Neue EZB-Strategie: Dax-Anleger kalt erwischt

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Paukenschlag in Frankfurt: Die Europäische Zentralbank hat in dieser Woche überraschend eine neue Strategie verkündet. Erstmals seit fast 20 Jahren werden nun neue Maßstäbe den geldpolitischen Entscheidungen der Notenbank zugrunde gelegt. Ursprünglich war erst im September mit einer solchen Meldung gerechnet worden.

Die Neuerungen im Überblick

Es sind vor allem zwei Dinge, die ins Auge stechen: Inflation und Klimaschutz. Umwelt- und Nachhaltigkeitsaspekte sollen künftig eine noch größere Rolle spielen als bisher, etwa bei Kreditvergaben oder Investitionen. Damit unterstützt die EZB den von der EU-Kommission eingeschlagenen Kurs des „Green New Deal“, der ehrgeizige klimapolitische Ziele für die kommenden Jahrzehnte definiert.

In Sachen Inflation gibt es gleich mehrere Neuerungen. So soll die Berechnungsgrundlage verändert werden: Künftig werden nicht nur Mieten, sondern auch Kosten für selbst genutztes Wohneigentum in die Inflationsberechnung mit einfließen. Dadurch werden die rasant steigenden Immobilienpreise mit abgebildet, die unter anderem in Deutschland seit Jahren den Markt prägen und in einigen Regionen zunehmend überhitzen lassen. Durch die Einbeziehung der Immobilienpreise dürfte die Inflationsrate schneller und höher ansteigen als bislang.

EZB erlaubt zeitweises Überschreiten der 2-Prozent-Inflation

Umso bedeutsamer wird ein weiterer Schritt den die EZB verkündet hat: Lag das Inflationsziel bisher knapp unterhalb von 2 Prozent, wird nun ein längerfristiger Durchschnittswert von 2 Prozent angestrebt. Konkret bedeutet das, dass die Notenbanker auch Inflationsraten, die sich zeitweise oberhalb der 2-Prozent-Marke bewegen, tolerieren, ohne an der Zinsschraube zu drehen.

Bis dato hätte ein längeres Übersteigen des 2-Prozent-Ziels zu einer Anpassung der geldpolitischen Maßnahmen geführt, nun aber werden Schwankungen um die Zielmarke herum folgenlos hingenommen.

Damit reagiert die EZB nicht zuletzt auf die derzeit anziehende Inflation: Erstmals seit Jahren liegt die Inflationsrate in der Eurozone wieder über 2 Prozent, angekurbelt durch den wirtschaftlichen Wiederaufschwung nach dem Abebben der Pandemie. Der Leitzins aber bleibt unverändert, auch die Anleihekäufe sollen fortgeführt werden.

Zinssparen bleibt unattraktiv – Dax schließt tiefrot

Das Sparbuch, traditionell gerade bei risikoscheuen Deutschen beliebt, bleibt damit weiterhin unattraktiv. Über Zinssparen lässt sich spätestens seit der Finanzkrise keine Rendite mehr erzielen. Nicht zuletzt wegen der Nullzinspolitik der Notenbanken, nicht nur in Europa, sondern auch in den USA, waren es vor allem die Aktienmärkte, die in den vergangenen Jahren kräftig profitiert haben. Günstig bleibt es hingegen, sich zu verschulden: Niedrige Zinsen auf Immobilienkredite machen das Eigenheim trotz explodierender Preise weiterhin attraktiv.

Am Frankfurter Börsenparkett, ganz in der Nähe der EZB-Zentrale gelegen, herrschte am Donnerstag rund um die Bekanntgabe der neuen Strategie der Notenbanker hohe Nervosität: Bereits im frühen Handel sackte der Dax ins Minus und schloss auch zum Ende des Handelstages tiefrot mit gut 1,7 Prozent Verlust.

Am Freitag hatten sich Anleger von dem ersten Schock allerdings schon wieder erholt: Bis zum Mittag legte der Leitindex um knapp 1 Prozent zu.