Ruhig – aber innerlich nervös
Der DAX zeigt sich am Mittwochmorgen gut gelaunt – zumindest moderat. Nach der gestrigen Erholung will der deutsche Leitindex offenbar erst einmal durchschnaufen und notiert vorbörslich freundlich. Die Marke von 24.000 hat gehalten – psychologisch nicht unwichtig.
Die Anleger scheinen die Enttäuschung über das eher laue Zollabkommen zwischen EU und USA schnell abgehakt zu haben. Dafür liegt der Fokus nun auf dem nächsten potenziellen Pulverdampf: dem schwelenden Handelsstreit zwischen den USA und China. Und nicht zu vergessen: Zoll-Schwergewicht Donald Trump sorgt mal wieder für Gesprächsstoff. Indien könnte mit neuen US-Zöllen von bis zu 25 % überzogen werden, was die Unsicherheit zusätzlich befeuert.
In Asien lief es gemischt. Australien jubelte über schwache Inflationszahlen, denn sie wecken Hoffnungen auf eine baldige Zinssenkung. Der ASX 200 legte entsprechend um 0,7 % zu. In China, Südkorea und Japan überwog ebenfalls verhaltener Optimismus, während Hongkong und Singapur leicht nachgaben.
An der Wall Street hingegen ist nach einer Rekordjagd erstmal die Luft raus. S&P 500, Nasdaq 100 und Dow Jones rutschten leicht ins Minus – trotz neuer Tageshochs zum Handelsstart. Die Verhandlungen zwischen den USA und China zur Verlängerung der Zollpause sorgen für Unruhe. Läuft diese wie geplant am 12. August aus, könnte es ungemütlich werden.
Unternehmensnachrichten / Einzelaktien – Bilanzsaison in voller Fahrt
In Deutschland geht es heute rund: Zahlreiche DAX-Schwergewichte öffnen ihre Bücher, darunter Adidas, BASF, Mercedes-Benz, Porsche, Siemens Healthineers und Symrise. Auch aus dem MDax und SDax dürften spannende Einblicke folgen – die Berichtssaison läuft auf Hochtouren.
In den USA war am Dienstag einiges los – allerdings nicht nur Positives:
- UnitedHealth enttäuschte mit seinem 2025er-Gewinnziel – und der Kurs rauschte 7,5 % in den Keller.
- Merck & Co kämpft mit massiven Einbrüchen beim Verkauf des Impfstoffs Gardasil in China – das Minus: 1,7 %.
- Boeing konnte zwar mehr Jets liefern und verbrennt weniger Geld – aber Gewinnmitnahmen drückten die Aktie um 4,4 %.
Und dann wären da noch die Tech-Stars:
- Spotify: Klang zuletzt nicht mehr ganz so melodisch. Der Musikstreamer wuchs schwächer als erwartet, Ergebnis: -12 %.
- Paypal: Auch hier schwächelt das Wachstum – -8,7 %.
- UPS: Liefert keine Prognose, stattdessen Unsicherheit – -11 %.
Auf der Sonnenseite des Marktes glänzte Chart Industries: Der Anlagenbauer schoss 16 % nach oben, nachdem Baker Hughes eine Übernahme für 13,6 Mrd. USD ankündigte. Dagegen verlor Baker selbst 1,7 %.
Auch Cyberark machte Schlagzeilen – mit einem möglichen Kauf durch Palo Alto Networks. Die Aktie von Cyberark sprang auf ein neues Rekordhoch (+13,5 %), während Palo Alto selbst 5,2 % abgab. Tech-Übernahmen bleiben also ein heißes Pflaster.
Am heutigen Mittwoch nach US-Börsenschluss wird es dann richtig spannend: Microsoft und Meta präsentieren ihre Quartalszahlen – beide gehören zu den berühmt-berüchtigten „Magnificent Seven“. Spannung garantiert!
Politischer Einfluss – Zinsfantasie & Zoll-Zitterpartie
Politisch ist derzeit einiges in Bewegung – allerdings eher in Form von Anspannung als Aufbruch.
Der Blick richtet sich heute auf die US-Notenbank Fed. Sie wird am Abend (MESZ) ihre Zinsentscheidung verkünden – und aller Voraussicht nach nichts ändern. Die Leitzinsen dürften bei 4,25 bis 4,50 % bleiben. Zwar steigt der politische Druck auf Jerome Powell & Co, doch die Fed bleibt (noch) standhaft. Für den weiteren Jahresverlauf werden jedoch sinkende Zinsen erwartet – das könnte neue Impulse bringen.
Auch die Bank of Japan (BOJ) steht in den Startlöchern – hier wird für Donnerstag mit einer Zinsentscheidung gerechnet. Ein etwas optimistischerer Wirtschaftsausblick wäre allerdings denkbar, nachdem Japan mit den USA ein Handelsabkommen abgeschlossen hat.
Zölle bleiben das große Schreckgespenst: Sollte bis 1. August keine Einigung zwischen den USA und ihren Handelspartnern erfolgen, drohen neue Zollrunden. Für Indien wurde das schon fast amtlich von Präsident Trump angekündigt. Und auch das fragile Verhältnis zu China könnte kippen, sollte die aktuelle Zollpause am 12. Augustauslaufen.
Fazit: Ruhe vor dem Sturm?
Die Märkte zeigen sich nervös, aber stabil. Während der DAX eine Atempause nutzt, ist die Stimmung an den US-Börsen angespannt. Der Zinsentscheid der Fed, neue Unternehmenszahlen aus der Tech-Elite und drohende Zölle könnten den Takt für den weiteren Wochenverlauf vorgeben. Die Ruhe könnte trügerisch sein – oder ein guter Moment, um genau hinzusehen.