Uniper am Scheideweg: Vom Saulus zum Paulus?

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19 Milliarden Euro im Minus: Das letzte Jahr war für den deutschen Kraftwerksbetreiber und Gasimporteur Uniper eine Tragödie in vielen Akten. Der Konzern hatte – wie Sie sicherlich wissen – wegen der ausbleibenden Gaslieferungen aus Russland den fossilen Rohstoff an anderer Stelle zu Wucherpreisen einkaufen müssen, um Deutschlands Energieversorgung aufrechtzuerhalten.

Normalerweise wäre ein Unternehmen mit einem solch gigantischen Fehlbetrag einfach vom Markt verschwunden. Doch Uniper ist als Energieimporteur zu wichtig für die deutsche Wirtschaft, weshalb der Staat eingreifen musste. Im Herbst hatte die Bundesregierung beschlossen, Uniper zu übernehmen und weiteres Kapital in den Konzern zu pumpen, um diesen über Wasser zu halten.

Uniper sieht sich wieder auf der Spur

Inzwischen jedoch scheinen sich die Wogen wieder etwas geglättet zu haben. Uniper kündigte nämlich vor wenigen Tagen an, dass der Konzern bis nächstes Jahr kein zusätzliches Geld von der Bundesregierung brauche. Demnach hat das Management die Gaslieferverpflichtungen bis einschließlich 2024 etwa über Termingeschäfte fast vollständig abgesichert. Uniper hatte bis dato 13 Milliarden Euro an Staatshilfen erhalten. Weitere knapp 20 Milliarden könnte das Unternehmen bei Bedarf abrufen.

Tatsächlich schaffte es der Düsseldorfer Konzern zuletzt wieder zurück auf die Spur. Im ersten Quartal 2023 erzielte Uniper ein bereinigtes Betriebsergebnis (EBIT) von 749 Millionen Euro. Zum Vergleich: Im Vorjahreszeitraum hatte das EBIT noch bei -917 Millionen Euro gelegen.

Der Energiekonzern profitierte im Auftaktquartal unter anderem von den inzwischen deutlich geringeren Gaspreisen im Handelsgeschäft. Hinzu kamen attraktivere Margen in der europäischen Stromerzeugung und niedrigere Aufwendungen für Rückstellungen im Bereich der CO2-Zertifikate.

Für das Gesamtjahr 2023 erwartet die neue Finanzchefin Jutta Dönges indes weitere Gewinne – sowohl operativ als auch beim bereinigten Jahresüberschuss. Zudem will Uniper dem deutschen Staat sukzessive Aktien abkaufen, um künftig irgendwann wieder auf eigenen Beinen stehen zu können.

Tiefgreifende Umstrukturierung

Ohnehin steht Uniper ein tiefgreifender Wandel bevor. Der Konzern muss als Bedingung für die staatlichen Hilfen einen Teil seines Kraftwerk-Portfolios abgeben. Betroffen davon ist das Steinkohlekraftwerk Datteln 4 (NRW) und die russische Tochter Unipro, deren fünf Gas- und Kohlekraftwerke verkauft werden müssen. Noch steht hierfür die Genehmigung russischer Behörden aus.

Das Management um Finanzchefin Jutta Dönges und den designierten Vorstandschef Michael Lewis sieht den Konzern indes geläutert und betonte seinen künftigen Beitrag zur Energiewende. Neben der Stromerzeugung durch Wasserkraft will Uniper nämlich auch beim grünen Wasserstoff ein Wörtchen mitreden. Das Ziel von Uniper sei es, CO2-freien Wasserstoff zu einer tragenden Säule der Energieversorgung zu machen, heißt es aus Düsseldorf.

Hoffnung auf grünen Wasserstoff

Hierfür sollen drei bestehende Anlagen in regelrechte Wasserstoff-Zentren umgewandelt werden: in Wilhelmshaven, Maasvlakte (Niederlande) und Killingholme (Großbritannien). Alle drei Standorte befinden sich am oder in der Nähe des Meeres und haben somit Zugang zu Offshore-Windkraft sowie dem Export- und Importmarkt. Uniper will dort Elektrolyse-Anlagen betreiben, um per Öko-Strom grünen Wasserstoff zu produzieren.

Bis 2030 soll so eine Elektrolysekapazität von etwa einem Gigawatt erreicht werden. Im niederländischen Industriegebiet Maasvlakte etwa, das zum Rotterdamer Hafen gehört, plant Uniper einen Elektrolyseur mit einer für 2030 geplanten Leistung von 500 Megawatt. Unterstützung holen sich die Deutschen für dieses Projekt übrigens beim US-Wasserstoffspezialisten Plug Power, der insgesamt zehn PEM-Elektrolyse-Module für Unipers Maasvlakte-Projekt liefern  soll.

Im Bild sehen Sie das (noch nicht gänzlich fertige) Industriegebiet in Rotterdam:

Bildquelle: Port of Rotterdam (Maasvlakte | Port of Rotterdam)

Der Rotterdamer Hafen soll künftig zu einem gigantischen Umschlagplatz für grünen Wasserstoff avancieren. Neben der Herstellung vor Ort sollen dort künftig Wasserstoff und CO2-armes Ammoniak, welches in Wasserstoff transformiert werden kann, auch in großem Stile importiert werden – etwa aus Ländern, in denen der nötige Öko-Strom deutlich günstiger erzeugt werden kann. Und auch in diesem Importgeschäft will Uniper mitmischen.

Mein Fazit für Sie

Die E.ON-Abspaltung Uniper war das Gas-Bindeglied zwischen Russland und Deutschland. Entsprechend geriet der Konzern infolge des Ukraine-Kriegs an den Rand seiner Existenz.

Inzwischen hat sich die Perspektive des Mega-Konzerns aber wieder etwas aufgehellt. Über den Berg ist das Unternehmen aber noch lange nicht. Interessant ist nun die Frage, wie Uniper in einigen Jahren dastehen wird?

Der Konzern muss bei der Kohleverstromung massive Abstriche machen – nicht zuletzt wegen der Klimapolitik. Auf der anderen Seite ist Uniper einer der Konzerne, die den LNG-Importterminal in Wilhelmshaven in beeindruckender Schnelligkeit umgesetzt haben. Das Flüssigerdgas dürfte für Unipers Handelsgeschäft noch sehr viele Jahre relevant bleiben.

Auf langfristige Sicht aber muss sich Uniper auf grün trimmen. Angesichts der politischen Vorgaben dürfte daran kein Weg vorbeiführen. Dass Uniper jetzt auf grünen Wasserstoff setzt und dabei hilft, eine Infrastruktur in Europa zu etablieren, ist meiner Meinung nach ein gutes Signal für die Zukunft.