Elektromobilität: Wie Mercedes den Laden schmeißen will!
Die Elektromobilität hat ein Problem. Sie werden es schon ahnen: Es geht um die Ladeinfrastruktur. Nach Daten des Autoverbands VDA waren Anfang 2021 in Deutschland noch 14 Elektroautos auf einen öffentlichen Ladepunkt gekommen. Anfang Juli 2022 sind es demnach bereits 23 Stromer gewesen. Das heißt: Der Ausbau der Ladeinfrastruktur kann immer weniger mit der inzwischen stark wachsenden Anzahl an Elektroautos mithalten.
Zunächst in Nordamerika: Mercedes-Benz startet eigene Lade-Offensive
Für die Autobauer ist das ein enormes Geschäftsrisiko, weshalb sie nun das Zepter selbst in die Hand nehmen wollen. Neustes Beispiel: Mercedes-Benz. Vor wenigen Tagen kündigten die Stuttgarter ein eigenes Netz mit weltweit 10.000 High-Power-Chargern (HPC) an, das bis Ende der 20er Jahre installiert sein soll. HPC-Stationen stellen mit einer Spitzenleistung von 350 Kilowatt derzeit das Nonplusultra dar.
Der Anfang soll in Nordamerika gemacht werden. Dort kooperiert Mercedes mit der Batteriespeicher-Firma MN8 Energy und dem Hersteller von Ladenetzwerktechnologie Charge Point. Bis 2027 wollen die Partner mit einem Netz von insgesamt mehr als 400 Ladeparks und mindestens 2.500 High-Power-Chargern den nordamerikanischen Kontinent abdecken. Die Schnellladeparks sollen in gleichmäßigen Abständen in wichtigen Städten und Ballungszentren in der Nähe von Autobahnen und Verkehrsknotenpunkten errichtet werden.
Stuttgarter wollen Autokunden anlocken
Der Clou: Die Ladestationen sollen sich in erster Linie an Kunden der Sternmarke richten. Diese bekommen laut Mercedes dank Reservierungsfunktion und weiterer Vorteile einen bevorzugten Zugriff auf die Infrastruktur. Hierfür plant der Autokonzern ein spezielles Navigationssystem, das die Auslastung einzelner Standorte erfasst, wodurch die Wartezeit für Mercedes-Kunden entfallen soll. Die Stuttgarter wollen damit Bedenken rund um das Aufladen ausräumen und so den Absatz der eigenen E-Autos ankurbeln.
Allein für das nordamerikanische Netz sollen sich die Gesamtinvestitionen auf mehr als eine Milliarde Euro belaufen. Das hierfür nötige Kapital werde je zur Hälfte von Mercedes und MN8 bereitgestellt. MN8 ist einer der größten Eigentümer und Betreiber von Batteriespeichern und Solarenergie in den USA. Entsprechend sollen einige der nun geplanten Ladestationen direkt per lokaler Photovoltaik betrieben werden.
Mercedes jedenfalls will das Ganze auf globaler Ebene ausbauen. So sollen nach Nordamerika auch Europa und China mit einem eigenen Schnellladenetz bedient werden. Wie viele Ladestationen die Stuttgarter zum Beispiel in Deutschland errichten wollen, blieb jedoch unklar.
Mercedes schmeißt den Laden
Fakt ist: Mercedes hat die Wichtigkeit einer ausgedehnten Infrastruktur längst erkannt. So kooperieren die Stuttgarter seit einiger Zeit mit dem Münchner Konkurrenten BMW im Rahmen des Joint-Ventures Digital Charging Solutions (DSC).
Hinzu kommt das Konsortium Ionity, an dem Mercedes zusammen mit Volkswagen, BMW, Ford und Hyundai beteiligt ist. Insgesamt können Mercedes-Kunden derzeit bereits auf rund eine Million Ladepunkte rund um den Globus zurückgreifen, betonte Konzernchef Ola Källenius.
Mein Fazit für Sie
Viele Autohersteller hatten ursprünglich erwartet, dass der Ausbau der Ladeinfrastruktur vor allem von Energiekonzernen abgedeckt wird. Doch deren Initiativen reichen offenbar nicht aus, um den boomenden Absatzzahlen der Stromer gerecht zu werden. Kein Wunder also, dass Autohersteller wie Mercedes nun selbst den Ton angeben wollen.
Meiner Meinung nach ist das für die Mercedes-Aktie eine gute Nachricht. Schauen Sie: Der Ausbau des Ladenetzes wird über den Erfolg der Elektromobilität entscheiden und damit auch über die Zukunft der Autobauer. Natürlich muss Mercedes-Benz hierfür erhebliche Investitionen stemmen.
Langfristig dürfte sich das Ganze jedoch auszahlen. Übrigens auch mit Blick auf die Gewinnmargen der Ladestationen. Laut einer aktuellen Studie der Unternehmensberatung Bain könnte der Gewinn der an der Lade-Wertschöpfung beteiligten Unternehmen bis 2030 in den USA, China und Europa auf bis zu 13,5 Milliarden Euro ansteigen.
Allein in Europa dürfte demnach ein Gewinn von insgesamt 5 Milliarden Euro für die beteiligten Unternehmen möglich sein, bei einem Umsatz von 40 bis 55 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Derzeit kommt das europäische Ladenetz laut Bain auf Erlöse zwischen 7 und 8 Milliarden Euro.
Mercedes spielt also die richtige Karte und wird am Ende wohl belohnt werden. Das dürfte auch Ihnen als Anleger zugutekommen, zumindest wenn Sie über einen langfristigen Investment-Horizont verfügen. Meiner Meinung nach ist und bleibt Mercedes die vielversprechendste deutsche Auto-Aktie.