Börsenwissen: Ziffer Null oder Buchstabe O in der ISIN?

Inhaltsverzeichnis

Ich kaufe und verkaufe schon seit rund 35 Jahren Aktien. Aber man lernt dabei nie aus. Immer wieder tauchen in der Handelspraxis kleine Hürden auf.

Bestimmt haben Sie auch schon einmal darüber gerätselt: Ist der Kringel innerhalb der ISIN (International Securities Identification Number, sprich, der internationalen Wertpapierkennnummer) nun die Ziffer Null oder der Buchstabe O? Äußerlich lassen sich die Zeichen kaum voneinander unterscheiden.

Ich gebe zu: Jahrelang hielt ich es für eine feste Regel, dass der Buchstabe O nur im Länderkürzel der ISIN auftaucht, sprich auf der ersten oder zweiten Stelle. So hat beispielsweise Norwegen das Länderkürzel NO, der norwegische Ölförderer Equinor hat die ISIN NO0010096985. Nur an zweiter Stelle steht der Buchstabe O, die restlichen Kringel müssten stets Nullen sein, dachte ich.

Jüngst aber bin ich erstmals in meiner langen Börsenlaufbahn auf eine ISIN gestoßen, bei welcher der Buchstabe O auch hinter dem Länderkürzel auftauchte. Sie lautet IE000BI8OT95 und gehört zum Amundi MSCI World UCITS ETF. An viertletzter Stelle steht ein „O“ statt einer Null. Das ließ mich stutzen. Gibt es diese Regel nicht mehr? Oder hat es sie noch nie gegeben? Nach einigen Recherchen bin ich jetzt schlauer.

Wie eine ISIN aufgebaut ist und wer sie erstellt

Anders als die nationalen Kennungen für Wertpapiere (in Deutschland die Wertpapierkennnummer WKN, in der Schweiz die Valorennummer VALOR) gilt eine ISIN länderübergreifend auf der ganzen Welt. Sie besteht aus insgesamt 12 Zeichen und ist immer gleich aufgebaut:

  • Die ersten beiden Zeichen sind der Code für das Land, in dem der Emittent des jeweiligen Wertpapiers seinen Sitz hat (nur bei Schuldverschreibungen kann das anders sein).
  • Die nächsten neun Zeichen können Ziffern oder Buchstaben sein, auch eine Mischung aus beidem ist zulässig. Dabei schließt die ISO 3166, sprich die internationale Norm, die vorschreibt, wie eine ISIN zu erstellen ist, keine Ziffern und Buchstaben aus. Von 0 bis 9 und von A bis Z ist alles erlaubt.
  • Das letzte Zeichen ist eine Prüfziffer, die immer nach derselben Formel berechnet wird. An letzter Stelle kann also nie ein Buchstabe stehen. Ist dort ein Kringel zu sehen, ist es immer eine Null.

Bei Wertpapieren (außer Schuldverschreibungen) vergibt eine nationale Agentur die ISIN gemäß den Vorgaben der ISO 3166. Die verschiedenen Agenturen der einzelnen Länder gehören der Association of National Numbering Agencies (ANNA) an, einer globalen Dachorganisation für die normierte Nummernvergabe im Finanzbereich.

In Deutschland ist für die ISIN-Erstellung die WM Gruppe zuständig, ein Unternehmen, das Investoren mit Finanzdaten versorgt und eben auch diese Dienstleistung erbringt. Sie hat ihren Sitz in Frankfurt. Jeder Emittent kann bei ihr eine ISIN für seine börsengehandelten Wertpapiere beantragen.

Warum der Buchstabe O außerhalb des Länderkürzels trotzdem selten ist

Ganz falsch lag ich aber doch nicht mit meiner Beobachtung, dass außerhalb des Länderkürzels der Buchstabe O kaum vorkommt. Das allerdings liegt nicht an den Vorgaben für die ISIN, sondern an den nationalen Regeln für die jeweilige Wertpapierkennung.

In Deutschland kümmert sich die WM Gruppe ebenfalls um die Wertpapierkennnummer (WKN), die nur für die Börsen hierzulande einen eindeutigen Identifikationscode darstellt. Für die WKN dürfen nur die Zahlen 0 bis 9 verwendet werden und die Großbuchstaben des deutschen Alphabets – mit Ausnahme der Buchstaben I und O, weil sie leicht mit einer Eins (1) und einer Null (0) verwechselt werden können.

Die WKN ist sechsstellig, und fließt häufig, wenn auch nicht immer, in die zwölfstellige ISIN ein. Dazu werden einfach das Länderkürzel und drei Nullen vorangestellt und die noch fehlende Prüfziffer errechnet – fertig ist die ISIN. Aus der WKN 840400 für die Allianz-Aktie wird auf diese Weise beispielsweise die ISIN DE0008404005. Jetzt wissen Sie, warum die Kringel darin zwangsläufig Nullen sind.

Fazit: Buchstabe O ist selten, aber nicht ausgeschlossen

Ausgeschlossen ist das Vorkommen des Buchstabens O indessen auch außerhalb des Länderkürzels in der ISIN nicht. Denn in anderen Ländern sehen die Regeln für die nationale Wertpapierkennung anders aus, und zudem wird nicht jede nationale Kennung automatisch in die ISIN übernommen.

Aber ein Trick hilft doch, wenn Sie sichergehen wollen: Schauen Sie sich den Kringel einmal genauer an. Ist er rund, handelt es sich um den Buchstaben O. Die Ziffer Null hingegen wirkt so, als hätte man sie rechts und links etwas zusammengedrückt: 0. So können Sie Verwechslungen hoffentlich auch künftig vermeiden.