Cannabis-Aktien: Nachhaltiger Turnaround jetzt möglich?

Inhaltsverzeichnis

Bereits vor einigen Jahren hatte US-Präsident Joe Biden eine wegweisende Änderung bei der Einstufung von Cannabis gefordert. Nun scheint die entsprechende Maßnahme immer näher zu rücken.

Für Sie zur Einordnung: In den USA ist Cannabis auf Bundesebene mit der höchsten Risikostufe (Schedule 1) bewertet. Die Droge wird somit als ähnlich gefährlich eingestuft wie zum Beispiel Heroin, Mescalin, Ecstasy und LSD. Diesen Stoffen wird ein „hohes Missbrauchs- und Abhängigkeitspotenzial ohne akzeptierte medizinische Verwendung“ zugeschrieben.

Cannabis: US-Regierung will Risikoeinstufung absenken

Doch laut Kritikern passt Cannabis schlicht und ergreifend nicht in diese Kategorie – da die Blüte der weiblichen Hanfpflanze erstens weniger gefährlich sei als etwa Heroin, zweitens einen medizinischen Nutzen habe etwa bei Depressionen, chronischen Schmerzen oder Schlafstörungen und drittens in einigen US-Bundesstaaten ohnehin zu Genusszwecken zugelassen sei.

Das US-Justizministerium hat deshalb vor wenigen Tagen in die Wege geleitet, Marihuana aus Schedule 1 zu entfernen und in Schedule 3 zu integrieren. Präsident Biden jedenfalls will die Lockerung im anstehenden Wahlkampf laut Beobachtern nutzen, um vor allem seine linksgerichtete Basis zu überzeugen. Das Ganze aber kann auch für Sie als Anleger relevant sein, insofern Sie Cannabis-Aktien in Erwägung ziehen.

Zunächst: Die Risikoeinstufung 3, wo Cannabis wohl bald zu finden sein wird, umfasst Stoffe wie bestimmte Schmerzmittel, Ketamin, Steroide und Testosteron. Diese haben nur ein „mittleres Missbrauchspotenzial“ und grundsätzlich einen gewissen medizinischen Nutzen. Sollte Cannabis auf US-Bundesebene tatsächlich in dieser Kategorie gelistet werden, hätte das gleich mehrere Vorteile für die Unternehmen – wenngleich eine solche Herabstufung nicht mit einer umfassenden Legalisierung gleichzusetzen wäre.

Geldbeschaffung wäre einfacher

Insbesondere die Finanzierung würde dadurch erleichtert werden. Cannabis ist auf Bundesebene wie erwähnt im Unterschied zu einigen Bundesstaaten noch strikt illegal. Derzeit müssen Banken auf Bundesebene deshalb mit harten Strafen rechnen, wenn Sie Cannabisfirmen Darlehen gewähren. Dadurch kann sich die Branche in den USA kaum frisches Geld beschaffen, was deren Wachstumspotenzial und Planungssicherheit in den letzten Jahren massiv belastet hatte.

Solle die Einstufung zu Marihuana nun gelockert werden, könnte sich die Geldbeschaffung maßgeblich vereinfachen. Im Optimalfall würden gar große Bankkonzerne Milliardensummen in den Markt schießen.

Cannabishandel, Forschung und Steuervergünstigungen

Doch das ist nur ein Aspekt. Im Zuge einer Lockerung würde auch der Cannabishandel innerhalb der USA vereinfacht werden. Bisher ist der Handel zwischen Bundesstaaten verboten. Das heißt: Der Stoff, der in jenen Staaten konsumiert wird, in denen er bereits legal ist, muss auch vor Ort produziert werden. Das schränkte die Produktionsketten der Cannabisbranche und deren Fähigkeit, diese so frei und effizient wie möglich zu gestalten, bis dato erheblich ein.

Hohes Potenzial gibt es derweil auch in Sachen Forschung. Aufgrund der Schedule-1-Einstufung ist die Forschung an medizinischen Cannabisprodukten deutlich eingeschränkt. Aktuell braucht es hierfür ein strenges Registrierungsverfahren, die Aufsicht mehrerer Behörden und spezielle Lagerungsbedingungen. Sollte Cannabis neuklassifiziert werden, würden diese Regularien entschärft werden, was die Kosten senken würde. Pharmakonzerne und BioTech-Firmen könnten großflächig in den Markt einsteigen. Experten zufolge sieht die US-Pharmaindustrie jedenfalls sehr hohes Potenzial in Cannabis.

Ein weiterer Punkt ist die Besteuerungsgrundlage. Unternehmen, die mit Stoffen der Risikostufen 1 und 2 handeln, unterliegen dem Abschnitt 280E der US-Bundessteuergesetzgebung. Diese Bestimmung hindert die Cannabisbranche aktuell daran, Steuergutschriften für Geschäftsausgaben geltend zu machen. Dank der Neuklassifizierung würde sich das ändern, wodurch laut Experten Milliardensummen zurück in den Sektor fließen würden.

Cannabisbranche: massives Wachstum möglich

Insgesamt lässt sich sagen, dass die Cannabisbranche durch die Absenkung auf Schedule 3 massives Wachstum in den USA entfalten könnte – und damit in einem Markt, der aufgrund der umfangreichen Konsumentenbasis prinzipiell sehr attraktiv für die Branche ist.

Klar: Noch ist die Maßnahme nicht unter Dach und Fach. Der Vorschlag des US-Justizministeriums muss nun eingehend geprüft werden, bevor er von der Drogenbehörde DEA umgesetzt werden kann. Beobachter erwarten aber, dass es noch vor der Präsidentschaftswahl im November zu einer Entscheidung kommen wird, die wahrscheinlich zugunsten von Cannabis ausfallen wird.

Tilray-Aktie: Trauerspiel mit temporären Lichtblicken

Profiteure wären Unternehmen wie Canopy Growth, Aurora Cannabis oder Tilray. Schauen wir uns hierzu exemplarisch die Aktie des US-Unternehmens Tilray an (Stand: 14.05.2024, 10:00 Uhr):

Quelle: www.aktienscreener.com

Zu sehen ist ein Teil der übergeordneten Abwärtsbewegung, die im Prinzip bereits seit Ende 2018 anhält. Nachdem der Cannabis-Titel ähnlich wie die Konkurrenzpapiere zunächst an der Börse hochgejubelt worden war, krachte die Aktie auch wegen der regulatorischen Hindernisse, des eingeschränkten Wachstums und nicht zuletzt der tiefroten Verluste massiv ein.

Wie Sie zudem im Chart erkennen können, gab es immer wieder kurze Aufwärtsimpulse, die bisher jedoch nie in der Lage waren, eine nachhaltige Rallye zu initialisieren. Ganz rechts im Bild sehen Sie zwei kleine grüne Pfeile, die solche kurzfristigen Aufwärtsimpulse markieren. Beides Mal gab es hierfür konkrete fundamentale Gründe.

Anfang April hatte Tilray einen geringeren Verlust gemeldet. Gleichzeitig verbesserte sich die grundlegende Fantasie durch die Teillegalisierung in Deutschland, von der sich Tilray neues Geschäftspotenzial insbesondere im medizinischen Bereich erhofft. Im Mai wiederum gab es den nächsten temporären Schub nach oben. Diesmal ausgelöst durch die erwähnten Lockerungsbestrebungen in den USA. Doch auch diese wurden größtenteils relativ schnell wieder abverkauft.

Mein Fazit für Sie

Meiner Meinung nach ist und bleibt Cannabis ein heikles Thema. Und das gilt auch für die Börse. Zwar könnten in den USA nun einige Restriktionen aufgehoben werden, wovon Unternehmen wie Tilray definitiv profitieren würden. Das regulatorische Umfeld bleibt trotzdem hoch brisant und volatil. So könnte eine neue US-Regierung zum Beispiel unter Donald Trump versuchen, die Lockerung wieder rückgängig zu machen. Ähnlich auch in Deutschland, wo die Union als derzeit größte Oppositionsfraktion die von der Ampel forcierte Teillegalisierung im Falle eines Wahlerfolgs zurücknehmen will.

Da kommt es indes nicht von ungefähr, dass Weed-Player wie Tilray inzwischen ihr Geschäftsmodell erweitert haben. So hat das Unternehmen in den letzten Jahren etliche US-Brauereien gekauft, um sich mit deren trendigem Craft-Bier ein neues Standbein aufzubauen, das regulatorisch wesentlich weniger Risiken bietet. Doch an der Börse scheint dieser Geschäftsbereich bisher nur relativ wenig Fantasie auszulösen.

Wollen Sie als Anleger in die Cannabisbranche investieren, sollten Sie also starke Nerven mitbringen – und vor allem das politische Geschehen aufmerksam verfolgen.