Nio-Aktie: Ritterschlag von EnBW – es gibt aber auch Risiken

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Die Chinesen rollen in Europa und Deutschland an – genauer gesagt: die chinesischen Elektroautos. Mit von der Partie ist das in China bereits erfolgreiche Startup Nio.

In Deutschland will Nio zunächst mit dem „ET7“ überzeugen, einer E-Limousine mit hoher Reichweite und modernem Design. Später sollen die Kompakt-Limousine „ET5“ und die größere SUV-Variante „ES7“ folgen.

Nio darf an EnBW-Ladeparks Batteriewechsel-Stationen aufbauen

Doch Nio will den europäischen Markt nicht nur mit Stromern bedienen, sondern auch bei der Ladeinfrastruktur ein Wörtchen mitreden. Sie werden es schon ahnen: Es geht natürlich um die inzwischen fast schon ikonischen Batteriewechselstationen der Chinesen.

Nun hat sich Nio für seinen Markteintritt in Deutschland wichtige Rückendeckung besorgt. Im Mittelpunkt: der Energiekonzern EnBW. Vielleicht haben Sie es auch schon in den Medien gelesen. EnBW hat nach eigenen Angaben eine groß angelegte Kooperation mit Nio geschlossen, um bei der Hochskalierung der Wechselstationen zu helfen.

Konkret können Nio-Kunden künftig an bis zu 20 Schnellladeparks im „EnBW Hyper Netz“ ihre Akkus tauschen lassen – unter anderem in Herleshausen (Hessen) und Großburgwedel (Niedersachen). Nio wird hierfür entsprechende Anlagen liefern.

Akkus wechseln in fünf Minuten

Aber um was geht es genau? Bei den Anlagen handelt sich um kleine Hallen, die von außen einer Garage ähneln. Ist der Akku leergefahren, können Nio-Besitzer ihren Stromer vor dieser Tauschbox parken. Anschließend reicht es, auf eine Schaltfläche im Display zu drücken, um einen automatisierten Vorgang zu starten.

Einmal in der Anlage angekommen, wird das Auto angehoben und im Boden öffnet sich eine Luke, aus der ein Liftsystem hochfährt. Dieses entnimmt den alten Akkus und ersetzt ihn durch einen aufgeladenen. Der ganze Vorgang ist millimetergenau abgestimmt und dauert nur rund fünf Minuten. Kunden können dort ihren Stromer also wesentlich schneller wieder mit Energie befüllen lassen als an konventionellen Ladestationen. Das ist zugleich der wichtigste Vorteil der Nio-Lösung.

In China bereits ein voller Erfolg

Nio hat das System in den letzten Jahren kontinuierlich weiterentwickelt. In China ist die Lösung bereits seit 2018 auf dem Markt. Nach eigenen Angaben hat das Startup dort mehr als 1.000 solcher Stationen in Betrieb und insgesamt 10 Millionen Tauschvorgänge abgeschlossen.

In Deutschland hatte Nio im September die erste Tauschbox eröffnet, noch vor dem offiziellen Markteintritt seiner Elektroautos. Die Anlage befindet sich an der stark frequentierten A8 zwischen München und Stuttgart und ist ein Kooperationsprojekt mit dem Ladeparkbetreiber Sortimo. Produziert werden die Anlagen für den europäischen Markt in einem Werk in Ungarn. Nio will bis zum Jahr 2025 rund 1.000 Batterietausch-Stationen außerhalb Chinas errichten.

Mein Fazit für Sie: Chancen und Risiken

Für Nio ist die neue Kooperation mit EnBW erst einmal ein Ritterschlag. Der Energiekonzern ist einer der wichtigsten Ladeinfrastruktur-Akteure Europas und Deutschland. Auf dem Kontinent ist EnBW bereits heute in 17 Ländern mit mehr als 300.000 Ladepunkten vertreten. Und viele weitere sollen folgen.

Nio jedenfalls darf an manchen dieser Standorte nun seine Wechselstationen aufstellen. Sollte die Lösung vom Markt angenommen werden, dürften perspektivisch weitere Anlagen folgen. Das machte EnBW nun klar.

Für die Nio-Aktie ist das prinzipiell eine gute Nachricht. Als Anleger sollten Sie jedoch beachten, dass der Erfolg der Wechselstationen vom Durchdringen der Nio-Stromer in Europa abhängig ist. Zwar will Nio seine Anlagen auch anderen Herstellern zur Verfügung stellen. Diese müssten allerdings neue Spezifikationen für das Fahrgestell-Design akzeptieren, um die Nutzung per Wechselstation zu ermöglichen.

Ob sich hiesige Branchengrößen wie Volkswagen, Mercedes-Benz  oder BMW dazu bereiterklären werden, ist jedenfalls fraglich. Am Ende dürften sich die Nio-Stationen meiner Meinung nach also eher in einer Nische befinden.

Interessant hierbei ist auch das Thema China an sich. EnBW hat in der neuen Pressemitteilung mit keinem Wort erwähnt, dass Nio aus der Volksrepublik kommt. Der Energiekonzern sprach lediglich von einem „internationalen Unternehmen“. Die Vermutung liegt also nahe, dass EnBW angesichts des wachsenden politischen Drucks in Deutschland rund um China-Kooperationen die Herkunft von Nio bewusst nicht an die große Glocke hängt.

Tatsächlich dürften viele politische Akteure nicht gerade davon begeistert sein, wenn eine chinesische Firma bei der Ladeinfrastruktur zu einem Zünglein an der Waage würde. Im schlimmsten Falle könnte die Politik dem gar einen Riegel vorschieben, vor allem wenn sich das geopolitische Umfeld noch weiter anspannt.

Ein Risikofaktor, den Sie auf dem Schirm haben sollten, wenn es um die Expansion der Chinesen in Deutschland und Europa geht.