Getränkeindustrie unter Druck: Lohnt sich der Einstieg?

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Vielleicht greifen auch Sie seltener zur Limonade oder zum Feierabendbier – weil die Preise steigen oder das Bewusstsein für gesündere Alternativen wächst.

Damit stehen Sie nicht allein. Die globale Getränkeindustrie befindet sich im Wandel, und genau das sollten Sie als langfristig orientierter Anleger aufmerksam verfolgen.

Handelskonflikte belasten Margen – und Aktienkurse

Internationale Hersteller geraten durch neue Handelsbarrieren zunehmend unter Druck. Die von den USA angekündigten Strafzölle haben Gegenzölle der EU zur Folge – betroffen sind unter anderem Spirituosen und Dosenbier. Unternehmen wie Diageo oder Heineken spüren die Auswirkungen deutlich. Diageo etwa kalkuliert mit einem jährlichen Gewinnrückgang von rund 150 Mio. $, ausgelöst durch die neuen US-Zölle. Bei Campari ging der organische Umsatz zuletzt zurück – vor allem wegen rückläufiger Bestellungen aus Nordamerika.

Auch PepsiCo kämpft mit schwierigen Rahmenbedingungen. Höhere Lieferkosten und geopolitische Unsicherheiten belasten die Margen. Als Reaktion werden umfangreiche Sparmaßnahmen eingeleitet. Diageo kündigte Einschnitte im Volumen von 500 Mio. $ an. Ob das reicht, wird maßgeblich vom weiteren Verlauf der globalen Handelspolitik abhängen.

Inflation schwächt Nachfrage – Premiumanbieter verlieren an Boden

Neben dem geopolitischen Umfeld macht der Branche die anhaltend hohe Inflation zu schaffen. In den USA und Europa bleibt die Teuerung ein Belastungsfaktor für die Kaufkraft. Viele Anbieter haben in den vergangenen Jahren ihre Preise deutlich erhöht – doch das stößt nun an Grenzen.

PepsiCo verzeichnete in Nordamerika ein Absatzminus, da viele Verbraucher empfindlich auf weitere Preisanhebungen reagieren. Heineken meldete zuletzt ein Rückgang der Verkaufsmenge um 2,1%. Besonders im Premiumsegment wenden sich Kunden zunehmend günstigeren Alternativen zu. Das trifft Marken mit hoher Preissetzungsmacht besonders hart.

Gleichzeitig steigen die Produktionskosten weiter – etwa durch teureres Aluminium für Getränkedosen. Zwar gelingt es einzelnen Unternehmen wie Monster Beverage, die Bruttomarge durch gezielte Preispolitik zu stabilisieren. Doch in der Breite bleibt der Kostendruck hoch. Eine spürbare Entlastung ist erst bei nachlassender Inflation zu erwarten.

Gesündere Produkte im Trend – aber (noch) kein Gamechanger

Trotz der Herausforderungen richtet sich die Branche strategisch neu aus. Gefragt sind heute Produkte mit weniger Zucker und geringerem Alkoholgehalt. Das Segment der No- und Low-Alcohol-Getränke wächst dynamisch – mit prognostizierten Volumenzuwächsen von rund 7% pro Jahr bis 2028. Diageo bringt alkoholfreie Varianten bekannter Marken auf den Markt, Heineken erzielt mit seinem 0,0-Bier wachsende Umsätze.

Auch bei Softdrinks ist die Entwicklung deutlich: Zuckerfreie Varianten gewinnen Marktanteile. Coca-Cola fokussiert sich zunehmend auf Premium- und Gesundheitsprodukte – unter anderem durch die Übernahmen von Fairlife (Protein-Milch) und Topo Chico (Mineralwasser). Auf diese Weise lassen sich rückläufige Absätze bei klassischen Limonaden zumindest teilweise ausgleichen.

Für Value-Anleger stellt sich die Frage: Handelt es sich bei diesen Trends um vorübergehende Anpassungen – oder um strukturelle Veränderungen, die neue Gewinner hervorbringen?

Fazit: Spannende Impulse – aber (noch) kein idealer Einstiegszeitpunkt

Die Getränkeindustrie zeigt klare Ansätze für eine Neupositionierung, reagiert mit Kostendisziplin und investiert in wachsende Nischen. Doch zugleich bleiben fundamentale Unsicherheiten bestehen – Handelskonflikte, hohe Inflation und ein verändertes Konsumverhalten setzen die etablierten Anbieter unter Druck.

Aktuell erscheint das Chance-Risiko-Verhältnis für langfristig orientierte Anleger wenig attraktiv. Für neue Positionen ist Geduld gefragt. Wer strategisch denkt, behält die Branche aber im Blick. Denn gesundheitsbewusster Konsum und der Wunsch nach mehr Nachhaltigkeit könnten mittelfristig neue Marktführer hervorbringen.