Dax-Rekord mit bitterem Beigeschmack
Am Mittwoch war es endlich soweit: Nachdem er sich lange Zeit herangepirscht und immer wieder von neuem Anlauf genommen hatte, konnte der Deutsche Leitindex Dax gestern ein neues Rekordhoch markieren. Ein Stand von zwischenzeitlich 13.640 Zählern reichte, um die historische Bestmarke um 0,3 Prozent zu übertreffen, die vor zwei Jahren erzielt worden war.
Im Tagesverlauf allerdings ging dem Börsenbarometer schon wieder die Puste aus, am Ende schloss der Dax sogar leicht im Minus, belastet durch einen akuten Schwächeanfall der Automobilaktien, allen voran Daimler: Nach einer erneuten Gewinnwarnung gaben die Papiere des Stuttgarter Premiumherstellers um mehr als 2 Prozentpunkte nach und zogen die anderen Autoaktien gleich mit in den Keller.
Weitere Rekorde wahrscheinlich
Beobachter sind sich dennoch einig, dass der Dax schon bald weitere Rekordmarken aufstellen wird. Ihre Begründung ist simpel: Es fehlt Anlegern schlichtweg an Alternativen. Die Immobilienpreise sind – gerade in den Metropolregionen – in den vergangenen Jahren massiv in die Höhe geschossen. Ein Ende der Entwicklung ist zwar bislang nicht in Sicht, doch Experten warnen seit Langem vor einer neuen Blase am Immobilienmarkt, die früher oder später zu platzen droht.
Aber auch klassische Geldanlageprodukte sind längst nicht mehr attraktiv. Die anhaltende Niedrig- bis Nullzinsphase entwertet schleichend das Geld auf dem Sparbuch, da die nur noch minimalen Zinsgewinne nicht einmal mehr die Inflationsrate ausgleichen können. Selbst mit den als sicher geltenden Bundesanleihen wird auf lange Sicht inzwischen eine negative Rendite erzielt, da auch sie kaum noch Zinsen abwerfen.
Also stecken Anleger ihr Geld in Aktien und treiben den Dax sowie die Unternehmenskurse an. Mit der wirtschaftlichen Realität hat auch das derzeit nicht viel zu tun: Die Aktienkurse etlicher Konzerne haben deutlich besser performt als die Unternehmen selbst. Die globale Konjunkturflaute, die sich auch in langsamerem Wachstum des deutschen Bruttoinlandsprodukts niederschlägt, hat viele Firmen ausgebremst.
Viele Aktien überbewertet
Dass sie an der Börse zum Teil dennoch stark bewertet sind, kann sich als Bumerang erweisen. Sobald schlechte Zahlen vorgelegt werden oder allgemeine Verunsicherung an den Märkten zu einer Verkaufswelle führen, dürften als erstes diejenigen Unternehmensaktien abgestoßen werden, die als besonders überbewertet gelten.
Dies betrifft eine ganze Reihe von Konzernen. Aus dem erwähnten Mangel an Alternativen haben Aktien in den vergangenen Jahren kräftig zugelegt – kräftiger als die realwirtschaftliche Entwicklung in vielen Fällen. Trotz der neuen Rekordmarke ist daher am Frankfurter Parkett kaum jemand in Champagnerlaune.
Dazu müsste sich die Großwetterlage erst einmal grundlegend zum Positiven verändern, doch eine solche Trendumkehr ist bislang nicht in Sicht. Nach wie vor spüren und sehen wir hier die Folgen der globalen Finanzkrise – auch mehr als zehn Jahre nach der Pleite von Lehman Brothers ist der Schock an den Märkten noch nicht vorbei.