Paragon – Autozulieferer baut massiv Schulden ab

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Das gibt es nicht oft – dass die Zahlen für das erste Quartal des Folgejahrs früher vorliegen als der Abschluss für das Geschäftsjahr zuvor. Beim Automobilzulieferer paragon ist das der Fall.

Verkauf der KI-Tochter ist über der Bühne

Die Bekanntgabe der Konzernergebnisse hatte sich verzögert, weil die Wirtschaftsprüfer erst den Vollzug des im Dezember unterzeichneten Verkaufs der auf künstliche Intelligenz (KI) spezialisierten Tochter paragon semvox  an die Volkswagen-Tochter Cariad abwarten wollten. Er hat Auswirkungen auf die 2022er-Bilanzierung. Da dies nun am 11. Mai erfolgt ist, konnte der Vorstand um den Firmengründer und -chef Klaus Dieter Frers nun den Jahresabschluss 2022 veröffentlichen.

Apropos Bilanzierung: Das Delbrücker Unternehmen, das vor allem bei Luftreinigung, Soundsystemen und Lithium-Batterietechnik tätig ist,  hatte in der Vergangenheit schon schwerwiegendere Bilanzierungsprobleme. Die Abschlüsse für 2017 und für 2019 wiesen laut der Finanzdienstleistungsaufsicht BaFin erhebliche Fehler auf. Sie stammten überwiegend von der Übernahme von Zahlen der damaligen Tochter Voltabox, von der sich paragon jedoch Ende  2021 getrennt, sprich alle Aktien verkauft hat. Dennoch wurden Geldstrafen gegen paragon verhängt.

Großer Umsatzsprung, aber bescheidenes Ergebnis

Zurück zum Jahresabschluss 2022. Hier weist der Automobilzulieferer, der  Porsche, Daimler, Audi und BMW als größte Kunden nennt, einen Umsatz von 160,3 Millionen Euro aus. Im Vergleich zu 2021 bedeutet das einen Erlös-Sprung um 18,4%. Nicht einberechnet sind dabei die 12,9 Millionen Euro, die paragon semvox an Umsatz erzielt hatte.

Beim Ergebnis sieht es weniger gut aus. Der operative Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) schrumpfte auf Konzernebene von 20,0 Millionen Euro auf 16,3 Millionen Euro. Verantwortlich für das Minus waren vor allem einmalige Sondereffekte, ohne die das EBITDA 19,7 Millionen Euro betragen hätte. 

Anders beim Konzernergebnis, das sich von minus 11,4 Millionen Euro auf minus 3,4 Millionen stark verbessert hat. Das Ergebnis je Aktie aus fortgeführten Geschäften ist entsprechend von minus 2,52 Euro auf minus 0,74 Euro deutlich weniger rot geworden.

Im ersten Quartal 2023, für das paragon die Zahlen bereits am 12. Mai veröffentlicht hat, blieb das Wachstumstempo im fortgeführten Geschäft hoch. Der Konzernumsatz kletterte um 14,6% auf 44,7 Millionen Euro. Auch der Ertrag entwickelte sich ordentlich, das EBITDA verbesserte sich von 5,0 auf 5,1 Millionen Euro. Besonders gut sieht es beim Auftragsbestand aus, der im Vergleich zum ersten Quartal 2021 um 22% auf 761 Millionen Euro anzog und vor allem von langfristigen Verträgen getragen wird.

Vorstand bestätigt Jahresprognose 2023

Da fiel es dem Vorstand leicht, die Jahresprognose zu bestätigen. Der Umsatz soll 2023 mindestens 170 Millionen Euro erreichen und damit fast so hoch ausfallen wie 2022 inklusive der verkauften Tochtergesellschaft. Das EBITDA soll mit 20 bis 25 Millionen Euro deutlich über dem 2022er-Nivau liegen. Große Hoffnungen richten sich auch auf das China-Geschäft, das paragon mit einer neuen Fabrik ankurbeln will und bereits erste chinesische Autohersteller als Kunden gewonnen hat.

Eine außerordentlich große Verbesserung kann der Autozulieferer bei der Verschuldung melden: Die Nettoverschuldung wurde von 123,6 Millionen Euro Ende 2019 auf 91,6 Millionen Euro Ende März 2023 reduziert und beträgt aktuell nur noch 58,5 Millionen Euro. Der Verkauf von semvox hat Berichten zufolge rund 40 Millionen Euro in die Kassen gespült. Eine weitere Restrukturierung und Rückzahlung der Anleihen und Kredite ist in den nächsten Monaten geplant. Die paragon-Aktie reagierte mit leichten Gewinnen auf den Jahresabschluss, zumal die Zahlen in Grundzügen bekannt waren. Der Kurs war bereits nach dem guten Quartalsergebnis und dem vollzogenen Verkauf der Tochter semvox kräftig gestiegen – von rund 4,80 Euro auf 5,60 Euro. Im Nachmittagshandel bewegte sie sich um 5,70 Euro. Von ihrem Allzeithoch von über 88  Euro im September 2017 ist sie aber noch meilenweit entfernt.