Sixt Aktie: Der Patriarch dankt ab

Inhaltsverzeichnis

Nach mehr als einem halben Jahrhundert dankt der Patriarch ab und übergibt das Ruder an die nächste Generation: Erich Sixt hat für die Hauptversammlung im Juni, kurz vor seinem 77. Geburtstag, den Rückzug von der Vorstandsspitze seines Autoverleihunternehmens angekündigt. Künftig werden seine Söhne Alexander und Konstantin das Geschäft führen, beide sind schon jetzt im Management des Unternehmens aktiv. Der Senior selbst geht nicht komplett von Bord, er wechselt an die Spitze des Aufsichtsrats.

Leasing-Verkauf rettet Jahresbilanz

Es lag ihm merklich am Herzen, dass die letzte Jahresbilanz, die er als Firmenchef verantwortet, keinen Verlust ausweist. Dies ist ihm geglückt. Vor dem Hintergrund der eingeschränkten Mobilität während der Corona-Pandemie, die auch den Markt der Autovermietung erheblich geschwächt hat, fielen die Zahlen zwar erwartbar schwach aus – unterm Strich aber kann Sixt immerhin einen Gewinn in Höhe von 2 Millionen Euro nach Steuern vorweisen.

Das allerdings ist nur gelungen durch den Verkauf des Leasinggeschäfts. Sixt verkaufte seine knapp 42 Prozent an der börsennotierten Tochter Sixt Leasing an die Hyundai Capital Bank Europe und erzielte damit einen Erlös von rund 156 Millionen Euro, unterm Strich wurden dadurch gut 40 Millionen Euro in die Kassen gespült.

Ersetzt wird das Leasing bei Sixt nun durch flexiblere Abo-Modelle, die bei Kunden offenbar auf Interesse stoßen. Nach Angaben des bisherigen Vertriebschefs Konstantin Sixt zählt das Unternehmen bereits 10.000 Auto-Abonnenten.

Erfolgreicher Dreiklang – mitgestaltet durch das neue Führungsduo

Ein weiteres, vergleichsweise neues Standbein ist der Gebrauchtwagenhandel. Ausgemusterte, hochwertig ausgestattete Fahrzeuge aus der Sixt-Flotte werden nicht mehr nur in größeren Paketen an Händler zurückgegeben, sondern mittlerweile auch direkt vermarktet und an Endkunden verkauft.

Mit diesem neuen Dreiklang – Abschied vom Leasinggeschäft, Einstieg ins Abo-Modell und Direktverkauf von Gebrauchtwagen – wollen Alexander und Konstantin Sixt das traditionsreiche Familienunternehmen erfolgreich in die Zukunft führen. Ihr Vater hatte das ursprünglich als Taxiunternehmen auftretende Unternehmen mit einer damals 200 Fahrzeuge umfassenden Flotte in den 1960er Jahren vom eigenen Vater übernommen und in den folgenden Jahrzehnten zu einem der führenden Autovermieter Europas ausgebaut.

Riskante Doppelspitze?

Erich Sixt gilt als Charaktertyp und integerer Familienunternehmer. Einige Beobachter fürchten nun, die künftige Doppelspitze könnte scheitern. Tatsächlich ist der Wechsel nicht ganz risikolos, doch die Brüder winken ab und verweisen auf ihre bisherige gute Zusammenarbeit. Beide sind studierte Betriebswirte, beide gehören bereits seit 2015 dem Vorstand an und haben – zuständig für die Bereiche Strategie und Vertrieb – die Digitalisierung und Bündelung von Geschäftsbereichen aktiv vorangetrieben.

Dass das Unternehmen im Besitz der Familie bleibt, darauf legt der Senior großen Wert. Dementsprechend erteilte er auch Gerüchten um einen möglichen Einstieg von Volkswagen bei Sixt eine Absage. Die Entscheidungsmacht soll in den Händen der Familie Sixt bleiben, die gut 58 Prozent der Anteile selbst hält. Dass der Staffelstab nun ausgerechnet in der Krise an die nunmehr vierte Generation weitergegeben wird, lässt sich auch als Chance begreifen: Auf diese Weise kann die künftige Doppelspitze notwendige Weichen in ihrem Sinne stellen.

Pandemie lässt Umsatz und Gewinn einbrechen

In der Bilanz schlagen sich die Folgen der Pandemie indes deutlich nieder: Bereits im November warnte Erich Sixt vor dem ersten Jahresverlust in der langjährigen Firmengeschichte. Tatsächlich brach der Umsatz um 39 Prozent ein auf 1,5 Milliarden Euro, das Ergebnis vor Steuern rauschte mit minus 81,5 Millionen Euro tief in die roten Zahlen.

Das Management reagierte umgehend, verkleinerte die Fahrzeugflotte um gut ein Viertel, baute mehr als 1.000 Stellen ab und schickte zahlreiche Beschäftigte in Kurzarbeit. Immerhin: Eine Kreditlinie der KfW, die man sich für alle Fälle gesichert hatte, konnte ungenutzt zurückgegeben und durch privates Kapital ersetzt werden.

Zukunftsmarkt USA

Insgesamt steht Sixt damit deutlich besser da als die Konkurrenten von Europcar oder Hertz. Für die Zukunft setzen die Juniorchefs vor allem auf die USA als Wachstumsmarkt. Bereits in den vergangenen Jahren hat der Autovermieter hier kräftig investiert und seine Präsenz deutlich ausgebaut.

Für das laufende Jahr gibt man sich indes zurückhaltend, eine Bilanzprognose wollte der scheidende Vorstandschef nicht wagen – zu unsicher ist das Umfeld in der Pandemie, zu unberechenbar die weitere Entwicklung der Gesamtlage und zu ungewiss die Aussicht, ab wann Reiseverkehr und Mobilität wieder spürbar zunehmen.

Sixt Aktie: Anleger und Analysten begeistert

Analysten zeigten sich zuletzt zufrieden mit der bisherigen und zuversichtlich für die künftige Entwicklung des Unternehmens und garnierten positive Kommentare überwiegend mit Kaufempfehlungen für die Sixt Aktie. Das Kursziel liegt häufig im Bereich um 120 Euro, zuletzt notierte das Papier bei rund 110 Euro.

Führungswechsel und Jahresbilanz kamen bei Anlegern gut an: Auf Wochensicht verbucht die Sixt Aktie einen Kursaufschlag von gut 7 Prozent, auf Jahressicht liegt sie – trotz Pandemierückschlägen – fast 60 Prozent im Plus.

Erich Sixt übergibt seinen Söhnen Mitte Juni somit ein – auch dank ihrer eigenen Mitwirkung – gut aufgestelltes Unternehmen.