Siemens Energy, Siemens und RWE: Gemischte Gefühle zu frischen Zahlen

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Sehr gemischte Nachrichten gab es für Anleger in der vergangenen Woche von gleich mehreren Dax-Unternehmen. Im Zuge der ausklingenden Berichtsaison legten unter anderem der Energieriese RWE, der Siemens-Konzern und dessen Tochter-Auskopplung Siemens Energy ihre Quartalsbilanzen vor – und die hatten es in sich.

Siemens Energy: Bund eilt zur Hilfe

Während es bei RWE runder kaum laufen könnte, gerät Siemens Energy zunehmend in Schieflage. Insbesondere die spanische Windkrafttochter Gamesa bereitet dem Unternehmen nachhaltig Sorgen. Kurz vor der Bilanzvorlage wurde bekannt, dass die Bundesregierung der kriselnden Siemens-Tochter zur Seite springt: Eine Bürgschaft in Höhe von 7,5 Milliarden Euro dient der Absicherung benötigter Garantielinien in einem Gesamtvolumen von 15 Milliarden Euro. Davon sollen 12 Milliarden Euro durch private Banken gewährleistet werden, die übrigen 3 Milliarden Euro muss sich Siemens Energy anderweitig organisieren.

Die im September bekanntgewordenen Probleme unter anderem mit der Produktqualität von Windturbinen im Kontext der spanischen Gamesa hatten den Aktienkurs der Siemens Energy Aktie massiv unter Druck gesetzt. Die nunmehr bekanntgewordene Unterstützung des Bundes stützte den Kurs, es ging kurzfristig um 6 Prozentpunkte aufwärts. Damit ist die tiefe Delle im Chartverlauf jedoch noch längst nicht aufgefüllt – zumal bereits im Juli ein dramatischer Kursrutsch vorausgegangen war.

Schwache Ergebnisprognose verfehlt: Verluste schlimmer als gedacht

Seit Beginn des Jahres hat die Siemens Energy Aktie gut 30 Prozent an Wert eingebüßt. Die tiefroten Quartalszahlen, die die Münchener in der vergangenen Woche vorgelegt haben, passen da ins Gesamtbild. So ging der Umsatz im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von 9,2 auf 8,5 Milliarden Euro zurück. Besonders drastisch fiel jedoch der Gewinneinbruch aus: Für das Quartal zu Ende September, das zugleich den Abschluss des Geschäftsjahres bei Siemens Energy markiert, hatten im Vorjahr noch 354 Millionen Euro Gewinn in den Büchern gestanden – diesmal türmten sich die Verluste auf rund 870 Millionen Euro auf.

Im Geschäftsjahr 2022/23 insgesamt lag der Verlust von Siemens Energy bei satten 4,6 Milliarden Euro. Damit fiel die Jahresbilanz noch schlechter aus als von Analysten erwartet: Diese hatten im Schnitt mit einem Verlust von „nur“ 4,4 Milliarden Euro gerechnet.

Gemischtes Echo bei Analysten

Für das neue Geschäftsjahr hat man sich einiges vorgenommen: Nicht nur das Portfolio soll tiefgreifend und schneller als bislang geplant umgebaut werden, auch Teilverkäufe sind geplant. Für das Gesamtjahr strebt der Vorstand ein Umsatzplus von 3 bis 7 Prozent an, beim Gewinn liegt das selbstgesteckte Ziel bei 1 Milliarde Euro. Einen Lichtblick hielt die schwache Bilanz jedoch auch bereit: Die Auftragseingänge summierten sich im zurückliegenden Quartal auf 10,6 Milliarden Euro. Dadurch wächst der Gesamtauftragsbestand auf einen Rekordwert von 112 Milliarden Euro.

Bei Analysten stießen die frischen Zahlen auf ein geteiltes Echo. So bestätigten sowohl die DZ Bank als auch die US-Großbank JP Morgan ihre neutrale Einstufung – jedoch hob die DZ Bank das Kursziel von 7,50 auf 12,00 Euro an, während JP Morgan das Ziel von 16,70 auf 13,80 Euro reduzierte. Andere Experten ließen ihre bisherigen Einschätzungen trotz Bundesbürgschaft und Quartalsbilanz unverändert: Neutrale bzw. „Halten“-Einstufungen erhält die Siemens Energy Aktie unter anderem von der Deutschen Bank (Kursziel: 10 Euro), der Schweizer UBS (Kursziel: 10,30 Euro) oder dem Analysehaus Jefferies (Kursziel: 17 Euro). Zum Kauf raten Goldman Sachs mit einem Kursziel von 20,50 Euro sowie die Berenberg Bank, die die faire Bewertung mit 25 Euro sogar noch höher ansetzt. Demgegenüber empfiehlt das Analysehaus Bernstein Research, das Papier zu verkaufen und beziffert das Kursziel auf 12 Euro.

Siemens glänzt – Dividende steigt

Deutlich besser schnitt demgegenüber der Mutterkonzern Siemens ab, der ebenfalls in der vergangenen Woche sein Zahlenwerk für das Septemberquartal und sein zugleich abgelaufenes Geschäftsjahr präsentierte. Das Umsatzplus im Geschäftsjahr 2022/23 beläuft sich auf 11 Prozent, die Münchener erwirtschafteten einen Umsatz in Höhe von 77,8 Milliarden Euro. Für das neue Geschäftsjahr rechnet der Vorstand mit etwas weniger, der Zielkorridor liegt beim Umsatzwachstum zwischen 4 und 8 Prozent.

Der Nettogewinn konnte ohne Sondereffekte nahezu verdoppelt werden von 4,4 auf 8,5 Milliarden Euro. Davon werden auch die Anteilseigner profitieren: Je Aktie will Siemens eine Dividende von 4,70 Euro auszahlen (nach 4,25 Euro pro Aktie im Vorjahr). Darüber hinaus soll ein frisches Aktienrückkaufprogramm starten, das auf 5 Jahre angesetzt ist und Rückkäufe eigener Papiere im Wert von gut 6 Milliarden Euro vorsieht.

Siemens Aktie im Aufwind – Anleger und Analysten überzeugt

Die Siemens Aktie, die in den vergangenen Wochen wegen der Verwerfungen rund um die Tochter Siemens Energy mit in die Tiefe gezogen worden war, hat sich inzwischen wieder deutlich erholt und steuert auf die 150 Euro Schwelle zu. Allein binnen Monatsfrist hat der Kurs um fast 17 Prozentpunkte zugelegt.

Die Reaktionen der Analysten auf die Bilanzpräsentation von Siemens fielen ziemlich einhellig aus: Reihum wurden Kaufempfehlungen und Kursziele bestätigt, letztere lagen meist zwischen 167 Euro (UBS) und 185 Euro (Deutsche Bank, RBC). Die beiden wohl bekanntesten US-Großbanken positionierten sich noch optimistischer: JP Morgan hob das Kursziel von 190 auf 195 Euro an, Goldman Sachs bestätigte das Ziel bei 222 Euro. Allein auf weiter Flur steht dagegen die britische Barclays Bank, die die Siemens Aktie unverändert zum Verkauf empfiehlt und die faire Bewertung bei 122 Euro ansetzt.

RWE mit Traumergebnissen

Rekordergebnisse präsentierte unterdessen in der vergangenen Woche auch der Energieriese RWE. Das Unternehmen zählt zu den Nutznießern der Preissteigerungen im Energiesektor – und konnte seine selbstgesteckten Jahresziele bereits nahezu in den ersten 9 Monaten erreichen. Das bereinigte Ergebnis lag mit 6,15 Milliarden Euro fast doppelt so hoch wie im Vorjahreszeitraum, damals hatte RWE bis Ende September 3,39 Milliarden Euro erwirtschaftet.

Das Unternehmen bestätigte seine Prognose für das Gesamtjahr, die von einem Ebitda zwischen 7,1 und 7,7 Milliarden Euro ausgeht. Anleger profitieren vom brummenden Geschäft von einer steigenden Dividende: Nach 90 Cent im Vorjahr soll nun 1 Euro pro Aktie ausgezahlt werden. Mit den frischen Zahlen im Rücken geht RWE gestärkt dem Kapitalmarkttag entgegen, der am 28. November in London stattfinden soll. Auf diesen Termin verweisen auch einige Analysten in ihren aktualisierten Einschätzungen zur RWE Aktie.

Dass das Papier ein Kauf ist, darin sind sich die Experten einig. Die Kursziele bewegen sich dabei überwiegend zwischen 48 Euro (UBS) und 54 Euro (Barclays, JP Morgan). Während die US-Riesen Goldman Sachs und JP Morgan ihre Kursziele für die RWE Aktie jedoch jüngst um jeweils 50 Cent anhoben auf 49,50 und 54,00 Euro, senkten die kanadische Bank RBC (von 53 auf 51 Euro), die DZ Bank (von 55 auf 51 Euro) sowie das US-Analysehaus Jefferies (von 50 auf 45 Euro) das Kursziel jeweils ab. Dennoch bestätigten auch sie ihre bisherigen Kaufempfehlungen für die RWE Aktie.