H&M gibt Russlandgeschäft vollständig auf

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Vor dem endgültigen Abschied noch schnell eine finale Comeback-Tour: Was so mancher Rockmusiker vor dem Ruhestand praktiziert, plant nun offenbar auch die schwedische Modekette H&M in Russland – zumindest so ähnlich.

Schwedischer Modekonzern zieht sich aus Russland zurück

Im März und damit wenige Tage nach Beginn des russischen Einmarschs in die Ukraine hat das Unternehmen seine Filialen in Russland geschlossen und den Verkauf dort „bis auf Weiteres“ eingestellt. Damit war und ist H&M in guter Gesellschaft: Zahlreiche europäische, US-amerikanische oder kanadische Unternehmen haben sich seit Ende Februar aus Russland zurückgezogen oder ihre Geschäfte dort auf ein Minimum reduziert.

H&M sieht nun den Schritt gekommen für einen endgültigen Rückzug aus Russland. Das dortige Geschäft soll komplett abgewickelt werden. Zu ungewiss ist, ob oder wann mit einer Rückkehr zu früherer Normalität gerechnet werden kann. Vieles deutet darauf hin, dass es sich eher um eine längerfristige geopolitische Verschiebung handeln dürfte, westliche Wirtschaftssanktionen inklusive.

H&M öffnet Russlandfilialen kurzzeitig als Resterampe

Bevor H&M nun aber Russland komplett den Rücken kehrt, will man offenbar noch Restbestände verkaufen. Dazu sollen Filialen noch einmal kurzzeitig und befristet wiedereröffnet werden. Details dazu, wie viele Standorte noch einmal die Türen für russische Kunden öffnen, gab das schwedische Unternehmen vorerst nicht bekannt.

Die Aufgabe des Russlandgeschäfts wird nach Angaben des Modehändlers mit rund 2 Milliarden schwedischen Kronen zu Buche schlagen und als Einmaleffekt in die Q3-Bilanz einfließen. Anleger reagierten positiv auf das Ende mit Schrecken: Die H&M Aktie legte zum Wochenauftakt knapp 6 Prozent zu.

H&M Aktie im Plus

Nach der Meldung über den vollständigen Rückzug aus Russland aktualisierte die US-Großbank JP Morgan ihre Einschätzung zur H&M Aktie, beließ die Einstufung aber auf „neutral“ und bestätigte das Kursziel unverändert bei 145 schwedischen Kronen. Auch die Schweizer Großbank UBS nahm am Montag eine Anpassung vor – und stufte die Aktie des Modekonzerns von „buy“ auf „neutral“ herab. Zugleich senkte die UBS das Kursziel von 200 auf 125 schwedische Kronen. Zuletzt war das Papier für knapp 130 schwedische Kronen oder 12,50 Euro zu haben.

Unterdessen hat Russlands Präsident Wladimir Putin die weitreichenden Auswirkungen der westlichen Wirtschaftssanktionen eingeräumt. Wörtlich sprach Putin Medienberichten zufolge von einer „kolossalen Menge an Schwierigkeiten“, vor denen die russische Wirtschaft nun stehe. Auf der Suche nach neuen Partnern orientiert sich der Kreml zunehmend in Richtung Südostasien. Vor allem chinesische und indische Konzerne sollen offenbar den massenhaften Weggang westlicher Marken kompensieren.

Zahlreiche Unternehmen geben Russlandgeschäft auf

Neben H&M hat sich auch Schwedens Möbelriese Ikea vorübergehend aus dem Russlandgeschäft verabschiedet. Einen kompletten Rückzug planen unter anderem die deutsche Baumarkt-Kette Obi, der Industriekonzern Siemens, der Konsumgüterhersteller Henkel oder auch der Sportartikelriese Nike.

Die Liste der Unternehmen, die zumindest vorübergehend ihr Russlandgeschäft seit dem Frühjahr auf Eis gelegt haben, ist lang und umfasst nahezu sämtliche Branchen. Ob, wann und wie umfangreich eine Rückkehr an den russischen Markt jedoch realistisch ist, ist bislang völlig unklar. Gut möglich also, dass weitere Unternehmen dem Beispiel von H&M folgen und sich vollständig aus Russland zurückziehen.