Die Kion-Krise: Warum der Konzern seine Anleger jetzt warnt!

Inhaltsverzeichnis

Es war einer der größten Kursverluste eines deutschen Unternehmens in den letzten Monaten. Gemeint ist: die Kion-Aktie. Das Papier des Frankfurter Gabelstaplerherstellers krachte am Mittwochvormittag um knapp 20 Prozent ein (Stand: 14.09.2022, 10:30 Uhr).

Der Grund: Offenbar gerät Kion wegen der vielen Krisen massiv unter die Räder. Am Dienstagabend jedenfalls hat der Konzern eine Gewinnwarnung veröffentlicht, die es in sich hat. Demnach erwartet der Lagertechnikspezialist für das dritte Quartal 2022 ein negatives Betriebsergebnis (EBIT) zwischen -100 und -140 Millionen Euro. Zum Vergleich: Im Vorjahresquartal hatte man beim Ergebnis noch einen positiven Wert von 229 Millionen Euro erzielt.

Dass Kion eine Gewinnwarnung veröffentlichen muss, war am Markt bereits erwartet worden. Dass diese allerdings so umfangreich ausfällt, hatten die meisten Analysten nicht auf dem Schirm. Entsprechend groß war die Enttäuschung der Anleger.

Inflationäre Kosten im Automationsgeschäft

Aber wo drückt bei Kion der Schuh? Nun, es sind natürlich die hohen Kosten – insbesondere im Geschäftsbereich „Supply Chain Solutions“ (SCS). Über die Sparte bietet Kion Industrie- bzw. Lagerbetrieben Automatisierungslösungen. Dabei geht es beispielsweise um Sortiersysteme, Palettiersysteme, automatische Regalbediengeräte und automatische Kleinteillager.

Inzwischen ist das ein Verlustgeschäft. Kion wies darauf hin, dass die Kosten für die mehrjährigen Projekte von SCS erheblich gestiegen seien und voraussichtlich weiter steigen werden. Das betrifft sowohl die Material- und die Komponentenkosten, als auch die Personal- und Transportaufwendungen. Besonders bitter: Kion kann die inflationären Kosten offenbar nicht an seine Kunden weitergeben, da in den Verträgen keine entsprechenden Klauseln enthalten waren.

Lieferkettenprobleme, Fachkräftemangel und zurückhaltende Kunden

Neben den exorbitanten Kosten mussten die Frankfurter auch Probleme in den Lieferketten einräumen. An einigen Projektstandorten komme es weiterhin zu Verzögerungen bei wichtigen Teilen, so der Konzern. Dies führe dazu, dass die Projekte ineffizient abgearbeitet würden und die Projektgesamtkosten stiegen. Hinzu komme ein Mangel an Fachkräften vor allem in Nordamerika.

Und auch die Kunden zeigen sich laut Kion zunehmend zurückhaltend. So prognostiziert der Konzern für das dritte Quartal einen Auftragseingang, der deutlich unter dem Niveau des Vorjahreszeitraums (3,1 Mrd. €) liegen werde. Zudem hätten vereinzelte Kunden im Juli und August Aufträge storniert.

Immerhin: Es nicht alles schlecht. So soll das Betriebsergebnis des Gabelstapler-Segments „Industrial Trucks & Services“ (ITS) in Q3 in etwa auf dem Niveau des Vorquartals (83,6 Mio. €) bleiben. Auch hier gebe es zwar Beeinträchtigungen in den Lieferketten. Der Sparte ist es aber offenbar gelungen, die Zahl der sogenannten Risiko-Lieferanten in ihrem Portfolio zu reduzieren und die Bestände noch unfertiger Fahrzeuge im laufenden Quartal zu verringern.

Mein Fazit für Sie

Das Beispiel Kion zeigt, wie heftig die Inflation und die Lieferkettenprobleme die Industrie im dritten Quartal treffen. Dass inzwischen auch Kunden abgesprungen sind, deutet auf eine Rezession hin, die laut vielen Ökonomen ohnehin nicht mehr abzuwenden ist.

Es ist also nicht ausgeschlossen, dass in den nächsten Tagen und Wochen auch andere Industriefirmen mit negativen Nachrichten aufwarten werden. Die anstehende Q3-Berichtsaison dürfte jedenfalls stürmisch werden.

Kion muss nun alle Hebel in Bewegung setzen, um der Krise entgegenzuwirken. Immerhin hat der Konzern bereits im zweiten Quartal in den Verträgen für künftige Projekte Preisanpassungsklauseln integriert. Dadurch kann er die steigenden Kosten effektiver an die Kunden weitergeben. Bis diese Effekte wirksam werden, dürfte wegen der Langfristigkeit des Projektgeschäfts aber einige Zeit vergehen.

Und natürlich steht weiterhin die Befürchtung im Raum, dass Kunden gerade wegen solcher Preisanpassungsklauseln von neuen Verträgen absehen könnten und entsprechende Investitionen verschieben oder gar komplett canceln.

Kion-Aktie: Analysten betonen große Unsicherheiten

Die kurz- bis mittelfristige Perspektive der Kion-Aktie ist also erheblich eingetrübt. Das sehen übrigens auch viele Analysten so. So warnten große Investmenthäuser wie JP Morgan, Goldman Sachs, Bernstein und die Deutsche Bank am Mittwochvormittag allesamt vor großen Unsicherheiten für die Kion-Bilanz.

Trotzdem sehen die Analysten für die Kion-Aktie nach dem Kurseinbruch Luft nach oben – wohl aber mit einem eher längerfristigen Horizont. Im Folgenden die aktuellen Kursziele der Investmentbanken:

  • Deutsche Bank: 54 Euro (belassen)
  • JP Morgan: 42 Euro (zuvor: 58 Euro)
  • Goldman Sachs: 40 Euro (belassen)
  • Bernstein: 29 Euro (belassen)

Zum Vergleich: Die Kion-Aktie notierte am Mittwochvormittag bei rund 27 Euro (Stand: 14.09.2022, 10:30 Uhr).