Wirecard Aktie verlässt Dax noch im August

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Der Bilanzskandal wird zum Wirtschaftskrimi: Nach dem ehemaligen Wirecard-Manager Jan Marsalek wird nun gefahndet – weltweit und öffentlich. Hierfür wendeten sich die Ermittler in dieser Woche sogar an die langjährige ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY … ungelöst“.

Marsalek hatte sich unmittelbar nach Bekanntwerden des Skandals um milliardenschwere Luftbuchungen ins Ausland abgesetzt. Zunächst wurde er auf den Philippinen vermutet, später erschien ein Aufenthalt in Russland oder Belarus wahrscheinlich. Aktuell ist der Ex-Manager untergetaucht.

Wirecard Aktie fliegt raus: Deutsche Börse ändert Regeln

Unterdessen hat der Fall Wirecard spürbare Auswirkungen in Frankfurt: Dort hat die Deutsche Börse ihre Regeln angepasst. Nach bisherigem Reglement wäre die Wirecard Aktie – trotz der längst angemeldeten Insolvenz des Unternehmens – noch bis September im Leitindex geblieben, da dessen Zusammensetzung lediglich turnusmäßig zweimal im Jahr überprüft wird.

Anleger und Beobachter äußerten jedoch bereits seit Wochen deutliche Kritik an diesem Vorgehen. Das Unternehmen ist praktisch tot, die Aktie wird mitgeschleift und dient nur noch als Spielball von Spekulanten. Nun hat man sich an der Deutschen Börse dazu durchgerungen, den Fall zum Anlass zu nehmen, ein Exempel zu statuieren und zugleich die eigenen Regelungen anzupassen: Meldet ein Unternehmen Insolvenz an, sollen dessen Aktien künftig innerhalb von zwei Handelstagen aus dem jeweiligen Index fliegen.

Die Neuerung gilt für die gesamte Dax-Familie, also nicht nur für die Dax-30, sondern auch etwa für TecDax, MDax und SDax. Im Fall von Wirecard dauert der Prozess wohl noch etwas länger als die angestrebten zwei Handelstage, allerdings soll die Wirecard Aktie noch im August den Dax verlassen.

Schaden für Standort Deutschland

Nach nicht einmal zwei Jahren endet damit eine Ära, die so hoffnungsvoll begonnen hatte. Der digitale Zahlungsverkehr gilt als ein wesentliches Geschäftsfeld der Zukunft, Wirecard war als deutsches Hightech Start-up zum Aushängeschild geworden.

Deutschland, das vor allem in klassischen Industriezweigen wie etwa der Automobil- oder Chemieindustrie ganz vorne mitmischt, hängt in Sachen Digitalisierung weit hinterher. Das fängt beim löchrigen Zugang zu Mobilfunk und Internet, insbesondere im ländlichen Raum, an, und endet im praktischen Nicht-Vorhandensein entsprechender Unternehmen.

Zwar gibt es sie auch hierzulande, die innovativen Start-ups, doch diese bestehen oft lediglich aus ein paar Dutzend bis wenigen hundert Beschäftigten und werden bei Erfolg schnell von größeren Konzernen geschluckt. Von einem deutschen Silicon Valley sind wir auch im Jahr 2020 noch weit entfernt.

Genau das war aber die Hoffnung, die man seinerzeit in Wirecard gesetzt hatte – eine Vision, die nun krachend gescheitert ist und kein gutes Licht auf den Standort Deutschland wirft, gerade auch im Hinblick auf die Kontrollinstanzen im Finanzbereich, die wohl doch nicht so akkurat arbeiten, wie es deutschen Aufsichtsbehörden gerne nachgesagt wird.