Wirtschaftsleistung bricht um 10,1 Prozent ein

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Der Zahlenreigen hat begonnen, reihum legen die an den Frankfurter Börsenindizes gelisteten Konzerne derzeit ihre Bilanzen vor für eines der wirtschaftlich schlimmsten Quartale der Nachkriegsgeschichte.

Wie verheerend die Lage insgesamt – auch jenseits der schillernden Börsenwelt – aussieht, machen jetzt die jüngsten bundesweiten Statistiken deutlich. Im zweiten Quartal schrumpfte das deutsche Bruttoinlandsprodukt demnach um 10,1 Prozent im Vergleich zum vorangegangenen Vierteljahr – und damit so heftig wie noch nie seit Beginn der Statistik vor 50 Jahren.

BIP bricht zweistellig ein

Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum beziffert sich der Wirtschaftseinbruch gar auf 11,7 Prozent. Bisheriger Rekordhalter war das zweite Quartal 2009, als im Zuge der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise das BIP um 7,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal zurückging.

Für das Gesamtjahr rechnet die Bundesregierung derzeit mit einem Wirtschaftsrückgang um 6,3 Prozent – 2009 lag der Einbruch des Bruttoinlandsprodukts bei 5,7 Prozent.

Alle sparen – bis auf den Staat

Ausgebremst wurde die Wirtschaftsentwicklung zuletzt von schwächelnden Importen und Exporten: Wochenlang waren Grenzen geschlossen und Produktionsstätten stillgelegt, der internationale Güterverkehr kam weitgehend zum Erliegen. Doch auch Investitionen, sowohl von Unternehmen wie auch von Privatleuten, gingen merklich zurück. Lediglich der Staat pumpte Geld in den Kreislauf in einem Ausmaß, wie man es selten gesehen hat.

Teil des Maßnahmenpakets zur Unterstützung der Konjunktur ist eine auf sechs Monate begrenzte Absenkung der Mehrwertsteuer im laufenden zweiten Halbjahr 2020. Dadurch soll der Konsum angekurbelt werden. Erste Zahlen belegen, dass dies offenbar gelingt: Größere Anschaffungen werden von vielen Verbrauchern nun in diesen Zeitraum geschoben, was die Wirtschaft zwar im restlichen Jahresverlauf stützt, aber im kommenden Jahr zu entsprechenden Ausfällen führen könnte.

Rekordzahl in Kurzarbeit

Gedämpft wird die Konsumfreude zudem durch die prekäre wirtschaftliche Situation vieler Beschäftigter und Selbständiger: Etliche Betriebe fürchten um ihre Existenz, die Arbeitslosenzahlen stiegen im Juli auf 2,91 Millionen, womit die Arbeitslosenquote nun bei 6,3 Prozent liegt. Dies entspricht einem Anstieg im Vergleich zum Vormonat um 57.000 Personen oder 0,1 Prozent. Beobachter sprechen von einem saisonbedingten, nicht unüblichen Effekt während der Sommerferien.

Abgefedert wurde die Entwicklung der Arbeitslosenquote vor allem durch das Instrument der Kurzarbeit, das im Zuge der Pandemie erheblich ausgeweitet wurde. Im Mai befanden sich mit 6,7 Millionen Menschen so viele Beschäftigte in Kurzarbeit wie nie zuvor. Zu diesem Zeitpunkt begannen gerade erst die Lockerungen der beschränkenden Maßnahmen, aktuellere Zahlen liegen bislang nicht vor.

Erholung auf wackeligen Füßen

Viele Ökonomen sehen die deutsche Wirtschaft bereits wieder in einer Erholungsphase, doch eine große Unbekannte bleibt: Die Entwicklung der Infektionszahlen in den kommenden Monaten. Nur wenn es gelingt, den Lockerungskurs fortzusetzen, kann sich schrittweise auch die Konjunktur wieder erholen, wobei auch dieser Erholungsprozess etwa zwei Jahre in Anspruch nehmen dürfte.

Kommt aber die befürchtete zweite Welle mit möglicherweise noch verheerenderen Auswirkungen, könnte das niederschmetternde Q2 erst der Anfang gewesen sein.