Handelsbranche unter Druck – Fielmann im Aufwind
Nachdem wir uns in der vergangenen Woche mit der Luxusbranche befasst haben, wenden wir uns heute dem Einzelhandel zu – einem Segment, das deutlich unmittelbarer auf politische und konjunkturelle Veränderungen reagiert. Besonders die neuen Zölle sorgen für Druck auf Margen und Strategien.
Zölle treffen vor allem US-Händler – Europa steht besser da
Kaum eine Branche ist so direkt von Trumps Zollpolitik betroffen wie der Handel. Nahezu jedes Unternehmen verfügt über internationale Lieferketten und leidet unter den teils horrenden US-Zöllen oder den entsprechenden Gegenreaktionen.
Besonders stark trifft es US-Einzelhändler mit hoher Importabhängigkeit aus China. Dieser Effekt wird selbst am riesigen Amazon nicht spurlos vorbeigehen. Der Onlinehändler hat zwar ein hervorragendes 1. Quartal hinter sich, wird die Auswirkungen der Zölle jedoch nur dank seines ausgefeilten Logistiknetzes abfedern können. Die am schnellsten wachsende Sparte ist ohnehin das Cloud-Geschäft, das inzwischen knapp ein Fünftel des Umsatzes und den Großteil des Gewinns ausmacht.
Stationäre Einzelhändler in den USA sind deutlich stärker betroffen. Wal-Mart musste bereits mehrfach die Preise erhöhen. Home Depot kann dank seines hohen US-Anteils im Sortiment bislang auf solche Maßnahmen verzichten.
Hoffnung auf bessere Konsumlaune – doch die Risiken bleiben
Trumps Zolleskapaden sind nur einer von mehreren Belastungsfaktoren für die Konsumentenstimmung, die Anfang des Jahres sowohl in den USA als auch in Europa einen Tiefpunkt erreicht hat. Anhaltende Beschäftigungs- und Inflationssorgen sorgen dafür, dass viele Verbraucher den Gürtel enger schnallen.
Im 2. Quartal deuten mehrere wichtige Indikatoren zwar auf eine leichte Besserung hin, doch diese Entwicklung steht auf wackligen Beinen – eine neue Eskalation im Zollkonflikt könnte den Trend schnell wieder umkehren.
Auch Schmuck- und Uhrenmarken wie Pandora und Fossil leiden unter dem schlechten Konsumklima. Sie lassen einen Großteil ihrer Produkte in Thailand und China fertigen – entsprechend hoch ist die Zollbelastung. Brillenhersteller EssilorLuxottica geht davon aus, die Auswirkungen durch einstellige Preisanpassungen und diversifizierte Lieferketten abfedern zu können. Fielmann, seit knapp zwei Jahren in den USA aktiv, produziert dort selbst und ist daher kaum betroffen.
Fielmann mit starkem Wachstum und neuer Rolle in den USA
Im 1. Quartal konnte Fielmann trotz des schwierigen Umfelds kräftig wachsen. Der Umsatz stieg um 12% auf 592,9 Mio. €, der Gewinn legte um 25% auf 52 Mio. € zu. Besonders positiv entwickelte sich das Geschäft in Spanien und den USA. Durch jüngste Zukäufe ist Nordamerika mit 75 Mio. € Umsatz bereits zum zweitgrößten Absatzmarkt aufgestiegen – ein bemerkenswerter Erfolg, wenn man bedenkt, dass Fielmann dort erst seit September 2023 aktiv ist.
Auch in den anderen Regionen verzeichnet das Unternehmen solide Zuwächse. Der Brillenabsatz stieg um 4,9%, der Absatz von Hörsystemen um 5,4%. Dynamisch wächst zudem das Geschäft mit augenärztlichen Dienstleistungen: Der sogenannte Augen-Check-up wird mittlerweile in über 500 Filialen angeboten und hat bereits mehr als 170.000 Kunden erreicht. In den USA bietet Fielmann inzwischen umfassende Seh-Checks an, die in vielen Fällen den klassischen Augenarztbesuch ersetzen – inklusive Sehtest, Bestimmung der Sehstärke und Vorsorgeuntersuchung direkt vor Ort. Rund 900.000 Menschen pro Jahr nutzen diesen Service. Auch dank der Dynamik in den USA rechnet Fielmann für das laufende Jahr mit einem Umsatz von rund 2,5 Mrd. €.
Fazit: Wachstumsstrategie statt Zollfrust
Wenn Sie auf der Suche nach einem Einzelhändler mit klarer Wachstumsstrategie, hoher operativer Qualität und Innovationskraft sind, sollten Sie Fielmann jetzt genauer unter die Lupe nehmen. Die Kombination aus Eigenproduktion, internationalem Ausbau und digitaler Kompetenz macht das Unternehmen zu einem interessanten Kandidaten für Ihre Watchlist – auch in politisch unruhigen Zeiten.