Autobauer: Wochen der Wahrheit

Inhaltsverzeichnis

Mercedes hat am vergangenen Freitag vorgelegt, BMW und Volkswagen folgen in dieser Woche. Die Bilanz für das Auftaktquartal 2023 werden auch vor dem Hintergrund der jeweiligen Herausforderungen und strategischen Entscheidungen der Hersteller von den Anlegern unter die Lupe genommen.

Mercedes-Benz: Voll auf Luxus getrimmt

Bei Mercedes-Benz läuft seit einiger Zeit der Umbau vom Premium- zum Luxushersteller. Vorstandschef Ola Källenius trimmt die Stuttgarter auf Hochglanz, der Fokus liegt auf margenträchtigen Modellen wie S-Klasse, Maybach oder AMG. Die Rechnung geht auf: Käuferschichten, die sich für solche Fahrzeuge interessieren, sind von inflationsbedingten Kaufkraftverlusten nicht betroffen.

Das schlägt sich auch in den Verkaufszahlen nieder: Die Nachfrage ist ungebrochen hoch, und das obwohl auch Mercedes-Benz die Preise noch einmal angehoben hat. Material- und Produktionskosten sind gestiegen, doch die Kundschaft nimmt das gern in Kauf. So schafft Mercedes-Benz in Q1 ein Umsatzplus von 8 Prozent auf 37,5 Milliarden Euro. Das Konzernergebnis stieg im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 12 Prozent auf 4 Milliarden Euro. Neben den Luxuslimousinen verkauften sich auch die Vans überraschend gut, sodass hier die Prognose angehoben wurde.

BMW: Elektroboom trotz Absatzflaute

In Sachen Elektromobilität sieht sich Mercedes-Benz ebenfalls auf Kurs: Etwa jeder verkaufte Mercedes ist bereits vollelektrisch betrieben, Tendenz steigend. Deutlich mehr Elektroautos verkaufte auch BMW in den ersten 3 Monaten des Jahres. Bereits Anfang April gaben die Münchener bekannt, dass zwar insgesamt rund 1,5 Prozent weniger Autos verkauft wurden als im Vorjahreszeitraum, bei den Elektroautos aber ein Plus von mehr als 80 Prozent zu verzeichnen war.

In den kommenden 3 Jahren will BMW den Elektroanteil an seiner Flotte noch einmal deutlich ausbauen: 2026 soll jeder dritte verkaufte BMW vollelektrisch betrieben werden. Anders als die Konkurrenz setzt BMW allerdings nicht exklusiv auf Stromer, sondern behält parallel Verbrennermotoren und auch Wasserstofftechnologie in der Entwicklung, was nicht wenige Beobachter für eine fehlgeleitete Strategie halten. Analysten raten mit Blick auf die BMW Aktie seit Längerem zum Verharren an der Seitenlinie.

Volkswagen: In China vom Thron gestoßen

Auch bei Volkswagen dreht sich alles ums E-Auto – mit besonderem Fokus auf den chinesischen Markt. Dort wurde VW im Auftaktquartal vom Thron gestoßen und ist nach jahrzehntelangem Erfolg nun nicht mehr der erfolgreichste Autobauer. Doch nicht etwa altbekannte große Namen laufen den Wolfsburgern den Rang ab. Vielmehr haben chinesische Hersteller – etablierte wie auch noch sehr junge – damit begonnen, den Elektroautomarkt unter sich aufzuteilen. BYD, Nio oder Geely heißen die in Europa noch wenig bekannten Marken, die derzeit den chinesischen Markt erobern und hiesigen Herstellern das Leben schwer machen.

Bei den Verbrennern kann Volkswagen zwar in der Volksrepublik noch punkten, bei den E-Autos aber spielen die Wolfsburger kaum eine Rolle. Dem will man nun mit einer Investitionsoffensive begegnen: Ein neues Entwicklungszentrum soll in China entstehen, Kostenpunkt rund 1 Milliarde Euro. Dadurch sollen regionale Zulieferer stärker eingebunden werden – auch wenn es darum geht, den Geschmack der chinesischen Kunden zu treffen, denn deren Ansprüche scheinen sich von denen der Europäer doch deutlich zu unterscheiden.

Analysten haben klaren Favoriten

Wenn am Donnerstag die Bilanzpräsentationen von BMW und Volkswagen anstehen, dürften die Elektro- und die Chinastrategie einmal mehr eine wichtige Rolle spielen. In der kommenden Woche laden beide Unternehmen zu ihrer jährlichen Hauptversammlung, die bei Mercedes-Benz bereits am morgigen Mittwoch im Kalender steht.

Analysten haben derzeit einen klaren Favoriten unter den drei im Dax gelisteten Herstellern: Mit großer Mehrheit raten sie zum Kauf der Anteilsscheine von Mercedes-Benz, so etwa die US-Großbanken JP Morgan (Kursziel: 90 Euro) und Goldman Sachs (Kursziel: 96 Euro) oder auch die kanadische Bank RBC (Kursziel: 92 Euro).

Besser erst mal abwarten

Deutlich verhaltener fällt aktuell der Blick auf Volkswagen aus: Hier gab es zwar zuletzt auch noch Kaufempfehlungen, etwa von RBC (Ziel: 181 Euro) oder der britischen Barclays Bank (Ziel: 150 Euro), allerdings raten JP Morgan, Goldman Sachs, die Schweizer UBS und auch das Analysehaus Bernstein Research lediglich zum Halten der VW Vorzugsaktie mit Kurszielen zwischen 130 Euro (UBS) und 150 Euro (Goldman Sachs).

Ein ähnliches Bild zeichnet sich für die BMW Aktie ab. Auch hier raten die Experten derzeit überwiegend dazu, die Aktie zu halten. Das durchschnittliche Kursziel liegt mit rund 102 Euro nahe am tatsächlichen Kurs. Frische Impulse könnten diese und nächste Woche die Zahlen und der strategische Ausblick liefern.