich und die jüngsten technischen Probleme mahnen zur Vorsicht.

Sollte der Markt auf die Quartalszahlen gelassen reagieren und die Umsätze im Weihnachtsgeschäft stabil bleiben, dürfte sich das saisonale Muster erneut bestätigen.

Für langfristig orientierte Anleger bietet die aktuelle Phase damit vor allem eines: ein Lehrstück dafür, wie sich kurzfristige Schwankungen und langfristige Trends überlagern und wie wichtig es ist, beide Faktoren gleichzeitig zu berücksichtigen.