Wirecard Aktie bricht ein – keine Jahresbilanz 2019

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Es ist ein Wirtschaftsskandal, der sich gewaschen hat – und das in der Premiumliga der deutschen Aktienindizes. Wirecard, seit Herbst 2018 anstelle der Commerzbank im Dax gelistet, steht erneut vor erheblichen Problemen.

Wieder einmal geht es um unklare Bilanzen, wobei das Ausmaß des Skandals dieser Tage neue Dimensionen erreicht. Mit Bilanzfälschungs- und Marktmanipulationsvorwürfen sah sich das Unternehmen in seiner Geschichte schon häufiger konfrontiert, oftmals blieb unklar, ob Wirecard selbst in dem Geschehen Opfer oder Täter war – oder lediglich selbst den Überblick verloren hatte.

Ganz ähnlich sieht es auch jetzt aus: 1,9 Milliarden Euro, und damit etwa ein Viertel der Firmenbilanz, sind nicht auffindbar. Unterschlagen, verschollen, fehlgebucht? Man weiß es nicht. Wirecard hat Anzeige gegen Unbekannt gestellt und weist, wie gewohnt, alle öffentlich erhobenen Vorwürfe weit von sich.

Dieser Skandal ist eine Nummer größer

Diesmal aber geht es um mehr. Denn die Wirtschaftsprüfer von Ernst&Young (EY), die in den Vorjahren die Bilanzabschlüsse von Wirecard stets durchgewunken hatten, verweigern diesmal ihre Freigabe.

Die Meldung vom Donnerstag glich einem Paukenschlag. Bereits mehrfach hatte Wirecard seine Bilanzpräsentation verschieben müssen, nun fehlen im Abschlussbericht für 2019 offenbar so viele Belege, dass eine schlichte Rüge es nicht tut, sondern gleich das komplette Zahlenwerk nicht freigegeben wird.

Parallel zu EY hatte diesmal auch dessen Konkurrent KPMG im Auftrag von Wirecard ein zusätzliches, unabhängiges Gutachten erstellt. Eigentlich war die Intention dahinter gewesen, die Vorwürfe aus der Welt zu schaffen, doch das ging gehörig nach hinten los. Auch KPMG bescheinigte Wirecard desaströse Versäumnisse.

Wirecard mit dem Rücken zur Wand

Der Zahlungsdienstleister steht mit dem Rücken zur Wand. Die Frist, eine Bilanz für 2019 vorzulegen, endet am heutigen Freitag. Geschieht dies nicht, haben Banken die Option, Kreditlinien in einem Volumen von rund 2 Milliarden Euro zu kündigen. Das Unternehmen wäre damit existenziell bedroht.

Bislang sieht es nicht danach aus, als würde innerhalb dieser Ein-Tages-Frist ein tragfähiger Jahresabschluss vorgelegt werden können. Doch selbst wenn im Laufe des Freitags noch ein Wunder geschieht, dürfte es Wirecard schwerfallen, seine namhaften Geschäftspartner, darunter Visa oder Mastercard, zur weiteren Zusammenarbeit zu motivieren. Allzu oft ist Wirecard in Skandale verstrickt, die Insolvenzgefahr steigt mit jedem neuen Vorgang – und der aktuelle erscheint besonders gefährlich.

Wirecard Aktie kollabiert

Das sehen auch die Anleger so, die am Donnerstag massenweise die Wirecard Aktie aus ihren Depots verbannten. Um in der Spitze rund 60 Prozent brach der Kurs der Wirecard Aktie ein, eine Kehrtwende ist ebenso wenig in Sicht wie die langersehnte Jahresbilanz.

Wie lange der Zahlungsdienstleister unter diesen Umständen noch in der ersten deutschen Börsenliga gelistet bleiben wird, dahinter darf zumindest ein Fragezeichen gesetzt werden.