Autobranche: Die Angst vor der Chip-Krise ist übertrieben!
Es ist das Schreckgespenst, das viele Anleger derzeit umtreibt: die Chip-Krise. Wegen einem mangelnden globalen Angebot bei jenen Halbleitern müssen Industriefirmen – allen voran die Autobranche – ihre Produktion drosseln.
Die Auto-Gewinne sprudeln trotzdem
Die entscheidende Frage: Ist die Chip-Verknappung wirklich so schlimm wie manche Untergangsverkünder postulieren? Schauen Sie sich einfach einmal die Zahlen der Autobranche zum ersten Halbjahr an. Tatsächlich hat die weltweite Fahrzeugindustrie in den ersten sechs Monaten operativ so viel Geld verdient wie nie zuvor.
Laut der Beratungsfirma EY fuhren die 16 größten Autokonzerne zwischen Januar und Ende Juni Betriebsgewinne von summa summarum 71,5 Milliarden Euro ein. Zum Vergleich: Im stark durch Corona belasteten Vorjahreszeitraum wurde ein Verlust von 4,1 Milliarden Euro gemeldet.
Chip-Krise ermöglicht höhere Margen
Da die Chip-Krise bereits im ersten Halbjahr 2021 die Autobranche getroffen hat, gilt es also anzunehmen, dass zumindest die Profitabilität der Konzerne dadurch nicht negativ beeinflusst wird: Im Gegenteil: Manche Experten sehen die Verknappung gar als Gewinntreiber, da die Autobauer dadurch höhere Verkaufspreise durchsetzen können, was sich im Endeffekt in besseren Margen widerspiegelt.
Der Chip-Mangel führe dazu, dass sich die Autokonzerne auf margenstarke Fahrzeuge konzentrierten und weniger darauf angewiesen seien, hohe Rabatte zur Ankurbelung des Geschäfts zu geben, erklärte EY-Branchenexperte Peter Fuß. Derzeit sei die Nachfrage größer als das Angebot. Diese Situation wisse die Branche durchaus für sich zu nutzen.
Bei BMW und Daimler regnet es Geld
Tatsächlich können sich die Margen sehen lassen, vor allem bei den Premium-Herstellern. BMW erzielte im ersten Halbjahr 2021 eine operative Umsatzrendite – also das, was von den Erlösen am Ende als Gewinn hängen bleibt – von stolzen 14,5 Prozent.
Bei Daimler waren es 12,9 Prozent. Damit waren die beiden deutschen Konzerne profitabler als alle anderen großen Hersteller. Beim Volumenbauer VW reichte es immerhin noch auf 8,8 Prozent.
Ist der Spuk in einem Jahr vorbei?
Ohnehin gilt in der Branche derzeit das Mantra: Absatz ist nicht mehr so wichtig, unterm Strich zählt der Gewinn. Dennoch stellen sich die Konzerne derzeit darauf ein, dass man nach dem Sommer die Produktion nicht wie ursprünglich geplant hochfahren kann.
Der Mangel an Chips dürfte aber nur vorübergehend sein. Robert Holzmann etwa, Ratsmitglied der Europäischen Zentralbank, erwartet, dass es wahrscheinlich schon in einem Jahr ein Überangebot an Chips geben wird. Spätestens dann dürften auch die Absatzzahlen wieder deutlich anziehen.
Profitabilität wichtig für Investitionen in E-Transformation
Gelingt es der Autobranche dann, die auch durch die Corona-Kostenprogramme erzielte, starke Profitabilität zu halten, haben die Konzerne ausreichend finanzielle Luft, um das Zukunftsthema schlechthin – nämlich die Elektromobilität – weiter zu forcieren.