Partylaune – erst einmal vorbei?
Ich hoffe, Ihnen geht es heute besser als dem DAX. Der deutsche Leitindex scheint mit dem linken Fuß aufgestanden zu sein: Nach dem gestrigen Rekordhoch von 24.152 Punkten geht es vorbörslich deutlich bergab – die Partylaune ist also erstmal vorbei.
Ein Blick über den Atlantik erklärt den Kater: An der Wall Street hat man sich an schwach verlaufenden US-Anleiheauktionen verschluckt – 16 Milliarden Dollar wollten nicht so recht unter die Leute. Die Folge: steigende Renditen, sinkende Aktienkurse. Dow Jones -1,91 %, S&P 500 -1,61 %, Nasdaq 100 -1,34 % – ein kräftiger Dämpfer auf breiter Front.
Der Grund? Die Staatsverschuldung der USA steht wieder im Rampenlicht. Moody’s hatte ja bereits den Daumen gesenkt – nun sorgt auch der Streit um ein neues Haushaltsgesetz mit Steuersenkungen und Ausgabenkürzungen für Stirnrunzeln. Die US-Indizes treten 2025 bisher auf der Stelle – ganz im Gegensatz zum DAX, der sich mit einem Plus von 21 % gerade selbst übertroffen hat. Der MDAX folgt mit 19,5 % auf Tuchfühlung. Aber Vorsicht: Wer hoch fliegt…
Unternehmensnachrichten & Einzelaktien: Von Pannen, Plänen und Plüschpuppen
USA – Von Crash bis KI:
Im Dow war UnitedHealth das Schlusslicht (-5,8 %). Wieder einmal gab’s schlechte Presse – diesmal wegen angeblich fragwürdiger Pflegeheimzahlungen. UnitedHealth dementiert, der Kurs leidet trotzdem.
Wolfspeed hingegen macht seinem Namen alle Ehre – nur in die falsche Richtung: -59 %, das tiefste Niveau seit den 90er-Jahren. Laut Wall Street Journal steht der Chip-Hersteller vor der Insolvenz.
Moderna nimmt den Antrag für seinen Kombi-Impfstoff (Corona & Grippe) zurück – die Aktie verliert 7,8 %. Auch Biontech muss Federn lassen (-2,6 %). In der Biotech-Branche ist derzeit eher Durchschnaufen angesagt.
Alphabet tanzt dagegen auf der Google-I/O-Konferenz vor: Mit +2,9 % führt der KI-Optimist das Nasdaq-Gewinnerfeld an. Analysten sehen die Dominanz im Suchmaschinenmarkt durch KI eher gestärkt.
VF Corporation (Timberland, North Face) enttäuscht mit düsteren Geschäftsaussichten und verliert fast 16 %. Auch bei Target (-5,2 %), Palo Alto (-6,8 %) und Take-Two (-4,5 %) herrscht Ernüchterung.
Ein Lichtblick: XPeng, Chinas Elektroauto-Hoffnung und VW-Partner, kann seinen Quartalsverlust eindämmen und legt um 13 % zu.
Freenet bleibt in Deutschland auf Kurs – zumindest laut Vorstand. Die Q1-Zahlen sehen eher durchwachsen aus: Der Umsatz steigt leicht, der Gewinn sinkt deutlich. Die Aktie verlor nachbörslich 2 %.
Und ganz am Rande der Börsenwelt: Netflix will künftig mehr „Sesamstraße“ zeigen – in deutscher Synchronfassung. An den Verträgen mit ARD & RTL ändert das aber nichts. Krümelmonster bleibt also auch in Deutschland auf Sendung – zumindest medial gesehen ein Dauerbrenner mit stabiler Fanbasis.
Globale Themen: Wenn die Wirtschaft Luft holt
In Asien ist die Stimmung ebenfalls im Keller: Japan, Südkorea und Hongkong verzeichnen Verluste, besonders Tech-Werte geraten unter Druck. Der japanische Nikkei fällt nach enttäuschenden Mai-Daten – vor allem der Dienstleistungssektor schwächelt. Auch Chinas Techs leiden – etwa Baidu, trotz guter KI-Zahlen (-3 %).
Hintergrund: Die Chip-Sanktionen der USA gegen China sorgen für diplomatische Spannungen. Nvidia-Chef Jensen Huang kritisierte die Exportkontrollen als „Fehler“. Peking warnt derweil vor einem Rückschritt im Handelsfrieden.
Ein weiterer Unsicherheitsfaktor: Russland signalisiert, dass ein schnelles Ende des Ukraine-Krieges nicht auf der Agenda steht – was die geopolitische Nervosität weiter steigen lässt.
Fazit: Zwischen KI-Hoffnung und Schuldenfrust
Der Donnerstag startet mit einem Reality-Check: Die Euphorie der letzten Tage weicht der Erkenntnis, dass Schuldenberge, geopolitische Unsicherheiten und schwache Konjunkturdaten nicht einfach wegzuzaubern sind. Ob sich die Börsen davon rasch erholen, bleibt abzuwarten – Anleger tun gut daran, das Geschehen von der Seitenlinie zu beobachten.
Bleiben Sie wachsam, bleiben Sie informiert – und vergessen Sie nicht: Auch an der Börse kommt nach jedem Tief irgendwann wieder ein Hoch.