Boeings nächste Baustelle heißt 777

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Boeing kommt nicht auf die Beine: Kurz nachdem der Unglücksflieger 737-Max nach fast zwei Jahren Zwangspause wieder abheben darf, fällt mit der 777 nun die nächste Maschine in der Luft auseinander.

Genauer gesagt: Triebwerke explodieren, mitten im Flug. Das hat vor wenigen Tagen bei einem United Airlines Flug dazu geführt, dass bei Denver im US-Bundesstaat Colorado Triebwerkstrümmer auf ein Wohngebiet gestürzt sind. Bereits in der Vergangenheit hatte es zwei ähnliche Vorfälle gegeben, 2018 bei einem Flug der United Airlines nach Honolulu und gerade erst im Dezember 2020 bei einer Maschine der Japan Airlines während eines Flugs nach Tokio.

777 vorerst am Boden

In allen drei Fällen explodierte eines der beiden Triebwerke des Herstellers Pratt & Whitney an der Tragfläche einer Boeing 777. Zwar konnten alle drei Maschinen notlanden, die Zwischenfälle gingen glimpflich aus. Doch darauf will und sollte man sich nicht verlassen, das weiß nach dem Desaster um die zweifach abgestürzte 737-Max wohl niemand besser als Boeing selbst.

Der US-Flugzeugbauer war es dann auch, der alle Airlines, die Jets des Typs unterhalten, bereits am Sonntag dazu aufrief, die Maschinen vorläufig am Boden zu lassen. Kurze Zeit später zog die US-Luftaufsichtsbehörde FAA nach und ordnete eine gründliche Inspektion aller Flugzeuge der Reihe 777-200 an, wobei schwerpunktmäßig eine Wärmebilduntersuchung an den Triebwerken vorgenommen werden soll. Vorläufig dürfen die betroffenen Maschinen in den USA und Japan nicht mehr fliegen.

Auch Probleme bei 747?

Die Ermittler vermuten Materialermüdung als Unglücksursache. Nach mehr als 20 Jahren im Dienst treten entsprechende Probleme selbst bei gut gewarteten Maschinen teils unbemerkt auf. Das Phänomen ist nicht neu und keineswegs auf Flugzeuge von Boeing begrenzt, doch nach dem herben Imageverlust und den immensen Kosten, die das weltweite Grounding der 737-Max für Boeing mit sich gebracht hat, kann der US-Hersteller diese Schlagzeilen gerade gar nicht gebrauchen.

Mit etwas Pech kommt es sogar noch schlimmer. Am selben Tag, als in einem Vorort von Denver Flugzeugteile vom Himmel regneten, ereignete sich im niederländischen Maastricht ein ganz ähnlicher Vorfall. Auch hier fielen einzelne Trümmerteile zu Boden, sie stammten von einer gerade gestarteten Frachtmaschine, Flugzeugtyp: Boeing 747-400, ausgestattet mit 4 Triebwerken. Eines davon ging in Flammen auf. Auch dieser Zwischenfall wird nun gründlich untersucht, bislang gibt es keine Hinweise auf einen Zusammenhang mit den Vorkommnissen rund um die 777.

Kinderkrankheiten einerseits, Verschleißerscheinungen andererseits

In der Geschichte der Luftfahrt ist es schon häufiger vorgekommen, dass ältere Maschinen wegen Materialermüdung Probleme bekamen, während neue Jets zum Teil versteckte Risiken bergen, die erst durch Zwischenfälle und deren Aufklärung aufgedeckt und behoben werden können.

Dass sich die Schlagzeilen nun aber in so kurzer Zeit häufen und sich aktuell weit überwiegend auf Maschinen von Boeing beziehen, die zudem massenweise rund um den Globus im Einsatz sind, könnte zu einem nachhaltigen Vertrauensverlust führen, bei Passagieren wie Airlines.

Letztere haben sowieso einen Teil ihrer Bestellungen auf Eis gelegt angesichts der Unwägbarkeiten der Corona-Pandemie, deretwegen weitaus weniger Flugbewegungen stattfinden als zuvor. Reisebeschränkungen und Grenzschließungen belasten die Tourismus- und Luftfahrtbranche extrem, selbst die Lufthansa musste bekanntlich vom Staat vor der Pleite gerettet werden, und das, nur wenige Wochen nach Beginn des ersten Lockdowns.

Boeing Aktie auf Erholungskurs

Die Boeing Aktie hat sich nach mehreren Tiefflügen zuletzt wieder erholt und am Mittwoch überraschend kräftig zugelegt. Zwar hat das Papier auf Jahressicht rund ein Drittel an Wert verloren, doch der Trend zeigt nach oben: Auf Monatssicht legte die Boeing Aktie um gut 10 Prozent zu, einen guten Anteil daran hatte der gestrige Handelstag. Auch auf Sechs-Monats-Sicht sieht die Performance gut aus mit einem Kursplus von mehr als 25 Prozent.

Analysten schwanken in ihren Empfehlungen zwischen halten und kaufen, die Kursziele liegen zwischen 193 Dollar (Credit Suisse, Empfehlung: halten) und 307 Dollar (RBC Capital, Empfehlung: kaufen). Zuletzt lag der Kurs der Boeing Aktie mit rund 230 Dollar zwischen beiden Polen.

Airbus Aktie steht noch besser da

Konkurrent Airbus steht am Parkett besser da: Auch hier ging es in den letzten Tagen kräftig aufwärts. Auf Jahressicht notiert die Airbus Aktie rund 16 Prozent tiefer, auf Monatssicht allerdings konnte das Papier um gut 18 Prozentpunkte zulegen und auch die Bilanz der vergangenen sechs Monate kann sich mit einem Kursaufschlag von mehr als 40 Prozent durchaus sehen lassen.

Analysten zeigen sich hier zudem häufiger optimistisch und empfehlen die Airbus Aktie mehrheitlich zum Kauf. Die Kursziele bewegen sich dabei überwiegend in einem Rahmen zwischen 85 Euro (Kepler Cheuvreux, Empfehlung: halten) und 110 Euro (Berenberg Bank, NordLB, Empfehlung jeweils: kaufen). Zuletzt war die Aktie zu einem Preis von rund 102 Euro zu haben.