Vonovia im Tal der Tränen: Doch es gibt auch Hoffnung!

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Es ist ein Dilemma: Auf der einen Seite braucht Deutschland dringend neuen Wohnraum. Auf der anderen Seite steckt die hiesige Immobilienbranche derzeit tief in der Krise und will Investitionen kürzen.

Q1 2023: Vonovia schreibt tiefrote Zahlen

Wie weitreichend das Ganze ist, hat nun Deutschlands größter Wohnungskonzern einräumen müssen. Vonovia hat am letzten Donnerstag seine Quartalszahlen veröffentlicht. Und die fielen wie erwartet desaströs aus.

Schauen Sie: Unterm Strich belief sich der Verlust des Dax-Konzerns im ersten Quartal 2023 auf knapp 2,1 Milliarden Euro. Im Vorjahreszeitraum hatte der Bochumer Immobilienriese noch rund 58 Millionen Euro verdient. Der Grund für den eklatanten Fehlbetrag: Der Immobilienbestand des Giganten hat signifikant abgewertet. Ende März lag der Wert nur noch bei 91,2 Milliarden Euro. Das waren etwa 3,5 Milliarden Euro weniger als Ende 2022.

Immobilienpreise unter Druck

Wie andere Branchenvertreter leidet Vonovia unter den gefallenen Immobilienpreisen. Der Preisnachlass ist auch dadurch bedingt, dass die gestiegenen Zinsen die Finanzierungskosten auf dem Markt massiv erhöht haben, weshalb viele potenzielle Interessenten derzeit von einem Immobilienkauf absehen. Verstärkt wird das Ganze durch die höheren Energie- und Baukosten. Laut Statistischem Bundesamt lagen die Baupreise für Wohngebäude im Februar 2022 um 15 Prozent höher als im Vorjahresmonat.

Wenn also die Nachfrage nach Immobilien sinkt, während das Angebot höher liegt, fallen die Preise – und das ziemlich schnell. Und eben dieser Effekt hat Vonovia im ersten Quartal schwer zugesetzt. Der Kapitalmarkt jedenfalls hatte deshalb fest damit gerechnet, dass Deutschlands größter Wohnungskonzern wegen der Abwertung seines Bestands unterm Strich einen üppigen Fehlbetrag hinnehmen muss.

Wie Vonovia jetzt auf die Krise reagiert

Aber auch operativ musste Vonovia Abstriche machen. So fiel die für die Immobilienbranche wichtige Ertragskennziffer FFO (Funds From Operations) um rund 18 Prozent auf 462,6 Millionen Euro. Die Kennziffer beschreibt im Prinzip, wie hoch der Barmittelzufluss im operativen Geschäft ist. FFO ist somit ein wichtiger Gradmesser etwa für Dividenden oder Investitionen. Vonovia begründet den Rückgang vor allem mit den höheren Zinskosten und der schlechter laufenden Projektentwicklung.

Der Bochumer Konzern jedenfalls braucht jetzt frisches Geld und muss sich verschlanken. Bereits Ende April hatte Vonovia den Verkauf von 21.000 Wohneinheiten aus seinem Südewo-Portfolio angekündigt. Nun legte das Management noch einmal nach. Laut Konzernboss Rolf Buch sollen fünf Bestandsprojekte mit rund 1.350 Wohnungen für 560 Millionen Euro den Besitzer wechseln. Der Käufer ist demnach ein von CBRE Investment Management betriebener Fonds.

Zuvor hatte Buch bereits betont, dass Vonovia im laufenden Jahr keine neuen Bauprojekte beginnen werde. Gleichwohl sollen bereits begonnene Projekte fertiggestellt werden.

Wie geht es weiter?

Immerhin: Vonovia hat seine Prognose für das Gesamtjahr 2023 bestätigt. Danach rechnet das Management mit Umsätzen zwischen 6,4 und 7,2 Milliarden Euro. Das wäre in jedem Fall mehr als im Vorjahr (6,26).

Beim operativen Ergebnis FFO erwartet Vonovia jedoch einen Rückgang auf 1,75 bis 1,95 Milliarden Euro. Hier hatte das Unternehmen im Vorjahr noch einen Wert von 2,04 Milliarden Euro erzielt, der allerdings durch die Übernahme der Deutschen Wohnen profitiert hatte.

Vonovia-Aktie: mein Fazit für Sie

Dass Vonovia tief in der Krise steckt, war am Kapitalmarkt längst bekannt. Entsprechend war der Aktienkurs bereits massiv eingebrochen, wie Sie im Chart sehen können (Stand: 05.05.2023, 11:00 Uhr):

Quelle: www.aktienscreener.com

Zwischen April 2022 und Anfang Mai 2023 verlor der Titel rund 55 Prozent an Wert. Zum Vergleich: Im gleichen Zeitraum stieg der Dax um etwa 7,5 Prozent. Einige Analysten sehen deshalb nun Renditepotenzial für die Vonovia-Aktie. Vor allem die insgesamt milliardenschweren Immobilienverkäufe dürften dem Unternehmen demnach dabei helfen, Schulden abzubauen und die Krise zu bewältigen. Und tatsächlich konnte das Papier am Freitag wieder zulegen, wenn auch nur marginal.

Laut Konzernchef Rolf Buch handelt es sich bei dem Mega-Verlust in Q1 ohnehin nur um eine Momentaufnahme. Der Manager machte Hoffnung, dass sich die Lage am Immobilienmarkt zugunsten des Konzerns drehen könnte. Rückendeckung bekommen die Bochumer derweil von der Deutschen Bank.

In einer Marktstudie hatten auch die Analysten des Geldhauses kürzlich konstatiert, dass es sich bei den jüngsten Preisrückgängen auf dem Immobilienmarkt lediglich um eine temporäre Delle handle. Längerfristig dürften die Preise demnach wieder signifikant anziehen – womöglich gar schon im zweiten Quartal.

Die Experten führen dieses Szenario unter anderem auf eine „fundamentale Angebotsknappheit“ in großen deutschen Städten zurück. Und gerade in Großstädten wie Berlin, Frankfurt, Leipzig, Stuttgart, München oder Hannover ist der Bedarf an neuem Wohnraum grundsätzlich enorm. Zusammengenommen könnten sich diese beide Faktoren als Preistreiber erweisen.

Allerdings musste die Deutsche Bank auch warnen. Sollte die Inflation nicht alsbald unter das Zwei-Prozent-Ziel fallen, könnte die EZB ihre Zinspolitik weiter verschärfen. Dadurch würden die Immobilienpreise wohl erneut unter Druck geraten, so die Analysten des Geldhauses.

Sie sehen also: Die weitere Entwicklung von Vonovia ist erst einmal mit etlichen Fragezeichen verbunden. Wollen Sie hingegen langfristig investieren, könnte der Immo-Titel für Sie durchaus interessant sein, auch mit Blick auf den inzwischen deutlich günstigeren Kaufpreis der Aktie.

Früher oder später jedenfalls dürfte der Immobilienmarkt wieder mehr Renditen abwerfen. Darin sind sich die meisten Experten einig. Wann genau es so weit sein wird, bleibt angesichts der äußeren Störfaktoren nun abzuwarten.