Gerresheimer: Was den Aktien-Kurs zuletzt gedrückt hat

Gerresheimer-Logo auf Bildschirm, unscharfer Hintergrund zeigt medizinische Produkte.
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Die im MDAX gelistete und in Düsseldorf ansässige Gerresheimer AG war in den vergangenen Jahren zeitweise einer der deutschen Börsenlieblinge und auch ein heißer Übernahme-Kandidat. Doch der Rückenwind hat sich zuletzt in Gegenwind verwandelt.

Zum Hintergrund: Nachdem im Juni mit dem Finanzinvestor KPS Capital Partners ein erster potenzieller Bieter seinen Hut aus dem Ring genommen hat, beendete Gerresheimer im Juli die Gespräche mit den noch verbliebenen Interessenten (darunter der bekannte Finanzinvestor Warburg Pincus) und begründete dies damit, dass dies im besten Interesse des Unternehmens und seiner Stakeholder sei.

Zur Erläuterung: Stakeholder sind Person, für die es aufgrund ihrer Interessenlage von Belang ist, wie sich ein bestimmtes Unternehmen verhält (z. B. Aktionäre, Mitarbeiter, Kunden oder Lieferanten).

Anstelle der Übernahme wurde die sogenannte Moulded-Glass-Sparte abgespalten und ins Schaufenster gestellt. Die Sparte soll zeitnah verkauft werden. Neben der (vorerst) gescheiterten Übernahme sorgten auch einige Prognosesenkungen für die negative Entwicklung der Gerresheimer-Aktie in den vergangenen Monaten.

Gerresheimer im Porträt

Blicken wir zunächst kurz auf das Geschäftsmodell: Gerresheimer ist als innovativer System- und Lösungsanbieter ein weltweit aktiver Partner für die Pharma-, Biotech- und Kosmetikbranche. Das Unternehmen bietet ein umfassendes Portfolio von sogenannten Containment Solutions für Medikamente, Drug-Delivery-Systemen und Medizinprodukten sowie Lösungen für die Gesundheitsbranche an.

Das Leistungsspektrum umfasst unter anderem digitale Lösungen für die Therapiebegleitung, Medikamentenpumpen, Spritzen, Pens, Autoinjektoren und Inhalatoren sowie Injektionsfläschchen, Ampullen, Tablettenbehälter, Infusions-, Tropf- und Sirupflaschen. Gerresheimer sorgt dafür, dass Medikamente sicher zum Patienten gelangen und zuverlässig verabreicht werden können.

Mit über 40 Produktionsstandorten in 16 Ländern in Europa, Amerika und Asien ist Gerresheimer weltweit präsent und produziert vor Ort für die regionalen Märkte. Mit rund 13.400 Mitarbeitenden erwirtschaftete das Unternehmen 2024 einen Umsatz von gut 2 Mrd. Euro. Die Gerresheimer-Aktie ist im MDAX notiert. 

Unklarheiten bei der Bilanz für 2024

Jüngst kam ein weiterer negativer Punkt hinzu: Die Bundeanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (kurz: BaFin) will den jüngsten Geschäftsbericht von Gerresheimer noch einmal unter die Lupe nehmen. Untersucht werden soll, ob das Unternehmen 2024 Umsätze verbucht hat, die noch nicht realisiert wurden.

Die BaFin-Meldung reichte, um die Gerresheimer-Aktie zweistellig in den Keller zu schicken. Das war einfach ein Nackenschlag zu viel. Wobei der aktuelle Streit mit der BaFin relativ harmlos enden könnte. Zum einen geht Gerresheimer davon aus, dass die eigene Sichtweise bei der Bilanzierung korrekt sei, da es sich um eine „Bill-and-Hold“ Vereinbarung gehandelt habe. Bei diesen Geschäften wird für die Ware bereits eine Rechnung ausgestellt, die Ware aber erst auf Abruf geliefert. Fast noch wichtiger: Laut Gerresheimer seien nur kleine Umsatzvolumen im niedrigen zweistelligen Millionenbereich betroffen. Bei einem Konzernumsatz von über 2 Mrd. Euro ist das ein sehr kleiner Anteil vom Gesamtumsatz.

Löst sich dieser Streitfall mit der BaFin weitgehend in Luft auf, könnte das niedrige Kursniveau sogar dafür sorgen, dass die Übernahme-Phantasie wieder größer wird, da die Alt-Aktionäre jetzt wahrscheinlich mit deutlich weniger Geld zufrieden wären als noch vor einem halben Jahr. Daher sollten Anleger, die gerne auf Übernahme-Kandidaten setzen, im Blick haben, ob der BaFin-Vorwurf am Ende größere Folgen hat und ob Gerresheimer operativ wieder an die alten Erfolge anschließen kann.