Marktstart mit angezogener Handbremse
Die vergangene Woche hat an den Märkten tiefe Spuren hinterlassen – und an diesem Montag wirkt es, als müssten Anleger erst einmal tief durchatmen. Die Nervosität vom Freitag hängt noch in der Luft. Zum Wochenschluss starteten die US-Börsen mit einem regelrechten Mini-Schock: tiefe Verluste zum Handelsbeginn, ausgelöst durch Zweifel an der Bewertung der großen Tech-Werte und eine wachsende Skepsis, ob die Fed die Zinsen wirklich noch einmal senkt.
Im Tagesverlauf legte sich der Druck zwar – die Kauflaune blieb aber irgendwo im Spind hängen. Der Dow Jones verlor zum Schluss 0,65 % auf 47.147 Punkte und war der einzige große Index, der es nicht einmal kurzzeitig ins Plus schaffte.
Der S&P 500 gab sich mit –0,05 % abgeklärt, während der Nasdaq 100 sogar 0,06 % zulegen konnte, nachdem er morgens noch den tiefsten Stand seit Oktober markiert hatte. Dennoch: Der Tech-Index steckt bereits in der zweiten Wochenverlustserie.
Die Schockstarre über den beendeten US-Shutdown hat sich verflüchtigt, und nun rückt wieder das in den Mittelpunkt, was die Börse am meisten liebt – und fürchtet: Daten. Besonders der nachgereichte US-Arbeitsmarktbericht am Donnerstag könnte zum entscheidenden Wegweiser werden. Erste Anzeichen deuten auf ein schwächeres Bild hin, was die Zinsspekulationen noch komplizierter macht.
Auch der deutsche Leitindex spürt den globalen Gegenwind: Der DAX steckt im Schneckenhaus um die Marke von 24.000 Punkten fest. Vom Rekordhoch der vergangenen Wochen ist er spürbar abgekommen, hält sich aber noch über der 200-Tage-Linie. Viele Anleger hoffen, dass der traditionell starke November seinem Ruf doch noch gerecht wird.
Während die Wall Street im Zweifelmodus verharrt, zeigten die Börsen in Asien ein gemischtes Bild. Japan rutschte nach schwachen BIP-Zahlen um 0,6 % ab, während China unter diplomatischen Spannungen mit Tokio litt. Dafür glänzte Südkorea: Der KOSPI sprang um satte 1,7 %, angetrieben von starken Chipwerten und positiven Exportzahlen. Die Märkte warten nun gespannt auf die Nvidia-Zahlen zur Wochenmitte – ein globaler Stimmungstest für Tech.
Unternehmensnachrichten / Einzelaktien
Im Tech-Sektor gab es zum Wochenausklang ein kleines Kräftemessen: Nvidia, Microsoft und Tesla stemmten sich ins Plus, während Alphabet und Amazon spürbare Verluste bis zu 1,2 % einstecken mussten. Die Bewertungskritik bleibt ein treuer Begleiter der Branche.
Applied Materials lieferte eine echte Achterbahnfahrt: Erst deutlicher Absturz, dann ein Comeback mit +1,3 %. Anleger ignorierten die schwächeren Umsätze – das Versprechen einer Verbesserung ab 2026 reichte für Optimismus.
Walmart sorgte mit einem Chefwechsel für leichten Stirnrunzeln: Doug McMillon geht im Februar in den Ruhestand, John Furner übernimmt. Die Aktie reagierte kaum (–0,06 %) – Führungstransitionen sind die neuen Notwendigkeiten im Einzelhandel.
Merck & Co. gab minimal nach, will aber mit einer milliardenschweren Übernahme im Bereich antiviraler Medikamente neue Akzente setzen. Für Cidara Therapeutics wurde mehr als das Doppelte des vorherigen Kurses geboten – ein klassischer Pharma-Power-Move.
Der größte Schmerzpunkt des Tages: Stubhub. Der Ticketvermarkter rauschte 21 % in die Tiefe – erst im September feierte er sein Börsendebüt, nun droht die Geschichte vom Highflyer zum Reinfall. Die Analysten der Bank of America zeigten sich alles andere als überzeugt.
Auf der Sonnenseite: Warner Bros. Discovery mit +4 %. Wenn Paramount, Comcast und Netflix tatsächlich Übernahmeangebote vorbereiten, könnte ein neuer Medienkrimi der Extraklasse entstehen.
Doordash zeigte, wie schnell das Pendel umschlagen kann: +6 %, nachdem die Aktie zuvor auf den tiefsten Stand seit Mai gefallen war. Needham bescheinigte dem Kursrutsch deutliche Übertreibung – und der Markt hörte zu.
Politischer Einfluss & Makroausblick
Die Märkte hängen weiter an den Lippen der Fed – und aktuell klingt es eher nach einer vorsichtigen Ballade als nach einem Feuerwerk. Die Wahrscheinlichkeit einer weiteren Zinssenkung ist laut CME FedWatch auf unter 50 % gefallen. Mehrere Fed-Mitglieder äußerten sich zuletzt defensiv, während wichtige Daten wegen des Shutdowns verspätet veröffentlicht werden.
Mit dem Jobbericht am Donnerstag löst sich ein Teil des Nebels – und dieser Tag dürfte für die Marktstimmung zum Dreh- und Angelpunkt werden. Ein schwacher Bericht könnte die Zinssenkungshoffnungen wieder anheizen, ein robuster hingegen das Gegenteil bewirken.
International mischen geopolitische Spannungen zusätzlich mit: China hat vor Reisen nach Japan gewarnt, nachdem sich die Beziehungen wegen Taiwan weiter abgekühlt haben. Das belastet Tourismus- und Konsumwerte beider Länder und sorgt für zusätzliche Unsicherheit im asiatischen Handel.
In Deutschland bleibt die politische Großwetterlage ruhig – doch Europa insgesamt kommt aus den Schlagzeilen nicht heraus: Haushalts- und Energiepolitik bleiben Belastungsfaktoren, während die Hoffnung auf weltwirtschaftliche Stabilisierung zunimmt.