Tui-Aktionäre stimmen Staatsbeteiligung zu

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Angenehm war es nicht, was den Tui-Aktionären bei der außerordentlichen Hauptversammlung am Dienstag zugemutet wurde. Sie sollten einer Kapitalerhöhung zustimmen – ein Schritt, der bekanntlich den Wert der eigenen Anteile verwässert.

Außerdem sollten sie grünes Licht geben für ein drittes staatliches Hilfspaket. Insgesamt 4,8 Milliarden Euro hat der Bund damit seit Beginn der Pandemie in den Reisekonzern gepumpt. Die ersten beiden Tranchen waren als Kredite geleistet worden, die Tui wird zurückzahlen müssen. Das dritte Paket nun sieht eine Umwandlung in Aktien vor, der Staat kann also seinerseits Anteilseigner bei Tui werden.

Tui auf Staatshilfen angewiesen

Eine Teilverstaatlichung ist bei Anlegern in aller Regel äußerst unbeliebt, immerhin geht dies häufig mit einem Verlust an Entscheidungsautonomie und Auflagen von Seiten der öffentlichen Hand einher. Dennoch fanden beide Anliegen – das staatliche Hilfspaket und die Kapitalerhöhung – die Zustimmung eines Großteils der Tui-Aktionäre.

Der Vorgang zeigt: Alle Alternativen wären noch schlimmer. Der Reiseanbieter steht mit dem Rücken zur Wand, ohne die staatlichen Hilfen wäre Tui wohl existenziell bedroht. Wie schon im Frühjahr die Lufthansa, so ächzt inzwischen auch das Unternehmen aus Hannover unter den andauernden Corona-Beschränkungen.

Kurzfristig keine Kehrtwende in Sicht

Geschlossene Grenzen, Quarantäne-Auflagen, Kontaktbeschränkungen, geschlossene Hotel- und Gastronomiebetriebe und dergleichen mehr haben dafür gesorgt, dass die Tourismusbranche und hier insbesondere die Luftfahrt 2020 massiv unter Druck geraten sind – eine Schieflage, die bis weit in die Folgejahre hinein dauern dürfte.

2021 jedenfalls ist kaum mit einer substanziellen Verbesserung zu rechnen. Zuvorderst geht es um Schadensbegrenzung, im nächsten Schritt um Schuldenabbau. Bis Lufthansa, Tui und ihre Wettbewerber wieder stabil auf eigenen Füßen stehen, ist es noch ein weiter Weg.

Trotz Hilfspaketen: Tui und Lufthansa streichen tausende Stellen

Staatliche Rettungs- und Hilfsmaßnahmen für Großunternehmen dienen bekanntlich stets dem übergeordneten Ziel, möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten. Der Blick auf die Arbeitslosenstatistik belegt, dass dies auch einigermaßen gut gelungen ist. Insbesondere das vom Bund geförderte Instrument der Kurzarbeit hat demnach dazu beigetragen, Massenentlassungen zu verhindern, Arbeitsplätze durch die Krise zu retten und Beschäftigten zumindest zwei Drittel ihres Gehalts zur Verfügung zu stellen.

Lufthansa und Tui allerdings müssen für ihre anstehenden Sanierungen langfristig und nachhaltig die Kosten senken – und dazu wird auch bei der Belegschaft ein dicker Rotstift angesetzt. Bereits im Mai hatte der Reiseveranstalter angekündigt, weltweit 8.000 Vollzeitstellen abzubauen. Derzeit verhandelt Tui mit den Piloten der konzerneigenen Fluggesellschaft Tuifly über entsprechende Personalkürzungen. Die Stimmung ist schlecht, die Aussichten auch. Die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit forderte zuletzt den Einsatz eines Schlichters in den Verhandlungen zwischen Konzern und Belegschaft.

Bei der Lufthansa fielen die Kürzungen noch radikaler aus: Allein bis Ende 2020 hat die Airline 29.000 Vollzeitstellen gestrichen, weitere werden folgen. Beide Fluggesellschaften, Lufthansa und Tuifly, kündigten zudem an, ihre Flugzeugflotte zu reduzieren.

Verändert Corona das Reiseverhalten dauerhaft?

Inwieweit sich die Branche in den kommenden zwei Jahren wird erholen können, darüber gibt es geteilte Meinungen unter Experten. Einerseits gehen viele von einer umso größeren Reiselust aus, wenn die schlimmste Phase der Pandemie erst einmal überwunden ist.

Andererseits dürfte es bis dahin noch eine Weile dauern – und neue Routinen könnten sich etablieren, etwa der Verzicht auf Abenteuer- oder Fernurlaube zugunsten nähergelegener Ziele oder auch der Umstieg von Geschäftsreisen auf virtuelle Konferenzen.

Welche Tendenz sich am Ende durchsetzt und was das wiederum für die Flug- und Reiseanbieter bedeutet, bleibt abzuwarten. Auf absehbare Zeit ist jedenfalls nicht mit einer Entspannung zu rechnen.

Tui Aktie: Schnell raus oder dranbleiben?

Auch bei Anlegern ist Geduld gefragt: Wer vor einem Jahr eingekauft hat und sich jetzt von den Papieren trennt, macht bei der Lufthansa einen Verlust von einem Drittel, während die Tui Aktie ihren Wert auf Jahressicht halbiert hat. Hoffnung auf baldige Besserung verbreiten Analysten zurzeit allerdings nicht: Sie fürchten noch weitere Kursverluste und raten daher mehrheitlich zum Verkauf der Aktien von Lufthansa und Tui, ehe sich das Minus noch ausweitet.

Ob ein Ende mit Schrecken zum jetzigen Zeitpunkt die bessere Alternative ist, werden die verbliebenen Anleger abwägen müssen.