Adidas und Puma nach Q1-Zahlen: Freud und Leid in Herzogenaurach

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Reihum legen die Dax-Konzerne dieser Tage ihre Bilanzen für das zurückliegende Quartal vor. Seit der Erweiterung des Dax von 30 auf 40 Unternehmen im vergangenen Herbst sind nunmehr zwei Sportartikelhersteller im deutschen Leitindex gelistet, die durch unmittelbare Nachbarschaft verbunden und wegen der familiären Hintergründe seit Jahrzehnten verfeindet sind: Adidas und Puma.

Schwieriger Start in ein umstrittenes Sportjahr

Wie haben die beiden Sportartikelhersteller aus Herzogenaurach den Auftakt in dieses schwierige Jahr gemeistert, das mit umstrittenen olympischen Winterspielen in Peking begann und mit einer nicht minder fragwürdigen Fußball-Weltmeisterschaft in Qatar enden soll?

Beide Unternehmen sind Ausstatter von Einzelsportlern und Nationalteams und treten als Sponsoren bei sportlichen Großveranstaltungen in Erscheinung, wenn auch in unterschiedlicher Dimension. Unangefochtene Nummer eins am internationalen Markt ist der US-Konkurrent Nike, Adidas folgt mit einigem Abstand auf Rang zwei. Puma ist im Vergleich dazu ein eher kleiner Rivale.

Russland-Rückzug und China-Boykott belasten Adidas stark

Für Adidas gibt es zurzeit zwei Großbaustellen, die die Geschäfte belasten: Russland und China. Der Rückzug vom Russlandgeschäft als Folge des Ukrainekrieges kommt den Konzern teuer zu stehen. Die Umsatzeinbußen im laufenden Jahr dürften sich Schätzungen zufolge auf bis zu 250 Millionen Euro summieren.

In China bremsen Corona-Lockdowns, die die Zentralregierung verhängt, die Produktion aus. Zugleich ist das Geschäft in einem der wichtigsten Wachstumsmärkte belastet durch einen Boykott westlicher Waren, nachdem vor einigen Monaten Kritik am Umgang Chinas mit der muslimischen Minderheit der Uiguren laut wurde und öffentlich über Menschenrechtsverletzungen diskutiert wurde.

Adidas korrigiert Jahresprognose nach unten

Beides wirkt sich erheblich auf die Geschäftszahlen von Adidas aus, weswegen sich das Unternehmen nun sogar gezwungen war, die Jahresprognose nach unten zu korrigieren. Im Zuge der Bilanzpräsentation am Freitag kündigte der Vorstand an, bei Umsatz und Gewinn lediglich den unteren Rand der bisherigen Schätzung noch für erreichbar zu halten.

Demnach werde die Bruttomarge voraussichtlich lediglich auf dem Vorjahresniveau von 50,7 Prozent stagnieren – angepeilt waren ursprünglich einmal 51,5 bis 52,0 Prozent. Auch bei der operativen Marge geht man nur noch von 9,4 Prozent aus anstelle der bislang ausgegebenen Spanne von 10,5 bis 11,0 Prozent. Der Nachsteuergewinn werde sich am unteren Ende der Spanne zwischen 1,8 und 1,9 Milliarden Euro bewegen, so das Unternehmen weiter.

Chinageschäft auf dem absteigenden Ast?

Zum vierten Mal in Folge verbuchte Adidas im zurückliegenden Quartal rückläufige Umsätze in China. Währungsbereinigt lag das Umsatzminus bei 35 Prozent. Im vorangegangenen Schlussquartal 2021 waren es noch 24,3 Prozent Rückgang gewesen. Der Negativtrend weitet sich also weiter aus – und wird durch die Lockdowns noch verstärkt. Diese führen laut Adidas auch jenseits der direkt betroffenen Metropolen zu geschlossenen Filialen und ausbleibender Kundschaft.

Nach einem Wachstum des Chinageschäfts um 3 Prozent im Gesamtjahr 2021 hatte der Sportartikelhersteller für dieses Jahr eigentlich ein Wachstum im mittleren einstelligen Bereich angepeilt. Stattdessen kalkuliert man nun mit einem kräftigen Umsatzrückgang im niedrigen zweistelligen Bereich.

Adidas setzt weiter aufs Reich der Mitte

Mittelfristig will Adidas an seiner China-Strategie festhalten. Diese sieht vor, dass China bis 2025 der am stärksten wachsende Markt für Adidas sein soll mit einem jährlichen Nettoumsatzplus im zweistelligen Bereich. Die bereinigte Ebit-Marge im Chinageschäft von Adidas soll bis 2025 auf 12 bis 14 Prozent steigen, die Bruttomarge auf 53 bis 55 Prozent.

Insgesamt weist Adidas für das Auftaktquartal währungsbereinigt ein Umsatzminus von 3 Prozent aus. In Euro legten die Erlöse um 1 Prozent zu auf 5,3 Milliarden Euro. Gemessen an den Anteilen am Gesamtumsatz rückt China weiter nach hinten: In der Region Europa verzeichnet Adidas mit knapp 2 Milliarden Euro die höchsten Umsätze, gefolgt von Nordamerika mit 1,4 Milliarden Euro. Europa legte damit binnen Jahresfrist um 9 Prozentpunkte zu. Ohne den coronabedingten „Vietnam-Effekt“ hätte Adidas laut CEO Kasper Rorsted hier auch ein Plus von 20 Prozent erreichen können. Der Vorstand beziffert die wegen der monatelangen Lockdownmaßnahmen entfallenen Umsätze auf rund 400 Millionen Euro allein im Auftaktquartal.

Gewinneinbruch um fast 40 Prozent

In China lagen die Erlöse im Zeitraum von Januar bis Ende März bei nur 1 Milliarde Euro und damit auf Platz 3 der wichtigsten Regionen für Adidas. Neben dem Umsatzrückgang in Greater China um 35 Prozent lief es auch in der übrigen Region Asien-Pazifik schlecht: Hier verzeichnete Adidas ein Umsatzminus von währungsbereinigt 16 Prozent auf 506 Millionen Euro.

Insgesamt verbuchte Adidas für das erste Quartal einen geringfügigen Umsatzanstieg um 1 Prozent auf 5,3 Milliarden Euro. Der Gewinn aus fortgeführten Geschäften brach um 38 Prozent ein auf 310 Millionen Euro. Das Betriebsergebnis schrumpfte ebenfalls um 38 Prozent auf 437 Millionen Euro. Für das laufende Quartal rechnet das Unternehmen weiterhin mit Schwierigkeiten im Chinageschäft und angespannten Lieferketten.

Rorsted blickt (allzu) optimistisch in die Zukunft

Für den weiteren Jahresverlauf gibt man sich dagegen optimistischer. Nach Einschätzung von Rorsted werde es „ab dem 3. Quartal keine Einschränkungen mehr bei den Lieferungen geben“ – aus heutiger Sicht eine durchaus gewagte Prognose. Wenn die Jahresberechnungen von Adidas auf dieser Annahme beruhen, könnte es künftig weitere Enttäuschungen für die Anleger geben.

Bereits jetzt reagierten die Anteilseigner entsetzt auf die jüngsten Geschäftszahlen. Vor allem die gekappte Jahresprognose sorgte dafür, dass die Adidas Aktie am Freitag zeitweise um 6 Prozent ins Minus rutschte. Letztendlich beendete das Papier den Handelstag rund 3,6 Prozent schwächer bei gut 181 Euro.

Reaktionen am Parkett: Adidas rutscht ab – Puma wird mitgerissen

Die Aktien des Konkurrenten Puma wurden mit in die Tiefe gerissen. Sie gaben in einem insgesamt schwachen Marktumfeld am Freitag um 1,6 Prozentpunkte nach auf rund 66 Euro. Dabei hatte der kleinere Rivale in der Vorwoche selbst sein Zahlenwerk präsentiert, und das fiel im Gegensatz zu Adidas gar nicht mal schlecht aus.

Puma verbuchte im Auftaktquartal einen Umsatz in Höhe von 1,9 Milliarden Euro nach 1,55 Milliarden Euro im Vorjahreszeitraum. Mit dieser Umsatzsteigerung um fast 20 Prozent konnten die Erwartungen der Analysten übertroffen werden, die im Schnitt lediglich von einer Steigerung auf 1,8 Milliarden Euro ausgegangen waren.

Puma kann in Q1 Markterwartungen übertreffen

Noch deutlicher wurde die Ebit-Prognose übertroffen: Hier hatten Experten nach gut 154 Millionen Euro im Vorjahr nun mit knapp 180 Millionen Euro gerechnet und wurden von tatsächlich erreichten 197 Millionen Euro positiv überrascht. Im Vorjahresvergleich schaffte Puma damit eine Ebit-Steigerung um satte 27 Prozent.

Auch der Nettogewinn von 121 Millionen Euro lag über den Markterwartungen (115,5 Millionen Euro) und deutlich oberhalb der 109 Millionen Euro, die im Vergleichszeitraum des Vorjahres verzeichnet werden konnten.

Anleger konnten sich dennoch nicht zu einer Trendwende durchringen. Die Puma Aktie hat seit Beginn des Jahres rund 40 Prozent eingebüßt. Immerhin scheint sich eine Bodenbildung im Bereich um 65 Euro abzuzeichnen.

Analysten für Puma optimistisch

Analysten senkten nach der Bilanzvorlage zwar ihre Kursziele für die Puma Aktie, bestätigten aber dennoch mit großer Mehrheit ihre Kaufempfehlungen. Im Schnitt trauen sie dem Papier einen Anstieg um rund 60 Prozent zu, die Kursziele bewegen sich weitgehend in einem Korridor zwischen 95 Euro (Berenberg Bank, Jefferies) und 120 Euro (Deutsche Bank, Warburg Research).

Goldman Sachs reduzierte das Kursziel von 120 auf 118 Euro, Warburg Research kappte das Ziel von 130 auf 120 Euro und JP Morgan korrigierte die faire Bewertung von 115 auf 110 Euro nach unten. Dennoch raten die genannten Experten unisono zum Kauf der Puma Aktie. Trotz eines von 90 auf 86 Euro abgesenkten Kursziels hob die Schweizer Bank Credit Suisse bei Puma den Daumen und stufte das Papier von „neutral“ auf „outperform“ hoch.

Bei Adidas wird der Daumen gesenkt

Weniger rosig fallen die Expertenmeinungen dagegen mit Blick auf die Adidas Aktie aus. Hier wendet sich die Credit Suisse nun ab und stuft die Aktie von „neutral“ auf „underperform“ herab, zugleich sinkt das Kursziel deutlich von 240 auf 205 Euro. Die Baader Bank – zuvor bereits pessimistisch gestimmt – bekräftigte ihre Verkaufsempfehlung sowie das bestehende Kursziel von 190 Euro für die Adidas Aktie.

JP Morgan behielt die neutrale Einstufung bei, reduzierte aber das Kursziel von 290 auf 260 Euro. Das Analysehaus Jefferies senkte das Kursziel von 250 auf 235 Euro, beließ die Adidas Aktie aber unverändert auf der „Buy“-Liste.

Konkurrenzkampf in Herzogenaurach: Der kleinere steht besser da

Insgesamt scheinen die Zeichen für Puma derzeit besser zu stehen als für Adidas. Vielfach wird dies mit dem Chinageschäft begründet: Während Adidas hier stark engagiert ist und China als einen seiner wichtigsten Absatzmärkte auserkoren hat, der nun jedoch massiv schwächelt, ist Puma am chinesischen Markt nur wenig vertreten und erwirtschaftet seine Umsätze hauptsächlich in anderen Regionen der Welt. In Zeiten wie diesen ist das ein Vorteil.

Hinzu kommt die allzu optimistische Prognose des Adidas-Vorstands im Hinblick auf die weitere Entwicklung der Lieferkettenprobleme. Die meisten Konzerne rechnen derzeit damit, dass es noch eine ganze Weile dauern dürfte, ehe sich die Lage entspannt und die Lieferketten wieder reibungslos laufen. Dass Adidas offenbar bereits ab dem dritten Quartal mit der Lösung aller Lieferprobleme rechnet, mahnt zur Vorsicht.