Evotec – Hackerangriff hinterlässt tiefe Ertragsspuren

Inhaltsverzeichnis

Das  Pharmaunternehmen Evotec hat bewegte Zeiten hinter sich: Ein Hackerangriff hat den Hamburger Wirkstoffforscher viel Geld und Renommee gekostet. Trotzdem konnte der Halbjahresumsatz gesteigert werden.

Erst Ausschluss dann Rückkehr in den MDAX

Auf insgesamt 39,3 Millionen Euro hat Evotec im Bericht über das erste Halbjahr 2023 die direkten Kosten der Cyberattacke von Anfang April beziffert. Damals musste das Unternehmen wochenlang alle mit externen Quellen verbundenen Systeme abschalten. Die „Integrität der wissenschaftlichen Daten“ seien durch den Angriff jedoch nicht beeinträchtigt worden, versicherte Evotec damals. Dennoch dauerte es lange, bis Forschung und Produktion wieder normal liefen. Ende Juni lag die Kapazitätsauslastung erst bei gut 80%. Die Rückstände sollen aber in der zweiten Jahreshälfte weitgehend aufgeholt werden.

Betroffen von dem Cyberangriff war auch die Rechnungslegung. Evotec musste den testierten Geschäftsbericht für 2022 über den erlaubten Zeitraum hinaus verschieben. Die Aktie musste deshalb zeitweise den MDAX verlassen, ist inzwischen aber wieder in den Index zurückgekehrt.

Gewinnwarnung vor einem Monat

Die Geschäftsführung unter Konzernchef Werner Lanthaler hatte bereits vor gut einem Monat mit einer Gewinnwarnung die ungefähren Auswirkungen der Attacke auf die Ergebnisse des ersten Halbjahrs beziffert. Die endgültige Halbjahresbilanz war deshalb keine große Überraschung mehr. Die Konzernerlöse kletterten trotz der zeitweisen Ausfälle um 14% auf 383,8 Millionen Euro. Im zweiten Vierteljahr, in dem die Aufwendungen verbucht wurden,  fielen sie jedoch leicht zurück, von 172,2 Millionen Euro auf 170,3 Millionen Euro.

Die Umsatzeinbußen betrafen vor allem den größeren der zwei Geschäftsbereiche  „EVT Execute“. Das kleinere Segment „ETV Innovate“ konnte dagegen den Umsatz im Halbjahr um stolze 66% auf 129,7 Millionen Euro hochschrauben.

Dass die Erlöse trotz der enormen Belastungen noch ein deutliches Wachstum aufwiesen, war vor allem der zunehmenden Zahl an Partnerschaften mit Pharmakonzernen zu verdanken. Die  Lizenzeinnahmen, Meilenstein-Zahlungen und Umsatzbeteiligungen aus der Zusammenarbeit mit Bristol Myers Squibb, Janssen, Bayer, der Novartis-Tochter Sandoz und weiteren Unternehmen kompensierten teilweise die Ausfälle infolge des Cyberangriffs.

Beim bereinigten operativen Konzernertrag vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) musste Evotec einen kräftigen Rückgang von 33,6 Millionen Euro auf 26,1 Millionen Euro hinnehmen. Das Ergebnis nach Steuern betrug minus 28,8 Millionen Euro nach minus 100,2 Millionen Euro. Die Verbesserung resultierte größtenteils aus einer Neubewertung von  Eigenkapitalinstrumenten, die 2022 ein dickes Minus und 2023 ein deutliches Plus erzielten.  Entsprechend kletterte das Ergebnis je Aktie von minus 0,57 Euro auf minus 0,16 Euro.

Umsatz soll mittelfristig die Milliardenhürde Überspringen

Für das Gesamtjahr 2023 strebt Evotec nach der Gewinnwarnung nun einen Umsatz von 750 Millionen Euro bis 790 Millionen Euro an. 2022 waren 751 Millionen Euro erzielt worden. Das bereinigte Konzern-EBITDA soll zwischen 60 Millionen Euro und 80 Millionen Euro betragen, nach 70 Millionen Euro 2022. Mittelfristig behält das Management seine ehrgeizigen Ziele bei. Der Umsatz soll auf über eine Milliarde Euro zulegen und das bereinigte EBITDA auf mindestens 300 Millionen Euro klettern.

Die Evotec-Aktie bewegte sich nach den Zahlen und dem Ausblick im Vormittagshandel kaum. Der Kurs verharrte in der Zone 20,60 bis 20,80 Euro. Das ist deutlich über dem Jahrestief von knapp 15 Euro, aber auch weit unter dem Zwölfmonatshoch von rund 24,50 Euro.