Börsen im Spannungsverhältnis

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Ich freue mich, dass ich gestern mein Versprechen halten konnte und Sie Zeugen waren, wie der DAX an den Sternen kratzte. Heute gönnt sich der deutsche Leitindex allerdings eine kleine Verschnaufpause. Dabei bleibt die Rekordmarke von 24.082 Punkten zwar in Sichtweite, doch die Luft in diesen Höhen wird merklich dünner. Auch der MDAX hat sich übrigens zuletzt nicht lumpen lassen – er glänzte mit dem höchsten Stand seit drei Jahren. Es scheint: Europa läuft.

Ganz anders sieht es an der Wall Street aus. Dort haben Dow Jones, S&P 500 und Nasdaq 100 nach einer sechstägigen Rally leichte Ermüdungserscheinungen gezeigt. Besonders der S&P 500, der sich in den letzten Tagen auf Frühjahrsniveau erholt hatte, verlor an Schwung. Die Anleger sind vorsichtig geworden – kein Wunder bei steigender geopolitischer Nervosität und unklaren Signalen aus der US-Notenbank.

In Asien spiegeln sich diese Unsicherheiten wider: Während der japanische Nikkei unter schwachen Handelsdaten leidet, freut sich Australien über ein Dreimonatshoch. Der Grund: steigende Rohstoffpreise und eine Notenbank, die sich mit klaren Zinsansagen zurückhält. In China sorgt eine weitere Leitzinssenkung für gute Stimmung – auch wenn die US-Chipkontrollen als dunkle Wolke über dem Markt hängen.

Unternehmensnachrichten & Einzelaktien im Fokus

Pfizer macht Schlagzeilen mit einer Milliarden-Lizenz für ein experimentelles Krebsmedikament aus China. Der Kurs reagiert prompt mit einem Plus von 2,3 %. Die Botschaft: Chinas Biotech-Szene wird zum globalen Innovationsmotor.

Home Depot hingegen kämpft weiter mit dem Sparkurs der US-Kundschaft – trotz Jahresziels ging es um 0,6 % abwärts.

Tesla schafft es nach einem wackeligen Wochenstart noch mit +0,5 % ins Ziel. Ein starker IPO seines Batteriepartners CATL in Hongkong – der größte Börsengang des Jahres – und ein klares Bekenntnis von Elon Musk zu seinem CEO-Posten stützen den Kurs.

Nvidia trifft derweil der Zollhammer hart: Wegen verschärfter US-Ausfuhrregeln fehlen dem Chip-Giganten satte 15 Milliarden Dollar Umsatz. Die Aktie rutscht um 0,9 % ab. Zwar winkt eine neue Partnerschaft mit Infineon, doch der Markt bleibt skeptisch.

Alphabet/Google hat mit der Entwicklerkonferenz I/O ein echtes KI-Feuerwerk gezündet – von smarten Brillen über einen Agent-Modus bis hin zur Fahrradreparatur per Kamera und KI. Dennoch: Die Aktie verliert nach anfänglichem Hype 1,5 %. Der Suchriese muss zeigen, dass seine neue Gemini-KI mehr ist als ein Nachzügler im Schatten von ChatGPT.

Politischer Einfluss & globale Spannungen

Die geopolitische Wetterlage ist alles andere als stabil: Ein Bericht über einen möglichen israelischen Angriff auf iranische Atomanlagen schickt Schockwellen durch die Rohstoffmärkte. Öl und Gold ziehen an – und mit ihnen die Aktien der Energie- und Minenwerte.

Auch auf der wirtschaftspolitischen Bühne knirscht es: Japans Handelsdefizit zeigt deutlich die negativen Effekte der US-Zölle, was nun auch Thema bei den anstehenden Gesprächen zwischen Tokio und Washington wird. China wiederum kritisiert öffentlich die US-Chippolitik – Peking sieht den gerade erst entkrampften Handelsfrieden in Gefahr.

Und dann wären da noch die Zinsen: Die US-Notenbank spielt weiterhin auf Zeit. Aussagen mehrerer Fed-Mitglieder legen nahe, dass mit baldigen Zinssenkungen nicht zu rechnen ist – ein herber Dämpfer für die Hoffnung auf billigeres Geld. Stattdessen könnten die Zölle sogar zu einem längeren Hochzinsumfeld führen.

Fazit für Sie

Europas Börsen trotzen der Unruhe – vorerst. Während die USA im politischen und geldpolitischen Gegenwind an Tempo verlieren, könnten solide Dividendenwerte aus Europa wieder in den Fokus rücken. Achten Sie auf Rohstoffe, defensive Branchen – und auf die spannende KI-Schlacht zwischen den Tech-Giganten. Der Börsenfrühling bleibt lebendig – aber ein paar Gewitterwolken ziehen auf.