Nestlé: Aus der Not eine Tugend machen?

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Eigentlich entwickelt wurde die Spritze für die Behandlung von Diabetes-Typ-2-Patienten. Doch Wegovy macht vielmehr Schlagzeilen als „Abnehmspritze“. Das Lifestyle-Medikament des dänischen Herstellers Novo Nordisk wird in Deutschland (noch) nicht von den Krankenkassen übernommen, verspricht aber einen Durchbruch in der Adipositas-Bekämpfung.

In den USA boomt das Medikament. Generell gelten die Amerikaner als offener gegenüber Nahrungsergänzungsmitteln und Pillen jedweder Art, und auch eine regelmäßige Injektion scheint Abnehmwillige nicht abzuschrecken – ganz im Gegenteil.

Nestlé schlägt zurück – mit Spezialfood

Ein Problem fürchteten wegen des Erfolgs von Wegovy unter anderem Lebensmittelkonzerne wie etwa das Schweizer Unternehmen Nestlé. Doch nun hat Nestlé angekündigt, aus der Not eine Tugend zu machen – und eine neue Produktreihe auf den Markt zu bringen, die explizit damit beworben werden soll, die Ernährungsumstellung unter Behandlung mit dem Wirkstoff GLP-1 zu unterstützen.

Schon jetzt vermarktet Nestlé entsprechende Shakes und Nahrungsergänzungsmittel. Künftig sollen aber klassische Produkte wie Pizza und Pasta hinzukommen – angereichert mit Nährstoffen, die den Spritzenjüngern möglicherweise fehlen. Wegen der appetitzügelnden Wirkung von Abnehmspritzen wie Wegovy müssen die Patienten verstärkt darauf achten, ihren täglichen Nährstoffbedarf zu decken – andernfalls droht ein unerwünschter Verlust von Muskelmasse.

Sinnvolle Nahrungsergänzung oder billiger Marketing-Hype?

Für die speziellen Diät-Produkte von Nestlé sollen die Kunden dann natürlich auch etwas tiefer in die Tasche greifen als für die herkömmliche Tiefkühlpizza daneben. Angepeilt wird in den USA ein Verkaufspreis von 4,99 Dollar je Pizza, die Markteinführung ist für Oktober geplant.

Fraglich ist, inwieweit sich die Produkte werden behaupten können auf einem Markt, der bereits seit Jahren geflutet wird mit etlichen Diätriegeln, Proteinshakes und sonstigen Spezialangeboten. Doch sollte sich tatsächlich ein ergänzender Mehrwert aus den speziell für GLP-1-Ernährung konzipierten Lebensmitteln ergeben, könnte sich das für Nestlé zur wahren Goldgrube auswachsen.

Aus Sicht des Konzerns und seiner Investoren wäre das ein Lichtblick – immerhin fürchteten nicht wenige Beobachter um das grundlegende Erfolgskonzept von Nestlé und seinen Mitstreitern angesichts der Erfolge der appetitzügelnden und länger sättigenden Abnehmspritze.

Aktien im Vergleich: Investoren bevorzugen Pharmafirmen

Neben Wegovy sind inzwischen weitere Produkte mit demselben Wirkstoff auf dem Markt, unter anderem mischt Eli Lilly mit Mounjaro mit und macht Novo Nordisk Konkurrenz. Für die Dänen hat sich der Erfolg der Spritze längst auch im Aktienkurs niedergeschlagen: Auf Jahressicht liegt der Kurs mehr als 50 Prozent im Plus. US-Rivale Eli Lilly verbucht im gleichen Zeitraum sogar ein Kursplus von satten 80 Prozent. Für Nestlé hingegen ging es steil bergab, die Aktie verlor in den vergangenen 12 Monaten fast 17 Prozent.

Sollten sich beispielsweise deutsche Krankenkassen dazu entschließen, eine Adipositastherapie basierend auf Wegovy oder vergleichbaren Mitteln zu bezuschussen oder gar komplett zu finanzieren, dürfte dies den Aktien der entsprechenden Pharmaunternehmen noch einmal weiteren Schub geben. Nicht wenige Experten gehen davon aus, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis die Krankenkassen einlenken – denn die Fettleibigkeit greift um sich und die Folgeerkrankungen und daraus entstehenden Kostenbelastungen sind bereits jetzt immens.