Höhenluft
Der DAX macht heute Morgen den Eindruck, als wolle er den Rekordgipfel nicht nur sehen – sondern auch erklimmen. Vorbörslich wird der Leitindex rund 0,3 % höher bei 23.430 Punkten erwartet. Damit fehlen ihm noch ganze 46 Pünktchen zum Rekordhoch.
Im Wochenvergleich steht damit ein Plus von fast 1,5 % auf dem Kurszettel – und das, obwohl das politische Umfeld eher einem Balanceakt auf dem Drahtseil gleicht.
An der Wall Street war die Stimmung ebenfalls freundlich, zumindest bis Donald Trump in bester „America First“-Manier eine Steuererhöhung für die Reichen ins Spiel brachte. Der Dow Jones stieg auf den höchsten Stand seit April, konnte aber nicht alles halten. Immerhin: Der Nasdaq 100 glänzte mit fast +1 % – dank AppLovin, Coinbase & Co.
Und Asien? Dort wittert man nach dem US-UK-Deal Morgenluft für die Weltwirtschaft. Japan jubelte, China zögerte, Südkorea meditierte. Man darf also gespannt sein, ob aus diplomatischen Anbahnungen bald belastbare Verträge werden.
Unternehmensnachrichten: Von sprudelnden Gewinnen und fliegenden Träumen
Krones hat ordentlich abgefüllt – nicht im wörtlichen Sinne, sondern mit Aufträgen und Umsätzen. Der Hersteller von Verpackungsanlagen steigerte seinen Umsatz um satte 13 %, das Ebitda legte sogar um 19 % zu. Besonders erfreulich: Die Auftragsbücher sind dick, der Maschinenpark läuft rund, und auch die Integration von Netstal zeigt Wirkung. Das Management bleibt optimistisch – und die Anleger könnten es heute ebenfalls werden.
Boeing hebt weiter ab – nicht nur mit Jets, sondern auch an der Börse. Ein 10-Milliarden-Dollar-Deal mit Großbritannien sowie ein fetter Auftrag von China Airlines treiben die Aktie auf den höchsten Stand seit Juli 2024. Mit über 9 % Plus im laufenden Jahr ist Boeing ein echter Überflieger im Dow.
AppLovin hingegen sorgte mit seinen Quartalszahlen für ein Kursfeuerwerk: Fast +12 %. Der Anbieter von App-Dienstleistungen punktet mit Wachstum und Ausblick. Weniger gut lief es bei Fortinet – die Aktie des IT-Sicherheitsanbieters stürzte um über 8 % ab.
Carvana lieferte ebenfalls gute Nachrichten. Der Online-Gebrauchtwagenhändler verdoppelte den Quartalsgewinn – Anleger belohnten das mit einem Kursplus von rund 10 %. Auch bei Coinbase ging’s steil bergauf – dank Bitcoin, der wieder über 100.000 Dollar notiert.
Pharmaaktien dagegen mussten Federn lassen. Trumps „Gesundheitsreform-Rhetorik reloaded“ setzte Merck, Eli Lilly und Amgen zu – Verluste zwischen 1,4 und 3,3 % inklusive.
Politik: Zwischen Charme-Offensive und Zollskepsis
Politisch wird derzeit viel telefoniert, verhandelt und – man staune – sogar höflich miteinander gesprochen. Das erste Gespräch zwischen Bundeskanzler Friedrich Merz und Donald Trump wurde als „positiv, entspannt und bemerkenswert höflich“ beschrieben.
Zudem wurde zwischen Washington und London ein erster Handelsdeal gefeiert – die Hoffnung: Was mit Großbritannien klappt, könnte auch mit der EU und China gelingen. Doch Vorsicht: Marktstratege Thomas Altmann warnt, dass ein Deal mit Brüssel und Peking deutlich schwieriger werde. Denn während Trump bei UK auf Sympathie und Handelsüberschuss trifft, dürfte das bei China – Stichwort: 145 % Strafzölle – ein harter Brocken werden.
Auch Trumps Vorschlag, die Spitzensteuer auf 39,6 % anzuheben, um sein Wirtschaftspaket zu finanzieren, dürfte für Diskussionen sorgen. Ob das den Reichen gefällt, ist fraglich – die Märkte reagierten jedenfalls mit einem kleinen Dämpfer auf diese Idee.
Fazit:
Der Freitag startet mit Rückenwind: Der DAX hat die 23.500er-Marke im Blick, Unternehmenszahlen überzeugen, und selbst in der Politik scheint man langsam den Gesprächsmodus zu finden. Bleibt nur die Frage: Wird heute der große Sprung aufs Allzeithoch gelingen – oder braucht es dafür doch noch ein bisschen mehr Zauber aus Washington oder Peking?