Hensoldt vollzieht Übernahme von ESG

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Auf dem Weg zur angestrebten Akquisition der ESG Elektroniksystem- und Logistik-GmbH ist der Hersteller von Rüstungselektronik Hensoldt in der vergangenen Woche einen großen Schritt vorangekommen.

Kaufpreis-Multiplikator von 14,3 ist nicht gerade günstig

Zum einen hat Hensoldt inzwischen bekanntgegeben, wie hoch der Kaufpreis von ESG ist: Nach eigenen Angaben wird ein Unternehmenswert von 675 Millionen Euro fällig. Hinzu kommen – in Abhängigkeit von der Entwicklung des Auftragseingangs – noch weitere maximal 55 Millionen Euro hinzu.

Der Kaufpreis von bis zu 730 Millionen Euro entspricht nach Angaben von Hensoldt dem 14-Fachen des für das kommende Jahr erwarteten operativen Ergebnisses (EBITDA) von ESG. Ein Multiplikator dieser Größenordnung ist nicht gerade günstig, aber noch akzeptabel.

„Zehnprozenter“ bringt 241 Millionen Euro ein

Zur Finanzierung der Übernahme will Hensoldt Fremdkapital von rund 450 Millionen Euro aufnehmen und eine Kapitalerhöhung von maximal 10 Prozent des Grundkapitals durchführen. Letztere wurde nur zwei Tage nach der endgültigen Vereinbarung des Zukaufs beim einem Aktienkurs von rund 24 Euro platziert. Innerhalb weniger Stunden konnten so 241 Millionen Euro frisches Kapital eingesammelt werden.

Nach jüngsten Verlautbarungen haben aber nicht alle Großaktionäre von Hensoldt an der Kapitalerhöhung mitgemacht. Der italienische Rüstungs- und Luftfahrtkonzern Leonardo (früher Finmeccanica) etwa, neben dem deutsche Staat mit einem Anteil von 25,1 Prozent der größte Einzelaktionär, hat bereits frühzeitig bekannt gegeben, sich nicht an der Kapitalerhöhung beteiligen zu wollen. Gründe hat Leonardo zwar nicht genannt, wohl aber bekräftigt, die Strategie von Hensoldt voll zu unterstützen.

Wenn der Großaktionär nicht mitzieht

Tun und Handeln, das sehen Sie hier einmal mehr ganz deutlich, sind eben nicht immer das Gleiche. Mit der Folge, dass Leonardo die Sperrminorität verloren hat. Denn durch die Nicht-Teilnahme an der Kapitalerhöhung verwässert sich deren Anteil auf knapp 23 Prozent und damit unter die magische 25-Prozent-Schwelle. Was wiederum die Analysten von J.P. Morgan veranlasste, zu behaupten, dass Leonardo womöglich nicht langfristig an dieser Beteiligung festhalten will.

Sich also auch von ihrem übrigen Aktienbesitz trennen will. Das wiederum wäre für die Hensoldt-Aktie gar nicht so schlecht, weil aufgrund des dann höheren Streubesitzes die Liquidität an den Kapitalmärkten steigen würde.

Beide Unternehmen passen gut zusammen

Trotz des hohen Kaufpreises könnte die Übernahme für Leonardo ein guter Coup sein, schließlich passt ESG hervorragend zur Strategie von Hensoldt und beschleunigt dessen Entwicklung „als Lösungsanbieter für Verteidigung und Sicherheit“, so der Vorstandsvorsitzende von Hensoldt in einer Stellungnahme. Wenn man sich die Geschäftsmodelle ansieht, dürfte diese Einschätzung korrekt sein: Denn ESG mit Sitz in Fürstenfeldbruck bei München entwickelt und betreibt Elektronik- und IT-Systeme für Sicherheit und Verteidigung. Hensoldt, das in Taufkirchen bei München angesiedelt ist, entwickelt auf diesen Gebieten Sensorlösungen.

Aktie fair bewertet

Bezogen auf die Bewertung macht die Hensoldt-Aktie mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 14, basierend auf den Gewinnschätzungen des Jahres 2024, im Vergleich zu anderen deutschen Rüstungskonzernen wie etwa Rheinmetall (16) oder MTU Aero Engines (16) einen etwas günstigeren Eindruck. Dem stehen jedoch auch höhere Risiken gegenüber, denn Akquisitionen entfalten ihre Probleme erst hinterher. In Summe erscheint Hensoldt-Aktie auf dem aktuellen Kursniveau also fair bewertet.