Fiserv: Der unsichtbare Riese im digitalen Geldverkehr
Es gibt Unternehmen, die kennt jeder – und es gibt Fiserv. Dabei sind die Amerikaner längst ein Schwergewicht im globalen Zahlungsverkehr: ob Kartenzahlung an der Tankstelle, Online-Überweisung in der Banking-App oder Händlerabrechnung am POS – sehr oft steckt im Hintergrund Fiserv-Technologie. Der Konzern ist kein greller Fintech-Shootingstar, sondern eher der stille Riese, der den Zahlungsstrom unserer Zeit kanalisiert. Aber auch stille Riesen brauchen Wachstumsstorys. Und da stellt sich die Frage: Wie viel Musik steckt noch im Fiserv-Tank?
Geschäftsmodell: Infrastruktur fürs Geld von morgen
Fiserv ist ein Payment- und Fintech-Spezialist, der drei große Geschäftsfelder bedient: Merchant Acceptance, also Bezahllösungen für Händler, Financial Technology, also IT-Dienstleistungen für Banken und Kreditgenossenschaften, und Payments & Network, also Netzwerke für Überweisungen, Kartentransaktionen und Onlinebanking.
Der vielleicht sichtbarste Teil: die Marke Clover, ein modulares Kassensystem für kleine und mittelständische Händler, das Kartenzahlung, Inventarverwaltung und Reporting miteinander kombiniert. Auch wenn Clover noch nicht an die Dominanz von Square (Block) heranreicht, ist es eine wachsende Größe im Payment-Geschäft – mit steigenden Margen.
Gleichzeitig betreibt Fiserv so etwas wie die Blutbahnen des Bankensystems. Viele Institute setzen bei Kernbankensystemen, Datenverarbeitung oder Bill Payment auf die robusten Lösungen der Amerikaner. Fiserv ist damit kein modischer Trend, sondern ein verlässlicher Backbone – was im Jahr 2025 wertvoller sein kann, als mancher denkt.
Wettbewerb: Fintech von zwei Seiten in die Zange genommen
Fiserv bewegt sich in einem heiß umkämpften Feld. Auf der einen Seite drängen klassische IT-Dienstleister wie FIS und Jack Henry in die Bankeninfrastruktur. Auf der anderen Seite stehen junge Fintechs wie Square (Block), Stripe oder Adyen, die mit smarter Nutzeroberfläche und aggressiver Preispolitik punkten.
Doch Fiserv bringt etwas mit, das viele Herausforderer nicht haben: eine breite Kundenbasis, langjährige Verträge, tiefe Integration in die Abläufe von Banken und Händlern – kurz: Wechselkosten, die jede Kaufentscheidung zur Hochrechnung machen. Dazu kommt eine massive Vertriebsstruktur mit Präsenz in über 100 Ländern. Fiserv ist kein Start-up, das morgen pleitegeht. Es ist ein Dampfer – vielleicht nicht hyperagil, aber schwer zu stoppen.
Zahlen Q1 2025: Starkes Wachstum mit kleinen Kratzern
Die Fiserv-Aktie ist nach Vorlage der Zahlen für das erste Quartal 2025 deutlich abgestürzt, obwohl das Unternehmen sowohl beim Umsatz als auch beim Gewinn je Aktie die Erwartungen der Analysten übertreffen konnte. Konkret stieg der bereinigte Gewinn je Aktie um 14% auf 2,14 Dollar (Prognose: 2,09 Dollar), der Umsatz kletterte um 5% auf 5,13 Milliarden Dollar (Prognose: 4,84 Milliarden Dollar).
Warum also der kräftige Kurseinbruch? Ganz einfach: Obwohl die aktuellen Zahlen solide ausfielen, blicken Investoren zunehmend auf die künftigen Wachstumschancen. Die Börse bewertet nicht nur die Gegenwart, sondern vor allem die Dynamik der Zukunft – und hier haben die nachlassenden Zuwachsraten bei wichtigen Produkten wie Clover Zweifel geweckt. Hinzu kommt ein rückläufiger freier Cashflow (371 Mio. Dollar gegenüber 454 Mio. Dollar im Vorjahr), was die Skepsis zusätzlich verstärkte.
Kursrücksetzer als Einstiegsmöglichkeit?
Für das Gesamtjahr erwartet Fiserv ein organisches Umsatzwachstum von 10-12% und einen Gewinn je Aktie von 10,10–10,30 Dollar, was einem Plus von 15-17% entspricht. Das klingt alles andere als schlecht, liegt allerdings deutlich über dem Umsatzwachstum vom ersten Quartal. Die Anleger scheinen ihre Zweifel zu haben, ob die Wachstumsdynamik wirklich anzieht. Zumal weiterhin eine hoher Schuldenberg von 28 Milliarden Dollar in der Bilanz steht.
Es dürfte also spannend bleiben. Ob sich der Rücksetzer langfristig als interessante Einstiegsgelegenheit entpuppt, wird sich erst im Nachhinein herausstellen. Die Aktie auf die Beobachtungsliste zu setzen, dürfte aber in keinem Fall schaden.