Für Schnäppchenjäger: Beim Ordern ist die Tageszeit wichtig

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Gehören Sie zu den „Lerchen“? Oder zu den „Eulen“? Diese Bezeichnungen sind in der Chronobiologie gang und gäbe, die sich damit befasst, wann die Menschen biologisch bedingt am aktivsten und leistungsfähigsten sind.

„Lerchen“ sind Morgenmenschen und Frühaufsteher; „Eulen“ hingegen Abend- und Nachtmenschen, denen das Aufstehen am frühen Morgen schwerfällt. Diese beiden Chronotypen markieren die Extreme; die meisten Menschen liegen irgendwo dazwischen. Ich selbst bin tendenziell eher eine „Eule“.

Allen Chronotypen, auch den extremen, machen verschiedenste Börsenplätze inzwischen ein unwiderstehliches Angebot: Wer mag, kann schon ab 7:30 Uhr Orders aufgeben, weit vor Eröffnung der wichtigsten europäischen Börsen. Abends ist eine Orderaufgabe bis 22:00 Uhr, ja sogar 23:00 Uhr möglich. Das ist doch wunderbar, wenn man noch nicht einschlafen kann, denkt da mancher. Ich rate Ihnen aber zur Vorsicht!

Es droht ein schlechter Kurs

Als Anleger möchten Sie bei der Orderaufgabe möglichst enge Spreads haben. Der Spread ist die Geld-Brief-Spanne, der Unterschied zwischen Geld- und Briefkurs oder, auf Englisch, Bid und Ask. Der Geldkurs (Bid) ist der Kurs, zu dem Sie ein Wertpapier verkaufen können. Er ist niedriger als der Briefkurs (Ask), zu dem Sie das Wertpapier zum selben Zeitpunkt kaufen können.

Klar ist: Sie möchten ein Wertpapier möglichst teuer verkaufen, aber möglichst billig kaufen. Deshalb lohnt sich der Blick auf den Spread. Je enger, desto besser. Und siehe da: Es ist nicht egal, zu welcher Tageszeit Sie Ihre Order aufgeben. Ganz schlecht ist der frühe Morgen oder der späte Abend.

Deutsche Börse hat ETF-Daten ausgewertet

Die Deutsche Börse AG, unter anderem Betreiber der größten deutschen Börse Xetra, wertet laufend aus, wann die Spreads bei ETFs (Exchange Traded Funds) im Tagesverlauf am höchsten und am geringsten sind. Da gibt es klare Unterschiede, und diese sind abhängig davon, wie liquide der Handel mit einem Wertpapier zu verschiedenen Uhrzeiten läuft, also wie hoch die jeweils ge- und verkauften Stückzahlen sind.

Analysen zur Liquidität zeigen: Im Zeitraum zwischen 11:30 und 14:00 Uhr ist der durchschnittliche Spread der auf Xetra handelbaren ETFs besonders niedrig. Auch am späten Nachmittag lassen sich häufig enge Spreads beobachten. Diese Muster sind erfahrungsgemäß recht stabil.

Warum bei hoher Liquidität die Spreads eng sind

Ein liquider Handel verringert das Risiko für den Market Maker oder Designated Sponsor. Das sind Personen, die auch im elektronischen Börsenhandel einspringen, falls eine Kauforder nicht sofort auf eine passende Gegenorder trifft. (Designated Sponsors nennen sich diejenigen, die speziell auf Xetra für ETFs zuständig sind.)

Fehlt die passende Gegenorder, nimmt der Market Maker oder Designated Sponsor das Geschäft erst einmal auf seine Kappe und kauft den angebotenen ETF bzw. verkauft einen, wenn eine Kauforder eintrudelt. Damit aber riskiert er, einen von ihm gekauften ETF später nicht mehr zu dem Preis losschlagen zu können, zu dem er ihn gekauft hat. Umgekehrt kann er bei einem illiquiden Markt nicht sicher sein, ob er ein günstig verkauftes Papier später wieder ähnlich günstig beschaffen kann.

Um eigene Verluste zu vermeiden, baut er einen Puffer ein, den Spread. Was daraus folgt, liegt auf der Hand: Dieser Spread ist umso höher, je weniger ein ETF gehandelt wird. Bei Aktien gilt das übrigens in ganz ähnlicher Weise.

Warum die Spreads mittags und spätnachmittags niedrig sind

Die vergleichsweise niedrigen Spreads zur Mittagszeit hängen vor allem damit zusammen, dass in diesem Zeitraum nur wenige kursrelevante Nachrichten veröffentlicht werden. Für Market Maker bedeutet das: Die Unsicherheit bei der Preisbildung ist dann gering. Das macht sich in engeren Spreads bemerkbar.

Anders verhält es sich rund um die europäische Börseneröffnung ab 9:00 Uhr und ab etwa 14:00 Uhr. In diesen Zeitfenstern steigt die Unsicherheit am Markt, etwa durch die Veröffentlichung wichtiger Konjunkturdaten oder durch den bevorstehenden Börsenstart der New York Stock Exchange um 15:30 Uhr. Diese erhöhte Unsicherheit führt beim Market Maker häufig zu einem Sicherheitsaufschlag – also zu breiteren Spreads. Sobald der US-Markt geöffnet ist, beeinflusst er auch die Kursstellung von US- oder global ausgerichteten ETFs, wenn auch mit leichter zeitlicher Verzögerung.

Mein Rat: Ordern Sie ETFs und auch Aktien nicht frühmorgens oder spätabends, sondern um die Mittagszeit (europäische Werte) und am späteren Nachmittag (US-amerikanische Aktien sowie US- und globale ETFs). Dann erhalten Sie erfahrungsgemäß gute Kurse sowohl beim Kauf als auch beim Verkauf.