Erholung in Sicht – Hoffnung treibt Kurse
Der Mittwoch beginnt mit einem freundlichen Bild an den Märkten: Der Dax wird rund 0,7 % höher bei 23.635 Punkten erwartet – und damit über der psychologisch und charttechnisch wichtigen 200-Tage-Linie, die erst letzte Woche kurzzeitig unterschritten wurde. Eine kleine charttechnische Wiedergutmachung also.
Haupttreiber: Hoffnung. Hoffnung auf ein Ende des Kriegs in der Ukraine – ein Thema, das Anleger monatelang eher resigniert zur Seite gelegt hatten, trägt plötzlich spürbar.
„Viele, die zuletzt vergeblich nach Kaufargumenten gesucht haben, finden sie jetzt“, kommentiert Portfoliomanager Thomas Altmann, und tatsächlich: Die Märkte schalten erstaunlich schnell auf Optimismus. Spannend dabei: Auf der Wettplattform Polymarket liegt die Chance eines Waffenstillstands in diesem Jahr gerade einmal bei 16 %. Die Börse bewertet Zukunft eben oft anders als Wahrscheinlichkeitsrechner.
In den USA standen die Zeichen ebenfalls auf Erholung:
- Dow +1,43 %,
- S&P 500 +0,91 %,
- Nasdaq 100 +0,58 %.
Der Start war wacklig, aber schwächere Konjunkturdaten lieferten neues Futter für Zinssenkungsfantasien. Die amerikanischen Konsumenten zeigen sich laut Conference Board zunehmend verunsichert – kein Wunder nach einem historischen 43-Tage-Shutdown der US-Regierung.
Auch in Asien wurden die positiven Impulse dankbar aufgenommen. Fast überall ging es freundlich nach oben, besonders technologiegetriebene Indizes wie Nikkei 225 und Kospi, die jeweils um etwa 2 % anzogen. Der über allem schwebende große Faktor: Die Märkte preisen inzwischen eine über 82 % Wahrscheinlichkeit ein, dass die US-Notenbank im Dezember tatsächlich die erste Zinssenkung seit 2020 wagt. Eine rasche Trendwende – immerhin lag diese Wahrscheinlichkeit vor einer Woche noch bei 43 %.
Etwas aus der Reihe tanzte nur der Hang Seng in Hongkong – dazu gleich mehr.
Unternehmensnachrichten / Einzelaktien: KI, Chips, Comebacks und Abstürze
Die Tech-Welt bleibt in voller Bewegung und eröffnet die Woche mit frischem Drama:
Alphabet, Meta & Nvidia – ein KI-Dreieck der Macht
Laut einem Bericht des Techportals The Information könnte Meta ab 2027 Milliarden in die KI-Chips von Alphabetinvestieren. Die sogenannten TPUs würden damit zu einer echten Alternative zu den KI-Beschleunigern von Nvidia, die derzeit an Kapazitätsgrenzen stoßen.
Die Folgen ließen nicht lange auf sich warten:
- Alphabet +1,5 %, neue Rekorde, Marktkapitalisierung nähert sich der 4-Billionen-Dollar-Marke.
- Broadcom +2 %, als Technologiepartner gleich mitgezogen.
- Meta +3,8 % – Rückenwind durch die Aussicht auf eigene Rechenzentrums-Power.
- Nvidia –2,8 %, klarer Tagesverlierer im Dow.
- AMD –4 %, Schlusslicht im Nasdaq 100.
Dazu passend: In Japan stürzte Nvidia-Zulieferer Ibiden nach einer Herabstufung um über 5 % ab, während der Chipkomponentenhersteller Murata im Gegenzug aufgestuft wurde.
Zoom und Kohl’s überraschen
Zwei sehr unterschiedliche Comebacks:
- Zoom +10 %, dank eines überzeugenden dritten Quartals. Offenbar ist Videokonferenzsoftware weit davon entfernt, ein reines Pandemie-Relikt zu sein.
- Kohl’s +42,5 %, ein echter Kursexpress. Der US-Einzelhändler hob erneut seine Jahresziele an und überzeugte mit starken Umsätzen.
Merck & Co – der Pharmaliebling
An der Dow-Spitze glänzte Merck & Co mit über 5 % Plus, getragen von positiven Analystenkommentaren. Pharma bleibt in volatilen Marktphasen eben „der ruhende Pol“ für viele Anleger.
Asien: Softbank brummt, Alibaba bremst
In Japan sorgte besonders SoftBank Group für Aufsehen: +6,3 % nach zwei rabenschwarzen Tagen. Die Sorgen um die Abhängigkeit von OpenAI hatten die Aktie zuvor zweistellig gedrückt.
In Hongkong hingegen enttäuschte Alibaba mit gemischten Zahlen: Zwar Umsatz und Gewinn besser als erwartet, aber die Margen schmelzen. Ergebnis: –1,5 %.
Dafür legte Konkurrent Meituan +6 % kräftig zu.
Politischer Einfluss: Zwischen Kriegsende-Hoffnung und Inflationsfurcht
Ukraine-Krieg: Das Damoklesschwert wird leichter
Die aktuelle Marktstimmung speist sich stark aus der Hoffnung auf diplomatische Fortschritte im Ukraine-Konflikt. Auch ein Telefonat zwischen US-Präsident Trump und Chinas Präsident Xi Jinping sorgt für Fantasie über eine mögliche Entspannung der geopolitischen Großwetterlage.
US-Politik – Auswirkungen des Rekord-Shutdown
Der jüngste 43-Tage-Stillstand von US-Behörden zeigt spürbare Nachwirkungen: Verunsicherte US-Konsumenten, schwächere Einzelhandelsdaten – Ironie der Geschichte: Gerade diese Schwäche erhöht nun die Chance auf baldige Zinssenkungen.
Inflation in Australien – Überraschend heiß
Überraschend hohe 3,8 % Inflation im Oktober bremsen dort die Zinssenkungsfantasien. Analysten sehen teilweise erst 2026 wieder Entspannung bei der RBA. Ein Gegenpol zur globalen Hoffnungslage.
China: Alles andere als Stabilität
Einerseits diplomatischer Streit mit Japan, andererseits neue Sorgen um den Immobiliensektor – besonders China Vanke, dessen Anleihen zuletzt massiv abgestoßen wurden. Kein Umfeld, das Anlegern Lust auf mutige China-Wetten macht.
Also erfreuen wir uns an den Entwicklungen hierzulande und hoffen jetzt auf eine einsetzende Jahresendrallye. Die Weichen dafür sind offensichtlich bereits gestellt.