Auswirkungen der Coronakrise – ein Überblick

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Die Coronakrise hat weitreichende Folgen in praktisch allen Bereichen. Die Lage entwickelt sich äußerst dynamisch, tagtäglich verändert sich die Situation und damit auch die ergriffenen Maßnahmen. Ein Überblick über die wichtigsten Einschnitte:

Europa: Grenzen dicht, Schuldenregeln gelockert

Die Europäische Union hat vor wenigen Tagen die Außengrenzen abgeriegelt. De facto dürfen Menschen aus Drittstaaten den EU-Raum derzeit nicht betreten. Ähnliche Abschottungstendenzen sind auch in anderen Regionen der Welt zu beobachten. Zusätzlich haben mehrere Länder auch die Binnengrenzen zu ihren Nachbarländern dichtgemacht.

Die Europäische Zentralbank hat ihre geldpolitischen Maßnahmen ausgeweitet und pumpt Liquidität in den Markt. An der Zinsschraube können die Notenbanker nicht mehr drehen, da sich der Leitzins ohnehin seit geraumer Zeit auf der Nulllinie bewegt. Dennoch hat die EZB-Chefin Christine Lagarde betont, dass die Zentralbank alles tun werde, um den Euro zu retten. Analogien zu Mario Draghis „whatever it takes“ aus der Finanzkrise wurden immer wieder gezogen.

Darüber hinaus lockert die EU-Kommission die Regeln zur staatlichen Neuverschuldung – eine wichtige Botschaft vor allem für Italien. Die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone war bereits vor der Pandemie stark angeschlagen. Nun ist das Land am stärksten betroffen von der Coronakrise. Die landesweite Quarantäne und der praktische Ausfall sämtlicher touristischer Aktivitäten werden den Staatshaushalt absehbar stark belasten.

Deutschland: Bundesländer hangeln sich von Sperre zu Sperre

In Deutschland spiegelt sich dieser Tage die besondere Rolle des Föderalismus in den tagespolitischen Entscheidungen wider. Zahlreiche Maßnahmen sind Ländersache, können also nicht bundeseinheitlich beschlossen werden. Allerdings zeigt etwa das Beispiel der Schulschließungen, dass die Regierungschefs der einzelnen Länder insgesamt an einem Strang ziehen und weitgehend einen Flickenteppich unterschiedlicher Regelungen zu vermeiden versuchen.

Die Liste der Maßnahmen ist lang – und sie wird von Tag zu Tag länger. Neben einer vorläufig fünfwöchigen Schließung von Schulen und Kitas betreffen sie unter anderem das Verbot von Veranstaltungen – zunächst lediglich bei mehr als 1.000 zu erwartenden Gästen, inzwischen sind sämtliche öffentlichen Veranstaltungen flächendeckend untersagt – und die Schließung öffentlicher Einrichtungen bis hin zu Spielplätzen.

Als erstes Bundesland hat Bayern, das zuletzt häufig die Vorreiterrolle eingenommen hat, am Freitag landesweite Ausgangsbeschränkungen verkündet. Am Wochenende wollten Vertreter von Bund und Ländern darüber beraten, eine Ausgangssperre bundesweit zu verhängen.

Trotz der Zuständigkeit der Länder in den meisten der skizzierten Angelegenheiten hat das Wort der Bundeskanzlerin in diesen Tagen starkes Gewicht. Das zeigte sich vor wenigen Tagen besonders deutlich, als sie erstmals außerhalb der traditionellen Neujahrsansprache das Format einer Rede an die Nation wählte, um die Maßnahmen zu erläutern und eindringlich an die Mithilfe der Bevölkerung bei deren Umsetzung zu appellieren.

Zuvor hatte sie das Krisenmanagement in erster Linie dem zuständigen Bundesgesundheitsminister sowie den Regierungschefs der Bundesländer überlassen. Inzwischen ist die Coronakrise zur Chefsache geworden, wobei die enge Abstimmung zwischen Bund und Ländern insgesamt positiv zur Kenntnis genommen wird.

Unternehmen schlittern in existenzielle Krisen

Von einem Tag auf den anderen, ohne Vorwarnung oder Überbrückungszeit, ist in vielen Branchen das Kerngeschäft weggebrochen. Betroffen sind neben der Flug- und Tourismusbranche vor allem der Gastronomie- und Kulturbereich, aber auch etliche kleine und mittelständische Betriebe, Solo-Selbständige und auch Dax-Konzerne haben mit den Auswirkungen zu kämpfen.

Die Regierung hat umfassende Maßnahmen auf den Weg gebracht, um die Folgen abzumildern. Sofortkredite, Kurzarbeitergeld, Steuerstundungen und dergleichen mehr sollen den betroffenen Unternehmen helfen, möglichst unbeschadet durch die Krise zu kommen.

Dennoch ist absehbar, dass sich viele Betriebe auf Dauer nicht werden halten können – mit umso dramatischeren Ausmaßen, je länger der Ausnahmezustand andauert.

Börsen crashen weltweit

Noch im Februar verzeichnete der Dax ein Rekordhoch nach dem anderen, doch die Rallystimmung ist inzwischen in weite Ferne gerückt. Gleich mehrfach verzeichnete das Frankfurter Börsenbarometer historische Rückschläge, sackte innerhalb weniger Wochen um mehr als ein Drittel ab und notierte zeitweise unterhalb von 8.500 Zählern.

Doch nicht nur am Frankfurter Parkett herrscht Panikstimmung, auch an der Wall Street und in Asien flüchten Anleger aus Aktien, auch hier sind die wichtigsten Indizes massiven Kursverlusten ausgesetzt. Binnen kürzester Zeit wurden etliche Milliarden an Kapital verbrannt.

Eine nachhaltige Erholung zeichnet sich bislang nicht ab, wenngleich der Dax zuletzt eine Verschnaufpause einlegen und wieder leicht zulegen konnte.

Umwelt erholt sich

Es fing an mit dem Smog in China, der in Folge der Abriegelung der besonders betroffenen Region um Wuhan sichtbar verflog. Ähnliche Effekte sind auch in Italien zu beobachten. Die Kanäle von Venedig erholen sich, das Wasser wird klarer, es sind mehr Fische zu beobachten als sonst.

Auch die massiven Reisebeschränkungen und die damit verbundene Reduzierung von Flugverbindungen hat bereits messbare Effekte. Die Reduzierung von umweltschädlichen Emissionen zeigt sich bereits in entsprechenden Statistiken und könnte unverhofft dazu beitragen, den Klimaschutzzielen zumindest kurzzeitig ein Stück näher zu kommen.

Persönliche Kontakte auf ein Minimum reduziert

Die am deutlichsten spürbaren Auswirkungen für jeden Einzelnen bestehen offensichtlich in den persönlichen Einschränkungen, insbesondere im Hinblick auf die Vermeidung jeglicher Sozialkontakte. Es wird mehr getextet, geskyped und telefoniert, persönliche Besuche oder Treffen hingegen sind soweit wie möglich zu reduzieren. Dies wird sich mit der absehbaren Ausgangssperre wohl noch einmal verschärfen.

Als Einzelperson tut man nun gut daran, sich nicht in einer Ecke zu verkriechen, sondern die hinzugewonnene Zeit zuhause für Dinge zu nutzen, für die im sonst oftmals hektischen Alltag schlichtweg die Zeit fehlt: Ein gründlicher Frühjahrsputz für die Wohnung, ein ausgedehnter Mittagsschlaf, ein gutes Buch in der Sonne auf der Terrasse, die Wiederentdeckung von Hobbys wie Malerei oder Musizieren, oder auch die Serie, die man schon immer mal anschauen wollte – es gibt zahlreiche Möglichkeiten, sich auch daheim gut zu beschäftigen.

Mögliche Lehren für die Zukunft

Die drastischen Einschnitte werden langfristig wohl nicht ohne Folgen bleiben. Die erheblichen Einschränkungen für die Bevölkerung können die Sensibilisierung für Krankheitsgefahren im Alltag erhöhen. Unternehmen könnten die Präsenzpflicht lockern, mehr Home Office Optionen etablieren und Videoschalten teuren Dienstreisen vorziehen.

Auch die starke Abhängigkeit von einzelnen Billiglohnländern im osteuropäischen oder asiatischen Raum sind wohl zu überdenken, ebenso wie die global verwobenen Lieferketten und Auslagerungen von Produktionsstandorten. Eine stärkere regionale Konzentration erscheint in einigen Branchen sinnvoll, um künftige Ausfälle oder Lieferengpässe zu vermeiden.

Für Deutschland und Europa werden sich grundsätzliche Fragen stellen, was die grenzübergreifende Zusammenarbeit, die Koordinierung von Maßnahmen auf übergeordneter Ebene oder auch die rechtlichen Voraussetzungen und Zuständigkeiten betrifft. Ein Auseinanderdividieren ist hier ebenso denkbar wie eine stärkere Zusammenarbeit in der Zukunft.