Diesel-Dilemma offenbart grundsätzliches Problem

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Altes Thema, neue Fakten: Daimler gibt eine Gewinnwarnung heraus, es ist die dritte in nur einem Dreivierteljahr. Anleger lassen die Daimler Aktie daraufhin fallen wie eine heiße Kartoffel und stoßen, wo sie schon einmal dabei sind, auch gleich die Papiere anderer Autobauer mit ab.

Es war ausgerechnet Deutschlands wichtigste Exportindustrie, die am Mittwoch dafür sorgte, dass der Dax seinen neuen Rekordstand nicht in den Feierabend retten konnte, sondern im Tagesverlauf sogar noch ins Minus abrutschte.

Und täglich grüßt der Dieselskandal: Gewinnwarnung bei Daimler

Besonders ärgerlich ist der Hintergrund des Ganzen, denn es geht – wieder einmal – um den Dieselskandal. Seit die gezielte Manipulation der Abgaswerte im Herbst 2015 öffentlich bekannt wurde, verfolgt das Thema die Autobauer. Sie werden es einfach nicht los. Alle paar Wochen produziert der Skandal neue Schlagzeilen: mal geht es um Hausdurchsuchungen, mal um Bußgelder, mal um Verbraucherklagen. Diesmal ging es um eine Gewinnwarnung.

Zusätzlich zu den bereits zurückgestellten 1,6 Milliarden Euro rechnet Daimler demnach mit weiteren 1,1 bis 1,5 Milliarden Euro, die benötigt werden, um die Kosten für juristische Prozesse und Rückrufaktionen zu stemmen. Das ohnehin schon desaströse operative Ergebnis, das der Konzern für 2019 in Aussicht gestellt hat, dürfte darunter noch einmal zusätzlich leiden. Details werden mit der Bilanz am 11. Februar vorgestellt.

Ausruhen auf vergangenen Erfolgen?

Das Diesel-Dilemma offenbart unterdessen ganz grundsätzliche Probleme der deutschen Industrie: Autos „Made in Germany“ genießen weltweit einen guten Ruf, insbesondere die Premiummodelle von Mercedes-Benz, BMW und Audi sind internationale beliebt und zählen zu den wichtigsten Exportgütern des Landes. Auf diesen Erfolg hat man sich lange verlassen – womöglich zu lange.

Denn während andere Hersteller durch inneren und äußeren Druck längst gezwungen waren, neue Wege einzuschlagen, Allianzen einzugehen, Forschung und Entwicklung voranzutreiben, hat man sich in Deutschland auf seinen Lorbeeren ausgeruht, frei nach dem Motto „never change a running system“ – verändere nichts, was sich bewährt hat.

Doch genau das könnte sich nun bitter rächen, denn die Veränderungen, zu denen deutsche Hersteller aus Eigenantrieb lange Zeit nicht bereit waren, werden ihnen nun von außen auferlegt, Stichwort Elektromobilität.

Der Abschied vom Verbrennungsmotor ist unausweichlich und fällt den Autobauern doch sichtbar schwer, immerhin waren die paar E-Autos, die man bislang im Angebot hatte, eher Ladenhüter als Kassenschlager. Dass sich die Hersteller hier so widerwillig präsentieren, lässt nichts Gutes erahnen.

Grundsätzliches Problem der Industrie

Das grundlegende Drama im Dieselskandal ist doch, dass offenbar nicht die Motivation bestand, tatsächlich saubere Motoren und Abgaseinrichtungen zu entwickeln – sondern dass die Grenzwerte als lästige politische Vorgabe empfunden wurden, die es eben auf dem Prüfstand einzuhalten galt, um die Kritiker ruhigzustellen und dann im Straßenverkehr einfach weiterzumachen wie bisher.

Getüftelt wurde also nicht an einer tatsächlichen Verbesserung der Abgaswerte, sondern lediglich an ihrer Beschönigung auf dem Prüfstand. Solange aber die Konzerne neue Herausforderungen wie Umweltschutz oder Gesundheitsgefährdung nicht als solche anerkennen, sondern darin lediglich politisch motivierte Spinnereien sehen, die es zumindest auf dem Papier irgendwie zu befriedigen gilt, sind alle Appelle an ein Umdenken und einen Kulturwandel in den großen traditionellen Industrieunternehmen zum Scheitern verdammt.